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| Urheberrecht, Wettbewerbsrecht

Adblocker verletzen nicht das Urheberrecht


Viele Internetnutzer verwenden Adblocker, um nicht ständig von Werbeanzeigen im Internet gestört zu werden. Dabei ist es nicht verwunderlich, dass dies einigen Betreibern von Webseiten nicht passt. Sie verdienen immerhin Geld mit dem Schalten von Werbeanzeigen. Zwei Parteien streiten sich wegen solch eines Falls seit einiger Zeit vor Gericht. Nach jahrelangem Rechtsstreit erfolgte nun ein Urteil des hanseatischen Oberlandesgerichts (Az. 5 U 20/22) zugunsten der Adblocker-Betreiber. Wir berichten Ihnen anhand dieses Urteils, wie es sich mit Adblocking und dem Urheberrecht verhält.

Eine ereignisreiche Vorgeschichte

Die Klägerin, Axel Springer, hat in diesem Fall aufgrund eines sog. Plugins geklagt. Das sind Programme, die Internetnutzer installieren können, um ihrem Browser zusätzliche Funktionen hinzuzufügen. Hier handelte es sich um ein Plugin namens Adblock Plus.

Das besagte Plugin arbeitet mit Filterlisten. Hierin sind u.a. spezifische Serverpfade bestimmter Online-Anbieter und deren AdServer enthalten, die automatisch blockiert werden. Hat ein Nutzer einen Adblocker installiert, werden ihm die entsprechenden Webseiten ohne Werbeinhalte angezeigt.

Die Klägerin hatte ursprünglich versucht, wettbewerbsrechtlich gegen Eyeo, den Betreiber von Adblock Plus, vorzugehen. Beim Wettbewerbsrecht handelt es sich insbesondere um Normen aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), welches Marktverhaltensregelungen für diverse Marktteilnehmer aufstellt. Dieses Vorgehen war jedoch erfolgslos: Adblocker stellen keine unlautere Handlung im Wettbewerb dar.

Nach diese Niederlage stellte Axel Springer eine ihrer Webseiten (www.bild.de,) so ein, dass Nutzer mit einem Adblocker von der Nutzung gänzlich ausgeschlossen wurden. Im Jahr 2016 kam es dann dazu, dass aufgrund eines Adblockers auch bestimmte Nachrichteninhalte auf computerbild.de nicht für Nutzer sichtbar waren. Das war dann bereits Gegenstand eines Eilverfahrens vor dem Landgericht Hamburg (Az. 308 O 244/16), der Rechtsstreit ging nun jedoch bis vors Oberlandesgericht.

Axel Springer sieht Urheberrecht verletzt

Das Verlagshaus argumentierte, dass es sich bei der Programmierung ihrer Webseiten aufgrund der enthaltenen Steuerungselemente insgesamt um urheberrechtlich geschützte Computerprogramme gem. § 69a Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) handle, an denen ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte zustünden. 

§ 69a UrhG: Gegenstand des Schutzes

(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.

(2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.

(3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden.

[…]


Man sieht also, dass das UrhG einen Schutz von Computerprogrammen vorsieht. Ob diese Websites darunterfallen, werden wir noch sehen. Ausschließliches Nutzungsrecht bedeutet, dass die Axel Springer zwar nicht Urheberin des Programms ist, sie aber das Recht haben, gegen jegliche Verletzungen vorzugehen.

Axel Springer sah ihre Rechte durch die Funktionsweise von Adblock Plus verletzt, denn diese führe zu unberechtigten Vervielfältigungen gem. § 69c Nr. 1 UrhG.

§ 69c Nr. 1 UrhG: Zustimmungsbedürftige Handlungen

Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten:

Nr. 1: Die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, eines Computerprogramms mit jedem Mittel und in jeder Form. Soweit das Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Computerprogramms eine Vervielfältigung erfordert, bedürfen diese Handlungen der Zustimmung des Rechtsinhabers.

[…]


Außerdem käme es zu unerlaubten Umarbeitungen gem. § 69c Nr. 2 UrhG von Teilen dieses Computerprogramms.

§ 69c: Zustimmungsbedürftige Handlungen

Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten: 

Nr. 2: die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse.

[...]


Sie räumten dabei ein, dass der Adblocker ja nicht in die Substanz der Webseite eingreift, sondern nur bestimmte Inhalte nicht bis zum Nutzer vordringen lässt. Eine Verletzung gem. § 69c Nr. 2 UrhG setze aber eben gar keinen Substanzeingriff voraus, denn die gesamte Webseite sei dazu bestimmt, durch den Browser des Nutzers verarbeitet zu werden. Gleiches gelte auch für das Blockieren von Werbeinhalten. Aufgrund dieser Argumentation solle die Eyeo auf Unterlassung und Auskunftserteilung verurteilt werden

Eyeo setzte sich zur Wehr

Die Beklagten sahen die Rechtslage natürlich gegenteilig. Adblock Plus greife absolut nicht in das Urheberrecht ein, sondern verändere lediglich den intendierten Programmablauf. Jegliche Veränderungen seien ohnehin von der Einwilligung der Klägerin erfasst, da sie ihre Webseite ohne technische Schutzmaßnahmen anbiete. Und wer das tue, der müsse auch mit üblichen Verwendungsweisen rechnen.

