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Für die Industrie und nun auch weitere Wirtschaftsektoren heißt es aufgepasst, denn die Produkthaftungsrichtlinie der EU sorgt für Neuerungen im Produkthaftungsrecht. Und die haben es in sich.
Um folgenschwere Haftungsansprüche zu vermeiden, sollten Sie bereits jetzt handeln und sich auf die Veränderungen vorbereiten und Anpassungen vornehmen.
Unser Team für SBS LEGAL hat für Sie herausgearbeitet, mit welchen Änderungen Sie in Zukunft rechnen müssen und worauf es wirklich ankommt.
Große Neuerungen stellen die schärferen Regeln für Offenlegungspflichten zu Lasten von Unternehmen dar.
Bislang war es für Beweisführungspflichtige Parteien schwer im Verfahren Unterlagen zur Produktentwicklung und -konstruktion, zu Rezepturen, der Produktion oder zu Erkenntnissen der Produktbeobachtung einzusehen.
Dadurch wurde auch die Geltendmachung von etwaigen Ansprüchen vor Gericht erheblich erschwert.
Die geplanten Änderungen sollen die Herausgabepflichten der Gegenseite drastisch erweitern:
In Zukunft sollen Unternehmen dazu gezwungen werden können, Beweismittel, die sich in ihrem Besitz befinden und zum Nachweis von Produkthaftungsansprüchen erforderlich sind, herauszugeben.
Besonderheit: Hierzu sollen auch solche Dokumente gehören, die vom Unternehmen selbst erst durch Zusammenstellung oder Klassifizierung erstellt werden müssen.
Um eine solche Pflicht der Unternehmen zu begründen sind die Voraussetzungen gering: der Geschädigte muss lediglich ein Antrag stellen und Belege vorlegen, die einen Schadenersatzanspruch plausibel erscheinen lassen.
Die Änderungen sehen zwar auch den Schutz von Unternehmen vor: Gerichte sollen Offenlegungspflichten auf das erforderliche und verhältnismäßige Maß beschränken.
Dies gibt allerdings vorerst nur wenig Sicherheit, denn Verfahrensbeteiligte und Gerichte sind bisher noch nicht mit den Offenlegungspflichten vertraut. Der Anwendungsbereich wird vor allem nach Einführung schwer diskutiert werden.
Vor allem die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen ist durch diese Unsicherheit stark betroffen: Gerichte sollen besondere Maßnahmen zum Schutz der Geheimnisse ergreifen. Doch wie genau diese Maßnahmen aussehen ist nicht geklärt.
Gerade zu Anfang kommt es daher auf eine kompetente Rechtsvertretung an. Denn nicht nur die Rechtsprechung wird durch erste Entscheidungen geprägt, sondern auch die Zukunft Ihres Unternehmens kann von einer Fehlentscheidung zur Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen und anderen Daten abhängen.
Einen kleinen Lichtblick sieht die Offenlegungspflicht für Unternehmen jedoch bereits: Denn die Offenlegungspflicht wird immer auch umgekehrt greifen. Geschädigte müssen somit ebenfalls Unterlagen z.B. zur Krankengeschichte vorlegen.
An der ursprünglichen Beweislast sollen die Neuerungen nichts ändern:
Auch in Zukunft müssen Geschädigte Beweis darüber führen, dass
Grund für die einseitige Beweislastverteilung ist, dass dies ein Ausgleich zur verschuldensunabhängigen Haftung des Wirtschaftssektors darstellen sollte.
Doch auch wenn die grundsätzliche Verteilung so bleiben soll, werden mit den Neuerungen nun erhebliche Beweiserleichterungen eingeführt:
Die Fehlerhaftigkeit des Produkts soll in den Fällen vermutet werden, in denen der Beklagte gegen seine Offenlegungspflicht verstößt oder der Schaden durch eine offensichtliche Fehlfunktion bei vorhersehbarer oder üblicher Verwendung entstanden ist.
