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| Arbeitsrecht, CORONA-UPDATE

Arbeitsrecht im Corona-Homeoffice – per Definition keine ArbStättV?!


Die Pandemie hat das Begriffsverständnis von Homeoffice verändert.

Derzeit gelten die Vorgaben der ArbStättV nicht, wenn man wegen Corona von zu Hause arbeitet…

Die Corona-Pandemie hat unser aller Leben in vielerlei Hinsicht völlig auf den Kopf gestellt: Masken tragen, Abstand halten, Kontaktbeschränkungen. Kinder und Jugendliche konnten lange Zeit nicht in die Schule, Universitäten haben noch immer geschlossen – und viele Beschäftigte arbeite(te)n von zu Hause.

ArbStättV = Verordnung über Arbeitsstätten


Das Homeoffice st derzeit ein viel diskutierter Begriff im Arbeitsrecht. Durch die Pandemie ist das Begriffsverständnis ein anderes geworden, als es davor der Fall war. Während man mit Homeoffice früher einen Telearbeitsplatzcorona homeoffice arbeitsplatz meinte (also einen fest eingerichteten Bildschirmplatz), fällt es derzeit unter „mobiles Arbeiten“ und gilt als Provisorium. Das hat erhebliche rechtliche Implikationen – bezüglich des Arbeitsschutzes und der Arbeitszeit und allem, was damit zusammenhängt. So klagt jeder Dritte Beschäftigte im Corona-Homeoffice über körperliche Beschwerden aufgrund des nicht-ergonomisches Arbeitsplatzes. Psychische Probleme bahnen sich an. Und das Verschmelzen von Arbeit und Privatem im Homeoffice wirft auch Fragen bezüglich Haftungsprivilegierung und Unfallversicherungsschutz auf.

Noch gilt arbeitsrechtlich die SARS-CoV-2-ArbSchV. Doch für die Zeit nach Corona wird nun ein Gesetzentwurf zum mobilen Arbeiten diskutiert, worin die angesprochenen Schwierigkeiten zu Begriffsbestimmung, Arbeitsschutz und Arbeitszeit geklärt werden sollen – auch wenn das bislang noch nicht hinreichend gelungen ist.


Homeoffice-Begriff: Telearbeitsplatz vs. mobiles Arbeiten

Bis Anfang 2020 hatte man unter „Homeoffice“ das verstanden, was im Juristendeutsch als „Telearbeitsplatz“ (§2, Absatz 7 (ArbStättV)) bekannt ist: ein fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich des Beschäftigten – mitsamt der nötigen Ausstattung, also Mobiliar wie Schreibtisch und Stuhl sowie Arbeitsmittel wie Computer und Telefon. Wie viele Stunden pro Woche und für einen wie langen Zeitraum der Arbeitnehmer von diesem Telearbeitsplatz aus arbeitet, ist mit dem Arbeitgeber (vertraglich) vereinbart.

Doch durch Corona und der dringenden Empfehlung bzw. gar Pflicht, von zu Hause zu arbeiten, hat sich das Begriffsverständnis vom „Homeoffice“ verändert – nicht nur umgangssprachlich, sondern auch juristisch gesehen. Denn die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel erwähnt das Homeoffice explizit – und definiert es aber als eine Form des mobilen Arbeitens (Punkt 2.2, Absatz 3 (SARS-CoV-2-ArbSchR)). Das Homeoffice ist demnach etwas Provisorisches während der Pandemie: Es wird am Laptop gearbeitet – mal in der Küche, mal im Wohnzimmer oder wo auch immer man gerade Platz hat in der eigenen Wohnung. Ein extra Schreibtisch bzw. Arbeitsplatz ist nicht vorgesehen.

