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| Markenrecht, Wettbewerbsrecht

Ansprüche bei Verstößen gegen selektive Vertriebssysteme


Verstöße müssen nicht hingenommen werden

Händler, die sich dazu entscheiden, ihre Produkte über selektive Vertriebssysteme zu vertreiben, müssen nicht hinnehmen, wenn nicht zugelassene Händler, häufig als Außenseiter bezeichnet, ihre Waren verkaufen. Sie können daher gegen solche Verstöße vorgehen, um Außenseitern zu verbieten, die Waren zu verkaufen, und haben zudem Ansprüche, um herauszufinden, welcher Vertriebshändler die Produkte den Außenseitern zur Verfügung gestellt und dadurch den Vertragsbruch begangen hat. 

Was sind selektive Vertriebssysteme überhaupt?

Selektive Vertriebssysteme liegen vor, wenn Anbieter bestimmter Marken, Produkte oder Dienstleistungen diese nur an bestimmte (vertraglich gebundene) Händler und unter bestimmten Rahmenbedingungen veräußert werden dürfen. Die Auswahl der Händler erfolgt dabei beispielsweise anhand festgelegter Merkmale. So soll die Reputation des Produkts gesichert werden. Die Produkte sollen von den jeweiligen Händlern verstanden und auch dementsprechend gegenüber Kunden präsentiert werden. Zudem können auch die gewählten Vertriebskanäle oder der Ausschluss bestimmter Zwischenhändler vertraglich geregelt werden.

Nummernsysteme als Möglichkeit, Lücken im Vertriebssystem zu erkennen

Um leichter herauszufinden, wie und welche Waren an Außenseiter gelangt sind, können Händler verschiedene Nummernsysteme einführen, die jedes einzelne Exemplar mit einer individuellen Nummer kennzeichnen. Möglich sind dabei Kontrollnummern, die lediglich zur Kennzeichnung der Ware dienen, oder Herstellernummern, deren Zweck darüber hinaus geht und die Hersteller im Warenverkehr identifizieren zu können. Derartige Herstellernummern sind auch für bestimmte Produkte gesetzlich vorgeschrieben - so beispielsweise in § 4 Absatz 1 der Kosmetikverordnung. Das Interesse der Hersteller an einem Nummernsystem wurde von der Rechtsprechung mehrfach für gerechtfertigt befunden, wenn es sich um ein zulässiges selektives System handelt. Ist das System nicht zulässig oder verfolgt der Hersteller mit der Kennzeichnung andere rechtswidrige Zwecke, ist das Nummernsystem nicht mehr schutzwürdig.

 

Gibt es einen Unterlassungsanspruch des Anbieters gegen Außenseiter aus dem Wettbewerbsrecht?

Ein Anspruch auf Unterlassen des Verkaufs der Ware durch nicht zugelassene Händler könnte sich im Wettbewerbsrecht aus §§ 8, 4 Nummer 10, 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ergeben. Dafür müsste allerdings eine wettbewerbswidrige Behinderung vorliegen. Das bloße Ausnutzen des Vertragsbruchs des Vertragshändlers durch den Außenseiter reicht dabei nicht aus. Anders würde es sich verhalten, wenn es sich beispielsweise um einen unlauteren Schleichbetrug oder eine gezielte Verleitung zum Vertragsbruch handeln würde.

Wann liegt eine wettbewerbswidrige Behinderung vor?

Eine wettbewerbswidrige Behinderung darf angenommen werden, wenn der Außenseiter die Kontrollnummern entfernt und damit in das Nummernsystem des Herstellers eingreift. Das selektive Vertriebssystem muss dabei rechtmäßig und alle Vertragshändler gleich gebunden sein. Das Inverkehrbringen von Waren mit entfernter Herstellernummer durch den Außenseiter könnte zudem einen Verstoß gegen ein jeweiliges Gesetz, das zu solchen Nummern verpflichtet, und einen Wettbewerbsverstoß darstellen. 

