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Arbeitgeber-Bewertungsportale müssen Bewerter identifizieren


Bewertungsportal muss Arbeitgeber ermöglichen, Echtheit der Bewertung zu überprüfen

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat kürzlich entschieden, dass die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Haftung der Betreiber von Bewertungsportalen im Internet auch bei Arbeitgeber-Bewertungsportalen im vollen Umfang angewendet werden. Dadurch kann der bewertete Arbeitgeber die Löschung einer Bewertung verlangen, wenn der Betreiber die Bewerter und Bewerterinnen nicht so individualisiert, dass er ihre Echtheit überprüfen kann.

Arbeitgeber forderte Löschung negativer Bewertungen

Die antragstellende Arbeitgeberin forderte die Betreiberin eines Arbeitgeber-Bewertungsportals dazu auf, die Zugänglichmachung von zwei Bewertungen ihres Unternehmens auf dem Portal zu unterlassen. Auf der Bewertungsplattform können gegenwärtige und ehemalige Mitarbeiter, Bewerber und Auszubildende die jeweiligen Unternehmen in verschiedenen Kategorien bewerten. Zur Zeit des Urteils waren dort mehr als 5.300.000 Bewertungen zu mehr als 1.040.000 Arbeitgebern online verfügbar. Täglich kommen circa 1000 neue Bewertungen über 500 Arbeitgeber hinzu. Die in zwei kurz aufeinander folgenden Schreiben geäußerte Aufforderung zur Löschung der Bewertungen wurde wortgleich wie folgt bewertet:

"Der genannte Bewerter hat unsere Mandantschaft negativ bewertet. Der Bewerber- und Mitarbeiter-Kontakt zu dem Bewerter wird mit Nichtwissen bestritten, da er nicht zugeordnet werden kann."

Die Betreiberin des Bewertungsportals forderte die Antragstellerin als Arbeitgeber dazu auf, die möglichen unwahrenTatsachenbehauptungen oder Rechtsverletzung weiter zu begründen und belegen. Grund dafür war unter anderem, dass der betroffene Arbeitgeber durch Rechtsanwälte, die damit werben, gegen ein pauschales Honorar gegen Online-Bewertungen vorzugehen, in kürzester Zeit gegen 11 von 14 Bewertungen Beanstandungen erhoben habe. Diese waren gleichlautend und wurden jeweils vom Betreiber als unsubstanziiert angesehen. Weil der bewertete Arbeitgeber keine weiteren Informationen einreichte, kam es trotz der Beanstandungen zu keiner Löschung der Bewertungen.

 

Arbeitgeber erhält anonymisierte Informationen über die Bewertenden von der Bewertungsplattform

Nach Erhalt eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, auf dem das OLG-Verfahren letztendlich fußt, wandte sich die Antragsgegnerin als Plattformbetreiber doch noch an die jeweiligen Bewertenden. Von ihnen bekam sie Unterlagen, die die Beschäftigung bei dem bewerteten Arbeitgeber nachweisen sollten, und leitete diese anonymisiert an die Antragstellerin weiter. Das Landgericht wies den Antrag zunächst zurück, weil die genannten Nachweise nach Auffassung des Gerichts ausreichten, um die tatsächliche Mitarbeiterstellung nachzuweisen und die Übermittlung unzensierter Unterlagen deshalb nicht nötig sei. Soweit beanstandet wird, dass aus den Unterlagen nicht auf die Identität des Bewertenden geschlossen werden könnte, würde jedenfalls nicht die Authentizität durch den Arbeitgeber in Frage gestellt. Darüber hinaus habe der Betreiber der Arbeitgeber-Bewertungsplattform unbestritten und durch eine eidesstattliche Versicherung vorgetragen, dass die Nachweise und darin enthaltenen Mitarbeiternamen abgeglichen und verifiziert worden wären.

Das OLG sah die sofortige Beschwerde der Antragstellerin als Arbeitgeber gegen das Urteil des Landgerichts als zulässig und begründet an, sodass die begehrte einstweilige Verfügung erlassen wurde.

BGH-Grundsätze über Bewertungsportale im Internet finden auch bei Arbeitgeber-Bewertungsportalen Anwendung

Der Arbeitgeber habe laut OLG Hamburg ein Unternehmenspersönlichkeitsrecht nach Artikel 2 Abs. 1 und 19 Abs. 3 des Grundgesetzes. Daraus folgt auch der Anspruch auf die Unterlassung des weiteren Zugänglichmachens der Bewertungen aus der analogen Anwendung des § 1004 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB. Die Antragsgegnerin ist als Betreiber des Bewertungsportals mittelbarer Störer und haftet nach den BGH-Grundsätzen über die Haftung bei Bewertungsportalen eingeschränkt. Kommt es zu einer Beanstandung des bewerteten Arbeitgebers in einer so konkreten Fassung, dass der Betreiber den Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung unschwer bejahen kann, ist die Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung etwaiger Stellungnahmen der Bewertenden erforderlich. Unschwer ist die Bejahung dann, wenn sie ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung erfolgen kann.

Behauptung des fehlenden geschäftlichen Kontakts für Rüge ausreichend

Für eine hinreichend konkrete Rüge ist es grundsätzlich ausreichend, wenn beanstandet wird, dass der Bewertung kein tatsächlicher Kontakt zwischen dem Bewertenden und dem Arbeitgeber zugrunde liegt. Die Rüge darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Betreiber des Bewertungsportals den Bewertenden gegenüber dem Arbeitgeber so individualisiert, dass dieser das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes überprüfen kann. Die Antragstellerin hat eine solche Rüge erhoben. Weil die Abmahnung darauf beschränkt wurde, mussten auch keine weiteren Informationen an den Betreiber des Arbeitgeber-Bewertungsportals übermittelt werden.

