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| Gesellschaftsrecht, Vertragsrecht, Wirtschaftsrecht

Abberufung und Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers


Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Entlassung 

Kommt es innerhalb einer GmbH zu Streitigkeiten kann es zu tiefgreifenden Zerwürfnissen kommen, aufgrund dessen das Interesse an einer vorzeitigen Trennung der Gesellschaft von ihrem Geschäftsführer entsteht. Ein GmbH-Geschäftsführer hat nicht die Stellung eines Arbeitnehmers, sodass die üblichen Kündigungsregelungen für Arbeitsverhältnisse nicht anwendbar sind. Die rechtliche Beziehung eines GmbH-Geschäftsführers zur Gesellschaft besteht aus zwei Komponenten. Wird jemand Geschäftsführer so hat er einerseits einen Anstellungsvertrag, indem seine Tätigkeit vertraglich fixiert wird, andererseits muss der Geschäftsführer zur Geschäftsführung bestellt werden. Der Anstellungsvertrag bezieht sich allein auf das Vertragsverhältnis, welches zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft entsteht. Die Bestellung zum Geschäftsführer hingegen begründet das Organverhältnis. Es bewirkt, dass den Geschäftsführer die Rechte und Pflichten der Gesellschaft treffen. Dies spielt insbesondere im Haftungsrecht eine wesentliche Rolle. Diese beiden Beziehungen des Geschäftsführers zur Gesellschaft sind streng voneinander zu trennen.

Bestellung eines Geschäftsführers

Das Gesetz sieht vor, dass ein GmbH-Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag oder durch die Gesellschafter bestellt wird, §§ 6 Abs. 3, 47 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG). Die Bestellung durch die Gesellschafter erfolgt dabei durch einen mehrheitlichen Gesellschafterbeschluss. Abweichungen können sich aus dem geschlossenen Gesellschaftsvertrag ergeben.
Fällt eine GmbH unter den Anwendungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) - dies ist der Fall, wenn das Unternehmen mehr als 2.000 Mitarbeiter hat und der Aufsichtsrat paritätisch besetzt ist – erfolgt die Bestellung durch den Aufsichtsrat, § 52 GmbHG i.V.m. § 111 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG).
Die Bestellung ist in das Handelsregister einzutragen, wobei dies nur deklaratorisch, also feststellend, ist und nicht konstitutiv für die Organstellung.


Aufgrund dieser zwei Verhältnisse eines Geschäftsführers zur GmbH muss auch bei einer Entlassung auf diese beiden Verhältnisse eingegangen werden:

Anstellungsvertrag

Der Anstellungsvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag auf den die Vorschriften des Dienstvertrags nach §§ 611 ff. Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Anwendung finden. Gemäß § 620 Abs. 1 BGB endet ein Dienstverhältnis mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist. Möchte sich eine Gesellschaft frühzeitig von ihrem Geschäftsführer trennen, so ist das Abwarten bei einem evtl. vorliegenden befristeten Vertrag jedoch keine Option. Zu beachten ist, dass hier kein Arbeitsvertrag vorliegt und somit der Verweis auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz aus § 620 Abs. 3 BGB bei befristeten Verträgen nicht greift.

Neben dem Zeitablauf besteht die Möglichkeit eines Aufhebungsvertrags. In diesem wird einvernehmlich zwischen beiden Seiten die Beendigung des Vertrags vereinbart. Dies hat den Vorteil, dass keine Fristen gewahrt werden müssen. Häufig kommt ein Aufhebungsvertrag in einem Streitfall jedoch nicht in Betracht.