Lückenlosigkeit des Vertriebssystems ist keine Voraussetzung mehr

Grundsätzlich erfordert der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch keine Lückenlosigkeit des Betriebssystems mehr, um eine wettbewerbswidrige Behinderung annehmen zu können. Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn es sich um einen gespaltenen Vertrieb in einem einheitlichen Wirtschaftsraum handelt. Ein solcher Vertrieb liegt vor, wenn es teilweise ein selektives Vertriebssystem und teilweise einen Vertrieb ohne Bindung darstellt. In derartigen Fällen besteht kein wettbewerbsrechtlicher Schutz für Nummernsysteme. 

Möglicher Unterlassungsanspruch gegen den Außenseiter aus dem Markenrecht

Ein markenrechtlicher Anspruch auf ein solches Unterlassen könnte sich aus §§ 14 Absatz II Nummer 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 5 des Markengesetzes (MarkenG) ergeben. Das Anbieten von Waren ohne die Zustimmung des Markenrechtsinhabers - in der Regel des Herstellers - kann eine Verletzung des Markenrechts darstellen, wenn die Waren markenrechtlich geschützt sind und der Schutz des Markenrechts nicht erschöpft wurde, § 24 Absatz 2 MarkenG. Zudem muss es sich um ein zulässiges Vertriebssystem handeln und die Entfernung der Kontrollnummer einen sichtbaren, die Garantiefunktion der Marke berührenden Eingriff in die Substanz der Ware, des Behältnisses oder der Verpackung darstellen. Der Markeninhaber hat dann ein berechtigtes Interesse daran, dass die Ware nicht ohne die Kontrollnummer verbreitet wird.

Muss der Außenseiter den vertragsbrüchigen Lieferanten verraten?

Ein derartiger wettbewerbsrechtlicher Auskunftsanspruch kann grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte aus nachvollziehbaren Gründen über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete unschwer zur Auskunft in der Lage ist, bestehen. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Anspruch auch bestehen, wenn nicht die angesprochene Person, sondern ein Dritter der Schuldner des Hauptanspruchs ist, durch dessen Durchsetzung die die Auskunftserteilung ermöglicht werden soll. Dafür muss eine Sonderverbindung zum Außenseiter bestehen und ein Wettbewerbsverstoß in Form von der Entfernung der Hersteller- und Kontrollnummer vorliegen.

Unterlassungserklärung beseitigt den Anspruch nicht

Eine Unterlassungserklärung des Außenseiters, die Waren nicht mehr in den Verkehr zu bringen, beseitigt die Grundlage des Auskunftsanspruchs des Anbieters nicht. Für ihn besteht schließlich weiterhin die Gefahr, dass der vertragsbrüchige Händler die Waren weiterhin an Dritte verlauft. Der Anspruch zielt auf die Möglichkeit einer Lückenschließung im selektiven Vertriebssystem ab, auf die der Außenseiter keinen Einfluss hat.

Gibt es weitere Ansprüche für Anbieter?

Bei einer Markenrechtsverletzung innerhalb eines zulässigen Vertriebssystems hat dessen Anbieter auch einen markenrechtlichen Auskunftsanspruch gegen den Außenseiter. Dieser muss somit auch markenrechtlich fundiert seine Vertriebsquelle verraten.

Außerdem gibt es Ansprüche gegen den vertragsbrüchigen Händler bei Verstößen, um gegebenenfalls weitere Außenseiter ausfindig zu machen. Zudem können Anbieter selektiver Vertriebssysteme Schadensersatz und Unterlassen verlangen und den Belieferungsvertrag mit dem Händler kündigen. 


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Der Vertrieb von Produkten über selektive Vertriebssystemen läuft nicht immer so, wie es sich Anbieter erhoffen. Um Ihnen die Last rechtlicher Probleme von den Schultern zu nehmen, steht Ihnen das Team von SBS LEGAL jederzeit zur Verfügung.

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