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| Markenrecht, Wettbewerbsrecht

Darf Amazon Nutzer über Markenprodukte täuschen?!


Wer eine Marke googelt, kann sich nicht sicher sein, dass auch tatsächlich nur dieser Hersteller angezeigt wird.

Intuitiv klingt „Täuschung“ nach etwas, das verboten sein müsste. Und eigentlich ist es das auch. Wenn bei Suchmaschinen wie Google Anzeigen geschaltet werden, in denen Markennamen genannt sind, dann müssen diese Anzeigen auch zu den Marken führen. Ganz nach dem Motto: Was draufsteht, muss auch drin sein. Ist es das nicht, liegt eine Herkunftstäuschung vor – ein Verstoß gegen das Markenschutzrecht.

Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun in einem Fall entschieden: Ja, es stimmt, man darf nicht über das Produkt selbst täuschen. Aber: Wenn man dem Nutzer unzutreffenderweise eine bestimmte Identität des Verkäufers suggeriert (z.B. dass der Originalhersteller auch der Verkäufer ist), dann ist das keine relevante Täuschung. Diese Art der Täuschung fällt nicht unter die Herkunftstäuschung und ist markenrechtlich erlaubt.


Amazon schaltet GoogleAds und nutzt dafür Vorwerk-Markennamen als Keywords

Amazon hatte mit GoogleAds Werbung geschaltet. Suchte man bei Bing nach dem bekannten Staubsaugerhersteller „Vorwerk“ oder seinen Produkten „Tiger“ und „Kobold“, dann wurde einem angezeigt, dass diese Produkte bei Amazon erhältlich seien. Vorwerk selbst verkauft seine Produkte aber gar nicht über Amazon, sondern nur über seine eigene Website. Wie konnte es also sein, dass dennoch Vorwerk-Produkte bei Amazon verfügbar waren? Die Produkte bei Amazon waren bloß gebrauchte Originale. Teilweise handelte es sich sogar nur um Zubehör, das zu Vorwerk passt, aber eben kein Original ist.

Das befand Vorwerk für irreführend und damit wettbewerbswidrig. Denn es werde der Eindruck erweckt, dass Vorwerk selbst die Produkte bei Amazon verkauft – was ja gar nicht stimmt. Indem Amazon die geschützten Zeichen von Vorwerk als Keywords für seine GoogleAds verwendet hatte, habe Amazon die Markenrechte von Vorwerk verletzt. „Vorwerk“, „Kobold“ und „Tiger“ sind von der Inhaberin Vorwerk Elektrowerke GmbH & Co. KG nämlich markenrechtlich geschützt. So beantragte Vorwerk Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz.


Urteil des BGH

Im November 2017 gab das Landgericht (LG) Köln der Klage von Vorwerk vollständig statt. Amazon ging beim Oberlandesgericht (OLG) Köln in Berufung und hatte damit zwar nur wenig, aber immerhin teilweise Erfolg. Daraufhin gingen beide Parteien in Berufung. Sowohl Amazon als auch Vorwerk wollten, dass sich höchstrichterlich der Bundesgerichtshof dem Fall annimmt. Und tatsächlich fiel das Urteil aus Karlsruhe deutlich anders aus als die beiden vorigen Urteile aus Köln. Vorwerks geforderte Ansprüche wurden abgewiesen. Amazon habe rechtlich korrekt gehandelt (Urteil vom 15.10.2020, Az. I ZR 210/18). Nun geht das Verfahren wieder in die Vorinstanz (das OLG) zurück. Es soll weitere Feststellungen treffen.

Eine falsche Identität ist keine Herkunftstäuschung. Markenschutz greift nicht.

Die Werbung von Amazon erwecke beim Nutzer den Eindruck, dass bei Amazon Original-Vorwerk-Ware verkauft werde – und das stimme ja auch. Zwar seien es gebrauchte Produkte und Vorwerk sei nicht der Händler, aber ja, es sei Vorwerk-Ware. Insofern liege laut BGH keine Herkunftstäuschung vor. Denn es werde keine unzutreffende Vorstellung über die Herkunft des Produkts geweckt. Nur bei der Identität des Anbieters würden die Nutzer getäuscht. Sie denken, dass Vorwerk selbst ihre Waren bei Amazon anbietet, wobei das tatsächlich jemand anderes macht. Aber diese Täuschung über den Anbieter sei keine relevante Täuschung – und somit markenrechtlich egal. Der Schutzbereich der Marke erstrecke sich nur über die Herkunft von Produkten, nicht über die Identität des Anbieters. Somit seien keine Markenrechte verletzt worden.

Auch könne es keinen Schutz über das Wettbewerbsrecht geben. Immerhin meine das Markenrecht, eine Herkunftstäuschung beziehe sich nur auf die betriebliche Herkunft der Ware. Da dürfe dann nicht das UWG darüber hinausgehen und widersprüchlich zum Markenrecht doch noch Schutz zusprechen können.


Wann dürfen fremde Marken als Keywords gebucht werden?

Möchte man fremde Marken (d.h. keine Marken, die einem selbst gehören) als Keywords für seine eigenen Produkte bzw. Werbung verwenden, gelten dafür bestimmte Anforderungen. Ein Beispiel: Man verkauft Staubsaugerzubehör und möchte, dass Leuten, die „Vorwerk Staubsauger“ googeln, Google-Werbung für das Staubsaugerzubehör von einem selbst (also Nicht-Vorwerk-Produkte) angezeigt wird. Das ist nur dann erlaubt, wenn diese Anzeige in einem deutlich abgetrennten Werbeblock ist. Den Nutzern muss also klar sein, dass es sich um Werbung handelt – und dass diese Werbung nicht von Vorwerk selbst ist. Deswegen darf es in dieser Anzeige keine Hinweise auf Vorwerk oder die Original-Vorwerk-Produkte geben (Marke, Markeninhaber oder Marken-Produkte).

Im vorliegenden Fall von Amazon vs. Vorwerk hatte Vorwerk in diesem Punkt auch Recht bekommen. Denn Amazon hatte u.a. Anzeigen bei Google geschaltet, in denen „Vorwerk“ bzw. Vorwerk-Produkte genannt wurden. Aber wenn man die Links von dieser Werbung anklickte, führten die nur zu Angeboten von vorwerk-fremder Ware, also keinen Originalen. Das sei tatsächlich eine Herkunftstäuschung, meinte der BGH – im Gegensatz zur Täuschung über die Identität des Anbieters.

Heißt also: Amazon darf Marken wie Vorwerk in seinen GoogleAds verwenden, wenn die Links dann auch tatsächlich zu den Originalprodukten des Markeninhabers (Vorwerk) führen. Da ist es dann auch völlig egal, wer der Verkäufer ist – solange es eben Originalprodukte sind.


SBS Legal – Kanzlei für Markenrecht in Hamburg

Geistiges Eigentum ist ein hohes Gut, das unbedingt geschützt werden muss – insbesondere dann, wenn damit ein gewisser ökonomischer Wert verbunden ist. Oftmals assoziiert der Verbraucher ein bestimmtes Produkt, bestimmte Formen oder Farben mit einer bestimmten Marke. Dieser Wiedererkennungswert ist fast wortwörtlich „Gold wert“. Wer seine Marke also offiziell als solche anmeldet, sichert seine Idee so in rechtlicher Hinsicht ab – und schützt sie so vor der Verwendung durch andere.

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