Weiter kann das Dienstverhältnis durch beide Seiten gekündigt werden. Je nach vorliegendem Sachverhalt bestehen die Optionen einer fristgebundenen oder einer fristlosen Kündigung, vgl. §§ 620 Abs. 2, 621, 623, 626 BGB. Die schnellste Möglichkeit für die Beendigung eines Dienstvertrags ist die fristlose Kündigung nach § 626 BGB. Jedoch muss dafür ein wichtiger Grund vorliegen. An diesen Begriff sind hohe Anforderungen gestellt. Der Grund muss so gewichtig sein, dass dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände die Fortsetzung des Vertrags bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar ist, § 626 Abs. 1 BGB. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Form der Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung über die für die Kündigung wesentlichen Tatsachen abgegeben werden kann. Sollte kein wichtiger Grund vorliegen, verbleibt die Möglichkeit einer fristgebundenen Kündigung nach den Vorgaben aus § 621 BGB.

Fremd-Geschäftsführer

Immer wieder diskutiert wird, welche Vorschriften auf den sogenannten Fremd-Geschäftsführer anzuwenden sind. Ein Fremd-Geschäftsführer ist, wer nicht an der GmbH beteiligt ist. Diese Geschäftsführer werden in Ausnahmefällen vom Bundesarbeitsgericht (BAG) als Arbeitnehmer gesehen, wenn eine außergewöhnliche und stark einschränkende persönliche Abhängigkeit vorliegt. Ob eine solche Abhängigkeit vorliegt, ergibt sich aus dem Vertrag und der tatsächlichen Umsetzung. Unterliegt der Geschäftsführer einem Direktionsrecht hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Ausführung der Tätigkeit, spricht dies für eine starke persönliche Abhängigkeit des Geschäftsführers. Sollte eine derartig ausgestaltete Fremdgeschäftsführung vorliegen, wurde in der Rechtsprechung häufig auf die Kündigungsvorschriften aus § 622 BGB zurückgegriffen und nicht auf § 621 BGB. Diese rechtliche Einordnung scheint aber langsam abgelegt zu werden. Unter anderem in einem Urteil des BAG vom 11. Juni 2020 (2 AZR 374/19) wurde die Anwendbarkeit des § 622 BGB auf den Fremd-Geschäftsführer abgelehnt und es wurde § 621 BGB für einschlägig erachtet.


Abberufung des Geschäftsführers  

Die Beendigung des Anstellungsvertrags reicht für sich jedoch nicht aus, um einen GmbH-Geschäftsführer zu entlassen. Wie schon festgestellt, hat der Anstellungsvertrag nur Einfluss auf das rechtsvertragliche Verhältnis. Weiter muss durch die Abberufung des Geschäftsführers auch seine organschaftliche Stellung aufgehoben werden.

Gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG kann die Bestellung des Geschäftsführers jeder Zeit widerrufen werden. In der Praxis üblich ist jedoch, dass im Gesellschaftsvertrag der Widerruf auf Fälle beschränkt ist, in denen ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher besteht insbesondere bei groben Pflichtverletzungen oder der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung, vgl. § 38 Abs. 2 GmbHG.   

Einziehung der Geschäftsanteile

Handelt es sich bei dem betroffenen Geschäftsführer auch um einen Gesellschafter, so kann die Einziehung der ihm gehörigen Geschäftsanteile relevant werden. § 34 Abs. 2 GmbHG sieht eine Einziehung der Geschäftsanteile, ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten nur dann vor, wenn die Voraussetzungen einer solchen Einziehung bereits vor dem Zeitpunkt, indem der Betroffene die Anteile erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren. Ob die Gesellschaft die Möglichkeit zur Einziehung der Geschäftsanteile hat, ergibt sich somit aus dem Gesellschaftsvertrag. Meist wird in dem Gesellschaftsvertrag eine Zwangseinziehung bei einem wichtigen Grund vorgesehen sein.