Klägerin legte Berufung ein

Axel Springer trug vor, das LG hätte damals entscheidungserhebliche Tatsachen nicht berücksichtigt. Sie wandten nun ein, dass das Unterdrücken, Entfernen oder Abschalten eines Programmbefehls immer auch einen Substanzeingriff darstelle. Es würde ein zusätzlicher Programmbefehl ergänzt werden, der verhindere, dass die Steuerbefehle der Klägerin zur Darstellung eines Elements ausgeführt würden.

Hiergegen wandte Eyeo ein, dass es immer einen Eingriff in die Programmsubstanz benötige, welcher hier schlichtweg nicht vorliegen würde. Ferner stellten die Beklagten in Frage, ob es sich bei den Webseiten überhaupt um Computerprogramme gem. § 69a Abs. 1 UrhG handelte. Die hierfür erforderliche konsistente Ablauf- und Folgenstruktur von Steuerungsbefehlen sei nicht hinreichend von der Klägerseite bewiesen worden

Urteil: Website könnte urheberrechtlich nicht geschützt sein

Zunächst einmal befasste sich das OLG mit der Frage, ob es sich bei den Webseiten um urheberrechtlich geschützte Computerprogramme gem. § 69a Abs. 1 UrhG handelte. Denn hierfür müsste die Webseiten mehr als eine einfache handwerklich-technische Gestaltung aufweisen. Im Urheberrecht braucht man eine persönliche geistige Schöpfung; bloße handwerkliche Arbeiten reichen für eine Schöpfungshöhe nicht aus.

Moderne Webseiten bestünden aus einer Vielzahl von Elementen wie bspw. Bilder, Texte, Grafiken und Videos. Diese können einzeln als Werke geschützt sein- das heiße jedoch nicht, dass eine Webseite auch insgesamt als Computerprogramm geschützt ist. Die entsprechenden Softwarebestandteile müssten jedenfalls prägend für den Quellcode der Webseite sein.

Auch ein Schutz als sog. Multimediawerk sei mangels Schöpfungshöhe zu verneinen. Die klagende Partei trage die Darlegungslast für das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung. Die Webseiten seien zwar individuell gestaltet und handwerklich gut gemach, jedoch gäbe es keine ausreichenden Hinweise für das Überschreiten der urheberrechtlichen Schöpfungshöhe. Es sei also hier zweifelhaft, ob ein Schutz vorliegt, das könne aber dahinstehen, denn es liege ohnehin keine Verletzung vor.

Keine unberechtigte Vervielfältigung

Zunächst einmal liege keine unberechtigte Vervielfältigung gem. § 69c Nr. 1 UrhG vor. Zwar würden bestimmte Elemente der Webseiten in den Arbeitsspeicher der Nutzer geladen. Dies sei jedoch von der Einwilligung der Klägerin umfasst. Wer eine Webseite erstellt, erkläre sich damit einverstanden, dass die entsprechenden Daten von den Servern in den Arbeitsspeicher der Nutzer geladen werden. Das Anbieten von Webseiten erfolge ja gerade mit dem Zweck, dass die Inhalte von Nutzern abgerufen werden. Und die Zwischenspeicherung hierfür erforderlicher Daten sei dabei ein notwendiger Zwischenschritt.

Auch Nutzer, die Adblock Plus verwenden, seien von der Einwilligung umfasst. Die abgerufenen Dateien seien unverändert, somit gebe es keinen Grund, von einer mangelnden Einwilligung auszugehen. Soweit die Kläger Nutzer, die Adblocker verwenden, komplett von der Nutzung ihrer Webseiten ausschließen, liege keine Einwilligung vor. In diesen Fällen komme es aber gar nicht erst zu einer Vervielfältigung, sodass keine Rechte verletzt werden können.

Ebenfalls keine Umarbeitung

Für eine Umarbeitung sei jedenfalls ein Eingriff in die Programmsubstanz nötig. Vorliegend werden einzelne Programmbefehle blockiert oder überschrieben. Es handle sich jedoch um Eingriffe um den vorgesehenen Programmablauf, nicht in die Programmsubstanz selbst. Die betroffenen Datenstrukturen seien nur temporär und hätten keinen statischen Charakter.

Abschließend stellte das OLG darum fest, dass es sich um bloße Eingriffe in den Programmablauf handle, somit liege keine Bearbeitung gem. § 69c Nr. 2 UrhG vor. Die Berufung der Klägerin wurde also zurückgewiesen, sie muss die Kosten tragen. Eine Revision wurde jedoch zugelassen, sodass damit zu rechnen ist, dass eine weitere Instanz sich mit dem Fall beschäftigen muss.


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Das Urheberrecht regelt die Rechte der Künstler, Musiker, Filmemacher, Schriftsteller und Softwareentwickler und ihrer Urheberwerke (Fotos, Filme, Texte, Musik und Software). Geregelt ist das Urheberrecht im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG). In dem UrhG wird der Urheber, sein Urheberpersönlichkeitsrecht und seine Miturheber definiert. Ferner wird bestimmt, wann ein Urheberwerk oder ein verwandtes Schutzrecht wie z.B. ein Lichtbild oder Laufbild vorliegt. Sodann werden die Verwertungsrechte der Urheber wie unter anderem das Recht der Verbreitung, Vervielfältigung oder öffentlichen Zugänglichmachung der schöpferischen Werke manifestiert.

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