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Die ASIN ist zehnstellig und eine betriebsinterne Katalognummer von Amazon. ASIN steht für „Amazon Standard-Identifikationsnummer“ (aus dem Englischen für „amazon standard identification number“) und ist vergleichbar mit der für Bücher verwendeten ISBN.
Wer ein einzigartiges Produkt bei Amazon verkaufen möchte und Markeninhaber dieses Produktes ist, kann durch Erstellen einer ASIN den Markenschutz-Service nutzen und sich so vor Produktpiraterie schützen. Sollte dann ein Dritter ein Produkt-Listing vornehmen, muss er eine Genehmigung des Markeninhabers einholen. Ganz so einfach ist es allerdings nicht: seit einiger Zeit zeigt Amazon unmittelbar unter der Überschrift durch das Feld „Marke…“ eine Marke an, bei der es sich jedoch oft nicht um eine eingetragene Marke handelt. Eine aktuelle Entscheidung des OLG Köln (OLG Köln, Urteil vom 26.03.2021, Az.: 6 U 11/21 „American Food and Drinks“) macht allerdings deutlich, wie hoch die Anforderungen für eine solche Marke tatsächlich sind.
Mit Urteil vom 26.03.2021 entschied das OLG Köln über einen Streit zweier Lebensmittelhändlerinnen des Amazon Marktplatzes. Nachdem die Antragstellerin im September 2020 darauf aufmerksam wurde, dass die Antragsgegnerin unter Verwendung ihrer Marke Bonbons und alkoholische Getränke auf Amazon vertrieb, erwirkt die Antragstellerin einen Unterlassungsanspruch in Form einer einstweiligen Anordnung vor dem Landgericht. Insbesondere sei das Angebot eine Markenrechtsverletzung (§14 MarkenG) und wettbewerbsrechtlich zudem irreführend, da die Herkunft des Angebotes der Antragstellerin durch die Herkunft des Angebots der Antragsgegnerin verfälscht wird. Letztendlich gab das OLG der Antragstellerin zwar teilweise Recht, indem es erkannte, dass Kunden durch die unterhalb der Produktüberschrift angegeben Marke irrtümlich annehmen, das Produkt stamme von ebendieser Marke oder werde zumindest vom Inhaber ausgeliefert.
Es sah jedoch in dem Angebot der Antragstellerin eine gezielte Behinderung und bewusste Verhinderung von Wettbewerb durch Ausnutzung der auf Amazon verbindlichen ASIN Kennzeichnung. Händler, die das gleiche Produkt anbieten möchten, werden so gezwungen dies nicht über Amazon zu verkaufen oder eine weitere ASIN für das gleiche Produkt zu erstellen – was jedoch nach den Amazon Richtlinien unzulässig ist und sogar zum Ausschluss des Marktplatzes führen kann. Das OLG kam so zu dem Schluss, dass es rechtsmissbräuchlich sei, wenn ein Anbieter auf dem Amazon Marktplatz, der eine ASIN generiert und eine Marke einträgt, die nicht auf dem Produkt oder dessen Verpackung abgedruckt ist, gegen Verkäufer vorgeht, die sich diesem Angebot anschließen.
Jedes Amazon Produkt hat eine ASIN in einem nationalen Markt. Wird das Produkt also international vertrieben, hat es auch mehrere ASIN’s. Zu finden ist diese Identifikationsnummer unter dem Punkt „zusätzliche Produktinformationen“ oder in der URL (Achtung: bei unterschiedlichen Variationen eines Produktes, z.B. mehreren Farboptionen, kann die URL teilweise gleich bleiben, irrtümlich geht man dann von einer falschen ASIN aus). Insbesondere wird die ASIN von Amazon selbst oder Händlern des Marktplatzes genutzt. Wobei auch Käufer Produkte so leichter finden können. Wer ein neues Produkt, welches noch nicht im Katalog von Amazon vorhanden ist, verkaufen möchte, kann eine eigene ASIN erstellen lassen. Der erste Anbieter eines bestimmten Produktes hat so die „Freiheiten“ das Angebot zu gestalten. Möglich ist es dann für weitere Verkäufer, die das gleiche Produkt verkaufen, sich mit ihrem Angebot an die „eigene“ ASIN anzuhängen.
Zurück zum Urteil des OLG Köln. So vorteilhaft die Nutzung solcher ASIN’s auch sein mag, so hoch können die Risiken von Markenrechtsverletzungen oder Wettbewerbsverstößen sein – aber eben auch dessen Missbrauch. Besonders ärgerlich und problematisch kann es nämlich werden, wenn fremde Händler sich an eine „eigene“ ASIN anhängen. Insbesondere kümmert sich Amazon nur verhalten darum, dass Händler aus dem Ausland rechtliche Mindeststandards einhalten, etwa eine ordnungsgemäße Anbieterkennzeichnung (Impressum), AGB oder eine Widerrufsbelehrung. Einen Hinweis auf die Herkunft ist kaum zu finden. Einzig die lange Lieferungszeit bei Bestellungen aus dem asiatischen Raum können den Verbraucher stutzig machen lassen.
Doch wozu kann das führen? Amazon-Verkäufer aus China, Hongkong oder Taiwan liefern oft Ware von schlechterer Qualität. Schlechtere Qualität wirkt sich schnell in den Kundenrezensionen aus. Der mühsam aufgebaute Online Shop kann so innerhalb kurzer Zeit zunichtegemacht werden. Besonders auffällig wird die Problematik der anhängenden ASIN’s bei Markenprodukten, hier kommt es regelmäßig zu Plagiaten und Produktfälschungen gegen die deutsche Verkäufer nur schwer vorgehen können. Die Geltendmachung von Ansprüchen oder Abmahnungen nach China oder in den asiatischen Raum führen oft ins Leere. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss Amazon jedoch für ebensolche Markenrechtsverletzungen haften.