Sollte sich in dem Gesellschaftsvertrag keine solche Klausel befinden, sieht das Gesetz nur in den Sonderfällen der Nichterbringung der Stammeinlage oder dem nicht nachkommen einer Nachschusspflicht eine Trennung von dem betroffenen Gesellschafter vor. Die Zwangseinziehung aufgrund von Streitigkeiten ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Die Rechtsprechung hat jedoch ein rechtliches Instrument entwickelt, wodurch unter engen Voraussetzungen, die Zwangseinziehung aus wichtigem Grunde dennoch möglich ist. Gestützt wird dieses Instrument auf zwei Grundprinzipien. Aus § 314 BGB ist der Rechtsgedanke zu entnehmen, dass es den Beteiligten möglich sein muss, beim Vorliegen von wichtigen Gründen, sich von einem Rechtsverhältnis zu lösen. Dieser Rechtsgedanke soll Situationen verhindern in denen ein Beteiligter, trotzt Unzumutbarkeit, an einem Rechtsverhältnis festhalten muss. Weiter wird für die Notwendigkeit dieser Trennungsmöglichkeit die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht angeführt. Diese verpflichtet die Gesellschafter stets den Gesellschaftszweck zu fördern und das Unternehmen zu schützen.

Beweislast seitens der Gesellschaft

Möchte sich eine Gesellschaft möglichst schnell von ihrem Geschäftsführer trennen muss im Regelfall das Vorliegen eines wichtigen Grundes bewiesen werden. Spricht die Gesellschaft die Kündigung aus und beruft den Geschäftsführer ab, obliegt es in einem etwaigen Rechtsstreit der Gesellschaft, das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu beweisen.  


Rechtsschutzmöglichkeiten des Geschäftsführers 

Wendet sich eine GmbH in der oben genannten Form gegen ihren Geschäftsführer hat dies weitreichende Folgen für diesen. Der ehemalige Geschäftsführer kann die Gesellschaft plötzlich nicht mehr vertreten, verliert Zutritts- und Informationsmöglichkeiten und muss gegebenenfalls die Streichung aus der im Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste befürchten und somit den Verlust der Geschäftsanteile, § 16 GmbHG.

Um sich in rechtlicher Hinsicht gegen die Gesellschaft zu wehren, hat der betroffene Geschäftsführer Möglichkeiten im Bereich des endgültigen und einstweiligen Rechtsschutzes.
Der betroffene Geschäftsführer kann Anfechtungsklage bzw. Nichtigkeitsklage vor dem zuständigen Gericht erheben. Verfahren im endgültigem Rechtschutz dauern jedoch lang und bieten daher keine Soforthilfe. Um sich effektiv verteidigen zu können, muss somit der einstweilige Rechtsschutz wahrgenommen werden. Hier besteht die Möglichkeit eine einstweilige Verfügung im Sinne von §§ 935 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) gegen die Gesellschaft zu erwirken. Dabei sind die Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes im Bereich des Gesellschaftsrechts zu beachten. Eine solche Besonderheit besteht unter anderem darin, dass ein anfechtbarer Beschluss nicht vorläufig für nichtig erklärt werden kann. Würde die Nichtigkeit erklärt werden, länge eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor. Der einstweilige Rechtsschutz soll nicht das Hauptverfahren vorwegnehmen, sondern nur schwere Nachteile für beide Parteien abwenden, bis eine endgültige Entscheidung vom Gericht im Hauptsachverfahren getroffen werden kann. Eine Ausnahme besteht dann, wenn ausschließlich durch eine Vorwegnahme effektiver Rechtschutz geleistet werden kann, vgl. Art. 19 IV Grundgesetz (GG).   

Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung

Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung muss der Antragsteller den Verfügungsanspruch und den Verfügungsgrund glaubhaft machen. Der Verfügungsanspruch bezieht sich auf den Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsgrund in der Hauptsache. Nach einem substantiierten Sachvortragu und der Glaubhaftmachung muss das Gericht der Überzeugung sein, dass mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit die Hauptsacheklage begründet ist. Ein Verfügungsgrund läge vor, wenn der Antragsteller die besondere Eilbedürftigkeit darlegen kann. Eine besondere Eilbedürftigkeit wird angenommen, wenn ohne den Erlass einer einstweiligen Verfügung schwere Nachteile für den Antragsteller drohen.  