Anzahl der Rügen gegen Bewertungen reicht nicht für Rechtsmissbrauch

Dass ein Arbeitgeber viele Bewertungen auf einem Arbeitgeber-Bewertungsportal gerügt hat, reicht noch nicht für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Es kann schließlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Arbeitgeber-Bewertungsportale viele Bewertungen beinhalten, die nicht auf konkreten Kontakten beruhen.

Die Rügen sind erst recht nicht dadurch rechtsmissbräuchlich, dass die Rechtsanwälte der  betroffenen Arbeitgeber damit werben, gegen die Zahlung pauschal festgelegter Honorare gegen Bewertungen vorgehen. Die Beauftragung einer solchen Kanzlei lässt laut dem OLG Hamburg nicht darauf schließen, dass das Bestreiten der geschäftlichen Kontakte in jedem Fall unbegründet ist.

Auch wenn das Arbeitgeber-Bewertungsportal in diesem Fall besonders groß ist, entbindet dies den Betreiber nicht von der Einhaltung der Überprüfungsobliegenheit, die jeden Betreiber eines Bewertungsportals trifft. 

Übermittelte Unterlagen müssen die Identifizierung der konkreten Mitarbeiter ermöglichen

Zwar kommen die im Laufe des gerichtlichen Verfahrens übermittelten Unterlagen aus dem Geschäftsbereich des antragstellenden Arbeitgebers, sie reichen aber nicht zur Identifizierung der konkreten Mitarbeiter, die die Bewertungen verfasst haben. Dadurch konnte der Arbeitgeber nicht Überprüfen, ob die anonymisierten Urkunden wirklich den Bewertenden betreffen und ob es sich tatsächlich um Personen handelt, die für den Arbeitgeber arbeiten oder gearbeitet haben. Die Möglichkeit zu der eigenen Überprüfung durch den bewerteten Arbeitgeber darf nicht dadurch genommen werden, dass der Portalbetreiber die Prüfung selbst vornimmt und dem Bewerteten dann ein positives Ergebnis versichert. Ansonsten wäre Arbeitgeber, die die geschäftlichen Kontakte anzweifeln, gegenüber der Behauptung des Betreibers des Arbeitgeber-Bewertungsportals wehrlos. Daher müssen Betreiber in solchen Fällen Nachweise vorlegen, die die die Bewertenden identifizieren.

Keine Besonderheiten für Bewertungsportale über Arbeitgeber

Eine andere Sichtweise wird auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass auf dem Bewertungsportal Arbeitgeber bewertet werden.

Auch Arbeitgeber brauchen konkrete Informationen zur Nachverfolgung

Die Antragsgegnerin behauptete, die Antragstellerin hätte allein wegen der geringen Anzahl an Beschäftigten die Möglichkeit zu einer eigenständigen überprüfung gehabt. Zudem müssten Arbeitgeber in der Lage sein, aus den Bewertungen zu ersehen, ob die darin erhobenen Beanstandungen über die innerbetrieblichen Verhältnisse vom eigenen Personal stammen. Dies sei anders als bei Unternehmen, die gegen Bewertungen vorgehen wollen, die nur aufgrund des einmaligen Kontakts mit ansonsten unbekannten Kunden zu tun hätten. Bewertungen auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen können sich allerdings auch auf Fälle beziehen, deren tatsächliche Gegebenheit nur überprüft werden kann, wenn wenn der konkrete (vermeintliche) Arbeitnehmer oder die gemeinte Situation bekannt sind. Dies ist beispielsweise bei Bewertungen wie "Abmachungen wurden nicht eingehalten" der Fall. Auch allgemein gehaltene Aussagen lassen keine Rückschlüsse darauf, ob ein tatsächliches Beschäftigungsverhältnis bestanden hat, ziehen.

Kein abweichender Bewertungsmaßstab bei Arbeitnehmern als Bewertende

Es wird auch kein anderer Bewertungsmaßstab bei Arbeitgeber-Bewertungsportalen angewendet, auch wenn sich Bewertende dort weniger gerne zu erkennen geben wollen, weil sie negative Konsequenzen fürchten. Dies sei laut dem OLG Hamburg allerdings keine Rechtfertigung dafür, Arbeitgeber negativen Bewertungen im Internet auszusetzen, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, die Bewertungen zu überprüfen oder sich dazu zu positionieren.  

Betreiber können sich nicht auf den Datenschutz berufen

Portalbetreiber wie die Antragsgegnerin dürfen sich auch nicht darauf berufen, den Bewerter aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht ohne dessen Zustimmung namenhaft machen zu dürfen. Selbst wenn die Datenschutz-Regelungen die Offenlegung verbieten würde, dürfte dies nicht  dazu führen, dass die Bewertung öffentlich zugänglich bleiben darf, solange den Arbeitgebern die Möglichkeit genommen wird, die Bewertung zu überprüfen. Soweit es um die Verbreitung von Äußerungen geht, deren Rechtmäßigkeit nur überprüft werden kann, wenn der Urheber bekannt ist, trägt der Portalbetreiber grundsätzlich das Risiko darüber, ob der Bewertende namenhaft gemacht werden darf, kann oder will. Dies ist ein Teil des typischen Geschäftsrisikos bei Bewertungsportalen.


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