So unterscheidet sich die Definition des Homeoffice als Mittel zur Pandemiebekämpfung also erheblich von der Definition des Homeoffice als Telearbeitsplatz. Das heißt aber auch: Das Homeoffice per Corona-Definition ist keine Arbeitsstätte, wie der Telearbeitsplatz es ist. Und damit gilt für das provisorische Corona-Homeoffice auch nicht der sonst übliche Arbeitsschutz. Das hat Folgen: Ein Drittel aller Beschäftigten hat körperliche Beschwerden wegen der mangelhaften Ausstattung bzw. eines nicht-ergonomischen Arbeitsplatzes in ihrem pandemiebedingten Homeoffice.

Es bleibt also zu hoffen, dass nach der Pandemie unter „Homeoffice“ wieder der Telearbeitsplatz als fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz gemäß §2, Absatz 7 (ArbStättV) verstanden wird. Denn nur dann muss für die Beschäftigten auch beim Arbeiten von zu Hause der rechtliche Arbeitsschutz erfüllt und der Arbeitsplatz entsprechend gestaltet werden. Bis jetzt sieht das allerdings schlecht aus: Im Gesetzentwurf gilt Homeoffice nicht grundsätzlich als Telearbeitsplatz, sondern soll erstmal weiterhin unter die mobile Arbeit fallen (geplanter §111 (GewO))…


Arbeitsschutz im Homeoffice: Sicherheit, Gesundheitsschutz und Gefährdungsbeurteilung

Das Arbeitsschutzgesetz dient der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit (§1 (ArbSchG)). Unfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren sollen möglichst verhindert werden (vgl. §2 (ArbSchG)). Dafür muss der Arbeitgeber mögliche Gefährdungen für seine Beschäftigten einschätzen und schauen, welche Maßnahmen man dagegen unternehmen sollte (§5, Absatz 1 (ArbSchG)). Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) macht das nochmal genauer. Sie gibt konkret vor, wie Arbeitsstätten eingerichtet und betrieben werden müssen, damit die Beschäftigten sicher und gesundheitlich geschützt sind.

Allerdings ist das Corona-Homeoffice per Definition ja gar keine Arbeitsstätte, sondern nur eine Form des mobilen Arbeitens. So gilt die ArbStättV auch nicht für das pandemiebedingte Homeoffice. Dort müssen die entsprechenden Vorgaben (wie ein ergonomischer Arbeitsplatz) nicht eingehalten werden. Anders ist das beim Telearbeitsplatz-Homeoffice. Hierbei ist das Arbeiten von zu Hause nicht bloß provisorisch, sondern fest eingerichtet. Deswegen gilt der Telearbeitsplatz als Arbeitsstätte – und die ArbStättV gilt. So müssen Arbeitgeber dann die Gefährdung im Homeoffice ihrer Beschäftigten beurteilen und sie in der Gefahrenvermeidung unterweisen (§6 (ArbStättV)).

Gefährdungsbeurteilung

Das Wichtigste zu dem, was man bei der Gefährdungsbeurteilung eines Bürojobs machen muss, steht im Anhang 6 der ArbStättV: die Anforderungen an einen Bildschirmarbeitsplatz. Diese gelten bekanntermaßen für den Arbeitsplatz im Betrieb. Und wenn nicht bloß mobile Arbeit, sondern Telearbeit abgemacht wurde, gelten die Anforderungen an einen Bildschirmarbeitsplatz eben auch für den Arbeitsplatz im Privatbereich des Arbeitnehmers. Dabei geht es um Dinge wie z.B. die Aufstellung der Bildschirme: Sind alle Oberflächen frei von störenden Reflexionen und Blendungen?

Aber keine Angst: Als Arbeitgeber muss man jetzt nicht das Zuhause seiner Beschäftigten besuchen und persönlich in Augenschein nehmen, um die Gefährdung am Arbeitsplatz zu beurteilen. Stattdessen kann er das mit einem Fragebogen an den Arbeitnehmer übergeben. Dieser gibt dann selbst an, dass bzw. ob er die nötigen Kriterien bei seinem Homeoffice erfüllt. Normalerweise macht man als Arbeitgeber damit nichts falsch. Man handelt ja nicht (grob) fahrlässig – weder im Sinne des ArbSchG noch im Sinne von §111 (SGB VII). Nur wenn die Angaben des Arbeitnehmers widersprüchlich sind, sodass man die Sicherheit am Heim-Arbeitsplatz des Beschäftigten bezweifelt, sollte man als Arbeitgeber doch mal selbst vorbeischauen.