Was kann durch eine einstweilige Verfügung erreicht werden?

Durch eine einstweilige Verfügung können verschiedenste Sachverhalte geregelt werden. Dabei spricht das Gericht nur so viel zu, wie es für erforderlich hält, um eine zumutbare Situation für die Parteien zu schaffen, bis die Hauptsache entschieden ist. Beispielsweise kann der Vollzug eines Verkaufs von Vermögensgegenständen bei einem voraussichtlich unwirksamen Zustimmungsbeschluss vorläufig untersagt werden. Auch kann eine Handelsregisteranmeldung nach voraussichtlich nichtigem Beschluss über eine Satzungsänderung temporär untersagt werden. In diesem Fall wären auch die Registergerichte gemäß § 16 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) an die einstweilige Verfügung gebunden.

Einen gesetzlichen Sonderfall stellt, § 16 Abs. 3 GmbHG dar. Hiernach kann durch eine einstweilige Verfügung ein Widerspruch bezüglich der beim Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste eingetragen werden. Dadurch wird eine unklare Gesellschaftersituation kenntlich gemacht, die beispielsweise nach einer Zwangseinziehung der Geschäftsanteile entstehen kann. Ein solcher Widerspruch verhindert einen auf die Gesellschafterliste gestützten gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen durch einen Dritten.

Der Schutz vor einem gutgläubigen Erwerb der Geschäftsanteile durch einen Dritten reicht jedoch häufig nicht aus, um schwere Nachteile bis zur Hauptsacheentscheidung von dem betroffenen Geschäftsführer abzuwenden. In jüngster Rechtsprechung wird daher mit der einstweiligen Verfügung bereits zu einem früheren Zeitpunkt angeknüpft, vgl. OLG München, 18. Mai 2021, Az. 7 W 718/21. Durch den einstweiligen Rechtsschutz wird vermehrt bereits der Ausschluss von Gesellschaftern oder die Einziehung von Geschäftsanteilen vorläufig verhindert bzw. das Unterlassen der Umsetzung darauf gerichteter Beschlüsse angeordnet. Diese Veränderung resultiert daraus, dass in älterer Rechtsprechung davon ausgegangen wurde, dass eine solch frühe Anknüpfung durch eine einstweilige Verfügung nur dann ergehen dürfe, wenn die Rechtslage eindeutig ist und mit Sicherheit festgestellt werden kann. In neueren Urteilen wird jedoch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit hinsichtlich der Begründetheit in der Hauptsache für ausreichend gesehen.

Vor- und Nachteile einer einstweiligen Verfügung

Die Vorteile einer einstweiligen Verfügung für einen Geschäftsführer liegt in der Sicherung seiner bisherigen Rechte und die Verhinderung von unzumutbaren Nachteilen in der Zeit bis zur Hauptsacheentscheidung. Diese Vorteile setzen jedoch den Erfolg des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung voraus.

Nachteilig bei der einstweiligen Verfügung sind die hohen Anforderungen, die der Antragssteller erfüllen muss. Der Sachverhalt muss so klar dargelegt werden, dass das Gericht ohne eine vergeichbar umfangreiche Würdigung des Sachverhalts wie im Hauptsacheverfahren, den Klageerfolg für überwiegend wahrscheinlich erachtet. Weiter muss der Antragsteller plausibel darlegen, welche negativen Folgen das Ausbleiben einer einstweiligen Verfügung hätte und wieso diese dem Antragssteller nicht zuzumuten sind.

Weiterer Nachteil ist, dass der Antragsteller Gefahr läuft, sich schadensersatzpflichtig zu machen. Sollte die einstweilige Verfügung aufgehoben werden, so trifft den Antragsteller eine verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht, § 945 ZPO.


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