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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jüngst einen Fall zum Thema Steuerrecht entschieden. Allerdings bestand nach dieser Entscheidung mehr Unsicherheit unter den Rechtsanwendern, als dass sie zur Klarstellung diente.
Grundsätzlich handelte es sich bei dem Fall um den Widerruf einer Gestattung der Ist-Besteuerung wegen vermeintlichen Missbrauchs. Im Zusammenhang dessen gab es Ausführungen zur Entstehung sowie zur Ausübung des Rechts auf einen Vorsteuerabzug, die der Rechtspraxis jedoch nicht unbedingt Klarheit verschafften.
Die Begrifflichkeit des sog. Vorsteuerabzuges stammt aus dem Rechtsgebiet der Umsatzsteuer und wird maßgeblich in den §§ 15, 15a UStG geregelt.
Der Vorsteuerabzug ist ein Privileg der Unternehmer, die an Vorunternehmer gezahlte Umsatzsteuer - also damit die abzuziehende Vorsteuer - mit von seinen Unternehmenstätigkeiten eingenommenen Umsatzsteuern zu verrechnen, um sodann nur den Restbetrag der Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.
Auf diese Weise wird eine Umsatzsteuerfreiheit innerhalb solcher Unternehmensbeziehungen gewährleistet.
Im Rahmen der Umsatzsteuer wird zwischen zwei Alternativen der Besteuerung unterschieden: Zum einen gibt es die Ist- und zum anderen die Soll-Besteuerung.
Die Soll-Besteuerung, die eigentlich auch den Regelfall darstellt, ist die Besteuerung des Umsatzes nach vereinbarten Entgelten (§ 16 UStG). Hingegen erfolgt die Versteuerung des Umsatzes bei der ausnahmsweise einschlägigen Ist-Besteuerung nach den Regeln der vereinnahmten Entgelte (§ 20 UStG). Dies bedeutet, dass bei einer Ist-Besteuerung die Umsatzsteuer erst fällig wird, wenn der Unternehmer das in Rechnung gestellte Entgelt tatsächlich erhalten hat. Bei der Soll-Besteuerung entsteht die Umsatzsteuer schon bereits mit der Rechnungsstellung unabhängig von dem tatsächlichen Erhalt der Gegenleistung.
Während die Ist-Besteuerung neben Freiberuflern auch kleineren Unternehmen die Liquidität sicherstellen will und ihnen so auch eine Wachstumschance gewährt, steht den Soll-Steuerpflichtigen ein solches Privileg nicht zu.
In dem konkreten Sachverhalt, den der BFH zum Anlass seiner Entscheidung genommen hatte, entschied das Gericht entgegen der Ansicht des Finanzamtes.
Das Finanzamt folgte der Auffassung, dass der Vorsteuerabzug, den ein Unternehmer geltend macht, bei gleichzeitiger Gestattung der Ist-Besteuerung nach § 20 UStG beim Vorunternehmer als eine nahestehende Person einen Missbrauch durch diesen Vorunternehmer darstelle. Auf diese Weise wird zunächst die Liquidität erhöht bzw. es kommt sogar zu endgültigem Ausfall der Steuerzahlung. Ob im konkreten Sachverhalt die Steuern tatsächlich ausgefallen sind, konnte jedoch nicht ermittelt werden. In jedem Fall sei aber von einem Missbrauch auszugehen. Die Behörde stützte ihre Rechtsauffassung darauf, dass unionsrechtlich das Recht auf Vorsteuerabzug von der gleichzeitigen Steuerentstehung beim Vorunternehmer abhängt (vgl. Art. 167 MwStSystRL).
Diese Abhängigkeit ist aber bei der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten - also bei der sog. Ist-Besteuerung - nicht zwingend gewährleistet. Da geht es ja gerade darum, dass dem Vorunternehmer aufgrund seiner Privilegierung über die Ist-Besteuerung die Umsatzsteuer nicht bereits durch die Rechnungsstellung entsteht. Erst wenn der Unternehmer seinen Vorunternehmer direkt bezahlt, wäre die Abhängigkeit sichergestellt. Oder aber die Versteuerung des Umsatzes erfolgt nach vereinbarten Entgelten, also nach der Alternative der sog. Soll-Besteuerung.
Diesen Erwägungen zufolge interpretierte das Finanzamt die Rechtslage dahingehend, dass in den Fällen, in denen das Abhängigkeitsverhältnis nicht gewahrt ist, das Recht auf Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer nur mit der Zahlung der Rechnung des Vorunternehmers entstehen könne.
Anders als das Finanzamt nahm der BFH keinen Missbrauch durch den leistenden Vorunternehmer an, nur weil der leistungsempfangende Unternehmer von seinem Recht auf Vorsteuerabzug Gebrauch gemacht hatte.
Auch wenn das Gericht die behördliche Auslegung hinsichtlich des Unionsrechts als korrekt einstuft, also das Recht auf Vorsteuerabzug in diesem Sinne in der Tat nur bei einer erfolgten Zahlung gegeben ist, nahm es keinen Missbrauch an. Denn wenn überhaupt - so der BFH - ist dieses Phänomen zurückzuführen auf eine rechtsfehlerhafte Umsetzung des Unionsrechts durch den deutschen Gesetzgeber im nationalen Recht (vgl. EuGh-Urteil Kollaustraße). Ein Handeln nach nationalem Recht könne daher auch keinen Missbrauch darstellen.
Nach diesen maßgeblichen Erwägungen lässt das Gericht allerdings offen, wann denn genau das Recht auf Vorsteuerabzug nun entsteht. Dies sei in diesem Verfahren nicht entscheidungserheblich und das Gericht verwies an dieser Stelle auf eine Entscheidungserheblichkeit im Besteuerungsverfahren des leistungsempfangenden Unternehmers.
Damit bleibt also ungeklärt, ob der Begriff „geschuldet“ in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 UStG eine zeitliche Komponente enthält und die Umsatzsteuer bei leistendem Vorunternehmer entstanden sein muss, um auf Ebene des leistungsempfangenden Unternehmers den Vorsteuerabzug geltend machen zu können, oder ob dieses Erfordernis gerade nicht vorliegen muss.
"(1) ¹Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. ¹die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind."
Zusammenfassend zeigt das Urteil des BFH die Wichtigkeit von Rechtsprechung und ihre Auswirkungen auf die Praxis. Also Achtung: Es ist unerlässlich steuerrechtliche Vorschriften umfassend zu kennen und anwenden zu können. Nur auf diese Weise lässt sich als Unternehmer nämlich sicherstellen, dass das Privileg des Vorsteuerabzuges richtig gebraucht wird und möglicherweise zu entstehende Nachzahlungen oder Strafen in steuerlicher Hinsicht vermieden werden. Daher empfiehlt es sich insbesondere, sich regelmäßig mit aktueller Rechtsprechung zu befassen und jüngste Gesetzesänderungen im Blick zu behalten.
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