Psychische Gesundheit

Zoom Fatigue im Corona Homeoffice

Im Homeoffice (besonders beim mobilen Arbeiten, bei dem ja der Arbeitsschutz aus der ArbStättV nicht gilt) können sich nicht nur Probleme für die physische Gesundheit wie Rückenschmerzen wegen eines nicht-ergonomischen Arbeitsplatzes ergeben. Noch nicht vollumfänglich erforscht, aber grundsätzlich bekannt sind nämlich auch psychische Belastungen beim Arbeiten von zu Hause. Während Corona ist das nochmal sehr deutlich geworden. Es zeigte sich u.a. das Zoom-Fatigue, also eine Erschöpfung durch das stetige Kommunizieren über Videokonferenzen. Denn (so ergaben Untersuchungen): Dass es bei Videokonferenzen eine kurze Zeitverzögerung gibt und man immer nur kleine Ausschnitte von allen sieht, sei viel anstrengender, als in persona miteinander zu sprechen.

Oder auch das Work-Life-Blending: Wenn Arbeitszeit und Freizeit sich miteinander vermischen und man sich deswegen nicht wirklich von der Arbeit erholen kann, kann das psychisch sehr belastend sein. Diese und weitere Gefahren sind bekannt. Nur eine Lösung gibt es für sie noch nicht – mangels bisheriger Forschungserkenntnisse.


Arbeitszeit im Homeoffice

Laut einem Urteil des EuGHs können Arbeitgeber ihren Beschäftigten im Homeoffice sagen, sie sollen ihre Arbeitszeit selbst aufschreiben. Eine Stechuhr brauche es beim Arbeiten von zu Hause nicht. Diesem Grundsatz entspricht auch der Gesetzentwurf zum mobilen Arbeiten (geplanter §112 GewO-E).

Im nächsten Schritt stellt sich dann aber auch die Frage: Was fällt im Homeoffice eigentlich unter die Arbeitszeit? Erfüllt der Arbeitnehmer überhaupt noch seine arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er zwischen zwei Aufgaben oder gar währenddessen mit seinem Lebenspartner den Wocheneinkauf bespricht oder kurz mit dem Kind spielt? Das Work-Life-Blending stellt also nicht nur eine Gefahr für die psychische Gesundheit der Beschäftigten dar, sondern wirft auch arbeitsrechtlich gesehen Fragen auf – und ebenso hinsichtlich Haftung und Unfällen. So ist man als Arbeitnehmer nämlich nur dann haftungsprivilegiert, wenn man eine Tätigkeit ausübt, die vom Betrieb veranlasst wurde. Und Unfallversicherungsschutz hat man auch nur, wenn es sich um einen Arbeitsunfall handelt. Aber so genau kann man oft gar nicht differenzieren, ob eine Tätigkeit mit der Arbeit in Zusammenhang steht oder eher privater Natur ist.



SBS Legal, Kanzlei in Hamburg – Corona-Updates

Seit rund einem Jahr beschäftigt das Thema Corona nun schon die ganze Welt. Regelmäßig werden neue Regierungsbeschlüsse zur Eindämmung der Pandemie auf den Weg gebracht. Kontaktbeschränkungen, Schließung bestimmter Geschäfte, Corona-Nothilfen, Impfstoff-Zulassung, usw.

Da kann man schnell mal den Überblick verlieren. Noch dazu kommen etliche weitere rechtliche Herausforderungen, die sich aus der Gesamtsituation ergeben. Beispielsweise beim Homeoffice, in dem viele sich derzeit zwangsläufig befinden: Wie muss man dabei aus Sicht des Datenschutzes mit personenbezogenen Daten umgehen? Was muss man bei Livestreams beachten? Was gilt laut Arbeitsrecht, wenn man sich im Urlaub mit Corona angesteckt hat?

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