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| Gesellschaftsrecht

Anwendung der actio pro socio hängt vom Stimmrechtsverbot ab


Actio pro socio im Zusammenhang mit Regelungen zum Stimmrechtsverbot

Die actio pro socio kann von Gesellschaftern zur Anspruchsdurchsetzung genutzt werden. Wann genau die actio pro socio zulässig ist, ist häufig Thema vor dem BGH. Erst kürzlich hat sich der BGH erneut mit der actio pro socio beschäftigt. Dabei ging es um die Zulässigkeit einer actio pro socio gegen Fremdgeschäftsführer. Behandelt wurde die actio pro socio auch im Zusammenhang mit Regelungen zum Stimmrechtsverbot.

Was ist die actio pro socio?

Mittels der actio pro socio kann ein Gesellschafter selbst Ansprüche für die Gesellschaft gegen Dritte gerichtlich geltend machen. Dies ist möglich, wenn die eigentlich dafür zuständigen Organe die Ansprüche nicht geltend machen. Die actio pro socio ist gesetzlich nicht geregelt, sie beruht auf Rechtsfortbildung. Die Voraussetzungen für die Anwendung der actio pro socio sind allerdings nicht abschließend geklärt.

Die actio pro socio ist subsidiär zu der Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft. Bei der GmbH sieht die Zuständigkeitsordnung vor, dass die Geschäftsführer für die Gesellschaft klagen. Eine Gesellschaft kann eine Klage im eigenen Namen nur dann, wenn jegliche andere Möglichkeiten der Anspruchsdurchsetzung ausgeschöpft sind. Andere Wege der Anspruchsdurchsetzung für Gesellschafter wären etwa Beschlüsse der Gesellschafterversammlung.

Minderheitsgesellschafterin wollte actio pro socio nutzen

Mit seinem Urteil vom 5. November 2024 (Az. II ZR 85/23) hat der BGH die Subsidiarität der actio pro socio nochmal verdeutlicht. In dem Fall vor dem BGH ging es um eine Minderheitsgesellschafterin einer GmbH, der Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Fremdgeschäftsführer im eigenen Namen geltend machen wollte, nachdem der Mehrheitsgesellschafter einen Beschluss treuwidrig verhindert hatte. Die actio pro socio war in diesem Fall nicht anwendbar, weil die Gesellschaft die Ansprüche selbst hätte durchsetzen können.

Mehrheitsgesellschafter soll mit Geschäftsführung zusammengearbeitet haben

In dem Fall bestand die GmbH aus zwei Gesellschaftern. Die Klägerin war mit 49% die Minderheitsgesellschafterin der GmbH. Die Mehrheitsgesellschafterin hatte die restlichen 51% der Gesellschaft. Die Klägerin machte vor Gericht geltend, dass die Mehrheitsgesellschafterin und die Geschäftsführung kollusiv zusammengewirkt haben, damit die GmbH gewisse Ansprüche nicht geltend macht.

Ansprüche der GmbH in Höhe von EUR 22 Mio. wurden nicht gelten gemacht

Zuvor hatte die GmbH (von der Beklagten gehörende österreichischen Firma) Geschäftsanteile sowie Markenrechte übernommen. Die Klägerin war der Ansicht, dass der Kaufpreis zu hoch angesetzt war. Sie wollte, dass die Gesellschafnt Ansprüche gegen die Geschäftsführer und die Mehrheitsgesellschafterin geltend macht. Die Ansprüche sollten laut Klägerin in Höhe von EUR 22 Mio. bestehen. In der daraufhin einberufenen Gesellschafterversammlung hatte die Mehrheitsgesellschafterin diesen Antrag abgelehnt. Aufgrund dessen nahm die Klägerin die actio pro socio in Anspruch und klagte für die Gesellschaft.

Ähnlicher Fall vor dem BGH im Jahr 2022

Ein ähnlicher Fall wurde bereits 2022 von dem BGH entschieden (BGHZ 232, 275). In dem damaligen Urteil wurde entschieden, dass eine actio pro socio nicht gegen einen Fremdgeschäftsführer gerichtet werden konnte. 

Hier geht es zu unserem Artikel zur BGH Entscheidung von 2022:

► Keine Gesellschafterklage gegen Fremdgeschäftsführer


Nicht entschieden wurde, wann davon abgewichen werden kann. Die neue Entscheidung des BGH führt den Grundsatz fort.

Sonderbeziehung ist bei Fremdgeschäftsführern nicht gegeben

Die actio pro socio war auch in dem neuen Fall nicht gegen den Fremdgeschäftsführer möglich. Es fehlt in einem solchen Fall an der erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Sonderbeziehung zu den Fremdgeschäftsführern, weil diese nicht selbst beteiligt sind. Ungeklärt bleibt, ob eine Ausnahme gemacht werden kann, wenn wie in dem Fall, eine mittelbare Geschäftsbeziehung besteht. Diese Frage wurde nicht behandelt, weil die Klage bereits aus einem anderen Grund scheiterte.

Stimmrechtsverbot macht unmittelbare Vertretung möglich  

Die Klage der Klägerin war bereits aufgrund der Subsidiarität der actio pro socio unzulässig. In dem Fall vor dem BGH hatte die Minderheitsgesellschagterin noch eine andere Möglichkeit zur Anspruchsdurchsetzung gehabt. Die Mehrheitsgesellschafterin durfte nämlich aufgrund des Stimmrechtsverbots gem. § 47 Abs. 4 GmbHG nicht mit abstimmen. Somit hätte dann die Minderheitsgesellschafterin die Gesellschaft unmittelbar vertreten können. Die Ablehnung des Beschlusses der Klägerin durch die Mehrheitsgesellschafterin war somit nichtig. Eine Anfechtungsklage war aufgrund der Nichtigkeit nicht notwendig.  

Kostenrisiko wird verlagert

Das BGH Urteil hat einige Auswirkungen auf die Praxis. Zum einen wird das Kostenrisiko verlagert. Aufgrund der direkten Vertretung der Gesellschaft durch die Minderheitsgesellschafterin, kann das Kostenrisiko dann auf die Gesellschaft übertragen werden. Die Mitgesellschafter tragen die Kosten dann auch anteilig. Außerdem wird deutlich wie wichtig die Beachtung des Stimmrechtsverbot ist. Das Stimmrechtsverbot führt schließlich zu der Möglichkeit der direkten Vertretung der Gesellschaft durch die Minderheitsgesellschafterin.

Deutlich wird auf jeden Fall, dass die Anwendbarkeit der actio pro socio nicht einfach angenommen werden kann. Vorher müssen die verschiedenen Möglichkeiten der Gesellschafter betrachtet werden. Die Anwedung hängt also von einigen Faktoren ab, die nicht zu unterschätzen sind.


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