Heißt: Amazon ist rechtlich verpflichtet Markenrechtsverletzungen nach Kenntnisnahme zu unterbinden. Insbesondere machte das OLG Köln auch deutlich, dass durch eine vom Händler exklusiv genutzte ASIN einen relevanten Wettbewerbsvorteil begründen kann; immer häufiger machten Amazon Verkäufer von unlauteren Mitteln Gebrauch. Die Folge: Monopolstellung einer ASIN und Ausschluss anderer Händler an der Nutzung ebendieser ASIN
Das OLG Oldenburg entschied schon 2010, dass das nachträgliche Anbieten eines Markenproduktes bei Amazon anstelle eines no-name-Gattungsproduktes zu der Beantragung einer neuen ASIN führt:
"Es wäre sicherlich legitim und auch wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden gewesen, wenn der Beklagte wegen seines nachvollziehbaren Interesses, seine Adapter auch unter einer eigenen Produktbeschreibung und ASIN unter Verwendung seiner Marke anzubieten, sich an Amazon gewandt hätte und
ohne Erhebung unberechtigter Vorwürfe einer Markenrechtsverletzung gegenüber der Klägerin - um die Verwendung einer eigenen neuen Produktbeschreibung (unter Verwendung der Marke) und eine eigene ggf. neue ASIN nachgesucht hätte.
Auf eine solche rechtmäßige, wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Weise ist der Beklagte hier jedoch nicht vorgegangen. Stattdessen hat er sich mit der unberechtigten Anzeige einer Markenverletzung der Klägerin an Amazon gewandt und damit den Ausschluss der Klägerin als Wettbewerber und die Veränderung der auch für das Produkt der Klägerin passenden Produktbeschreibung herbeigeführt."
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Die Verfolgung markenrechtlicher Ansprüche sei rechtsmissbräuchlich, solange der Markeninhaber die Verletzung dadurch provoziert hat, dass er in die durch ihn und weiteren Händlern gemeinsam benutzte Warenbeschreibung nachträglich seine Marke eingefügt hat, ohne die anderen Händler auf diese Änderung hinzuweisen:
„Wenn es dem Kläger allein darauf angekommen wäre, seine Produkte über die Amazon-Plattform unter seiner Marke „ALPLAND“ zu vertreiben, so hätte es ihm offen gestanden, sich eine neue ASIN zu wählen und sich damit einfach und zuverlässig gegen künftige Markenverletzungen zu schützen. ... Da dem Kläger wegen des berechtigten Einwands des Rechtsmissbrauchs keine Unterlassungsansprüche zustanden, kann er vom Beklagten auch nicht die Erstattung der Abmahnkosten verlangen“
Das OLG Köln beschäftigte sich mit der Frage, ob durch das Anhängen an bestehende ASIN’s eine Urheberrechtsverletzung liegt. Verneinte dies jedoch:
„Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kann – wie bereits im Beschluss des Senats vom 2.8.2013 (6 W 96/13) im vorausgegangenen Verfügungsverfahren – offengelassen werden, ob und in welches Recht des Rechteinhabers durch das Anhängen an ein Angebot, bei dem geschützte Gegenstände genutzt werden, eingegriffen wird, da diese Konstellation jedenfalls durch die Nutzungsbedingungen von Amazon abgedeckt wird. b) aa) Die Ansicht des LG, die Klausel in den Amazon-AGB, durch die sich Amazon ein Nutzungsrecht an den von Teilnehmern am „Marketplace“ eingestellten Werbematerialien, insbesondere Lichtbildern, einräumen lässt, sei gem. §§ 310 I 2, 307 II Nr. 1 BGB unwirksam, wird vom Senat nicht geteilt“ (OLG Köln, Urteil vom 19.12.2014, Az.: 6 U 51/14, Rn. 23, 24). Die zugelassene Revision wurde nicht eingelegt.
Der BGH entschied, dass derjenige der auf Amazon unter einer ASIN dauerhaft verkauft oder nach zeitlicher Unterbrechung erneut Artikel anbietet, verpflichtet ist das Angebot hinsichtlich selbstständig von Dritten an seinem Angebot vorgenommene Veränderungen der Produktbeschreibung zu prüfen und zu überwachen. Händler die „nahezu zwei Wochen“ keine entsprechende Überprüfung vornehmen, würden so ihre Prüfpflicht verletzen.
Häufig übersieht Amazon, dass es sich bei dem Anhängen an eine ASIN eines Markenproduktes und folgender Lieferung aus z.B. China, um einen rechtlich eindeutigen Markenrechtsverstoß handelt. In der Regel lässt sich der Sachverhalt und die Rechtslage mit der zuständigen Stelle bei Amazon klären, rechtlicher Beistand führt zu einer erfolgreichen Durchsetzung und Beschleunigung des Verfahrens. Auch ist es möglich sich an den EuGH zu wenden und deren Überprüfung der bisherigen deutschen Rechtsprechung zu beantragen, da die relevanten Regeln des Wettbewerbsrechts und Markenrechts auf europäischen Richtlinien beruhen. Ziel ist es allenfalls Klarheit zu schaffen und Amazon Händler zum einen gegen die geschilderte Abmahnpraxis zu schützen, aber auch vor Markenrechtsverletzungen zu bewahren.
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