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Kommt es bei der Ausübung der Arbeit zu einem Unfall, kommt die gesetzliche Unfallversicherung des Arbeitsgebers für die Schäden auf. Auch anerkannt ist dies für sogenannte Wegeunfälle. Was aber passiert bei vergleichbaren Fällen im Homeoffice?
Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall, dem der Arbeitnehmer bei der Ausübung seiner Arbeit erleidet. Unfälle in diesem Sinne sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, vgl. § 8 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII). Kommt es bei Ausübung der versicherten Tätigkeit zu solch einem Arbeitsunfall, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung des Arbeitgebers für die Schäden, welche der Arbeitnehmer infolge des Unfalls erlitten hat.
Darunter fallen insbesondere auch Unfälle, die der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsweg ereilt haben. Dabei handelt es sich um sogenannte Wegeunfälle, die sich auf dem Weg zwischen Wohnort des Arbeitnehmers und dessen Arbeitsstätte ereignen. Im Rahmen der Wegeunfälle gilt es jedoch zu beachten, dass immer nur der direkte Arbeitsweg versichert ist. Umwege hingegen, die aus privaten Gründen vorgenommen werden wie etwa der Halt an einem Supermarkt sind hingegen nicht versichert. Gleiches gilt für das Halten an einer Tankstelle: Auch hier befindet sich der Arbeitnehmer nicht mehr auf dem direkten Arbeitsweg.
Die aktuelle Pandemielage hat flexible Arbeitsmodelle, in denen Homeoffice zu Regel wird und keine Ausnahme mehr darstellt, in großer Geschwindigkeit vorangetrieben. Statt jeden Tag ihren Weg zur Arbeitsstätte und anschließend wieder nach Hause zurückzulegen, sitzen die meisten Arbeitnehmer zurzeit vor ihrem hauseigenen Schreibtischen und der einzige Weg, den sie dabei zurücklegen, ist der zur Kaffeemaschine in ihrer eigenen Wohnung.
Problematisch ist, dass die Grenzen zwischen beruflichen und privaten Belangen im Homeoffice zu verschwimmen drohen: Zwischen zwei Meetings wird gerne einmal ein neuer Waschmaschinengang gestartet oder die Wohnung flüchtig für den abendlichen Besuch aufgeräumt. Während bei einem Umweg zum Friseur von der Arbeit nach Hause eindeutig der Arbeitsweg verlassen wird, lassen sich die Grenzen im Homeoffice oft nicht so leicht ziehen. Wie ist aber in solch einem Fall die Versicherung geregelt, wenn es während der Arbeitszeit zu Unfällen in den eigenen vier Wänden kommt?
Das Bundesozialgericht (BSG) hatte kürzlich zu entscheiden, ob es sich bei einem Sturz im Homeoffice um einen Arbeitsunfall handelt. Diese Einstufung hätte zu Folge, dass in diesem Fall die gesetzliche Unfallversicherung haftet.
In dem zu entscheidenden Fall hatte sich ein Arbeitnehmer bei einem Treppensturz im Homeoffice verletzt. Als es zu dem Sturz auf der Treppe kam, befand sich der Arbeitnehmer gerade auf den Weg in sein hauseigenes Büro, um dort seine Arbeit im Homeoffice zu verrichten. Um zu den Büroräumen zu gelangen, musste der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall zwingend die Treppe nehmen. Anders waren sie nicht zu erreichen. Der Arbeitnehmer war hier der Ansicht, dass sich deswegen um einen Wegeunfall handeln müsste – schließlich habe er sich auf dem Weg zur Arbeit befunden. Weil der Arbeitnehmer im konkreten Fall nachweisen konnte, dass er die Treppe nur genutzt hatte, um die Büroräume zu erreichen und seine Arbeit aufzunehmen, bestätigte das BSG tatsächlich die Ansicht des Arbeitnehmers und stufte den Unfall als Wegeunfall ein. Folglich hatte in diesem Fall die gesetzliche Unfallversicherung zu haften. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Weg ins häusliche Büro im Interesse des Arbeitgebers stattfände. Deswegen handele es sich auch um einen Wegeunfall.
Anders entschied das BSG in Vergangenheit bei Arbeitsunfällen, die sich auf dem Weg in die Küche ereigneten. Lange Zeit wurde die Auffassung vertreten, diese Wege zur Nahrungsaufnahme seien gerade nicht unfallversichert. So stürzte eine Arbeitnehmerin im Homeoffice ebenfalls auf der Treppe – nicht aber auf dem Weg zum Büro, sondern in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Diesen Weg hat sie aber gerade nicht zurückgelegt, um ihre versicherte Beschäftigung auszuüben, sodass ein Arbeitsunfall in diesem Fall abgelehnt wurde.
Lange war auch strittig, ob der Weg zur Toilette im Homeoffice versichert ist, während dies bei einem Toilettengang auf der Arbeitsstätte unzweifelhaft der Fall ist. Dies hat sich nun geändert: Seit dem Juni 2021 sind durch eine gesetzliche Erweiterung des SGB VII die innerhäusliche Wege zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang während der Arbeitszeit zusätzlich versichert. Der Gesetzgeber strebte damit eine Gleichbehandlung in dem Sinne an, dass dann ein Versicherungsschutz im Homeoffice jedenfalls dann bestehen sollte, wenn gleichartige Tätigkeiten bei der Präsenzarbeit im Betrieb ebenfalls diesen Schutz genießen würden. Dies gilt aber erst für Unfälle dieser Art, die sich nach dem 17.06.2021 ereignet haben. Unfälle, die sich am 17.06.2021 oder davor ereignet hätten, sind hingegen nicht versichert.
Nicht anzunehmen ist ein Versicherungsschutz aber, wenn die Handlung weder im engen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, noch eine zusätzliche Versicherung nach der Gesetzeserweiterung vom Juni 2021 anzunehmen ist. Ein solcher Fall läge zum Beispiel vor, wenn ein Arbeitnehmer im Homeoffice auf der Treppe stürzt, um ein privates Paket anzunehmen.
Grundsätzlich sind auch im Homeoffice alle Tätigkeiten während der Arbeitszeit versichert, sofern diese dazu dienen, die versicherte Beschäftigung auszuüben. Darunter fallen auch innerhäusliche Wege, die zwangsläufig für die Beschäftigung zurückgelegt werden müssen, also in einem engen Zusammenhang mit der Arbeit stehen. Zusätzlich hat der Gesetzgeber den Schutz auch auf Wege zur Nahrungsaufnahme oder zur Toilette erweitert, um eine Gleichbehandlung zwischen Präsenzarbeit und Homeoffice anzustreben. Entscheidend ist, dass die Handlung im Betrieb denselben Versicherungsschutz genießen würde.
Tätigkeiten aber, die keine Handlungstendenz zur versicherten Tätigkeit aufweisen und auch in der Präsenzarbeit keinen vergleichbaren Schutz genießen, sind nicht versichert.
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