Der Kausalzusammenhang zwischen Fehler und Schaden wird in den Fällen vermutet, in denen das Produkt nachweislich fehlerhaft ist und kein atypischer Schaden vorliegt.
Zu guter Letzt sollen die Fehlerhaftigkeit und/oder der Kausalzusammenhang auch in den Fällen vermutet werden, in denen trotz Erfüllung der Offenlegungspflicht der Nachweis wegen technischer oder wissenschaftlicher Komplexität übermäßig schwierig ist und der Geschädigte die Wahrscheinlichkeit der Fehlerhaftigkeit und/oder Kausalität belegt.
Vor allem der letzte Fall zeigt, dass sich die Unternehmen einem hohen Risiko aussetzen, wenn sie Firmendaten offenlegen und am Ende doch die Vermutung gegen Sie greift, obwohl keine Beweisführung erbracht wurde.
Daher ist es in solchen Fällen überaus wichtig genau zu wissen, was man offenlegen sollte und wie die Chancen stehen, dass am Ende nicht nur beweislos gezahlt werden muss, sondern man zudem auch noch Firmeninterne Daten herausgegeben hat.
Zudem müssen auch hier die offenen Rechtsbegriffe zunächst von der Rechtsprechung ausgestaltet werden. Daher ist besonders zu Anfang eine kompetente Rechtsvertretung von entscheidender Bedeutung, um rechtliche Fehler zu vermeiden und die bestmögliche Ausgangsposition zu sichern.
Auch der Anwendungsbereich der haftenden Unternehmen wird ausgeweitet: Viele der Unternehmen, die zukünftig verschuldensunabhängig für Produktfehler haften sollen, haben nicht einmal Einfluss auf die Fehlerfreiheit der Produkte.
Neben Herstellern, Importeuren und (subsidiär) Händlern haften dann auch
Bislang wurde der Fehlerbegriff durch die Rechtsprechung ausgestaltet: Danach gilt ein Produkt als fehlerhaft, wenn es nicht den berechtigten Sicherheitserwartungen entspricht.
Zukünftig wird die Rechtsprechung vor allem bei technischen Produkten mehr Vorgaben machen:
Bei der Bewertung der Fehlerhaftigkeit soll in Zukunft auch berücksichtigt werden, ob das Produkt nach dem Verkauf weiterlernen kann und wie andere Produkte, die damit verwendet werden können, es beeinflussen. Auch mögliche Korrekturmaßnahmen wie Rückrufe und bei Produkten, die Schäden verhindern sollen das Risiko, wenn diese ihren Zweck nicht erfüllen.
Grundsätzlich bleibt der maßgebliche Zeitpunkt der Bewertung das Inverkehrbringen des Produkts.
Nur bei Produkten, die nach diesem Zeitpunkt weiterhin unter Kontrolle des Herstellers stehen tritt dieser Zeitpunkt erst ein, wenn der Hersteller keinerlei Kontrolle mehr über das Produkt hat.
Um den großen Haftungsrahmen wegen der Verschuldensunabhängigkeit der Haftung entgegenzuwirken wurde die Produkthaftung bislang mir finanziellen Haftungsgrenzen beschränkt.
Bei Sachschäden bestand bislang ein Bagatellvorbehalt von 500 Euro. Bei Schadensersatzpflichten für Gesundheitsschäden war die Grenze bei 85 Millionen gesetzt.
Zukünftig werden diese Haftungsgrenzen nicht mehr vorgesehen. In Zukunft können Unternehmen daher unabhängig von einem Verschulden völlig unbeschränkt haften.
Zwar erlöschen verschuldensunabhängige Produkthaftungsansprüche auch weiterhin grundsätzlich nach 10 Jahren nach Inverkehrbringen des Produkts.
Allerdings sehen die Neuerungen eine Ausnahme in den Fällen vor, in denen die Latenzzeit des Gesundheitsschadens länger ist.
In diesem Fall erlöscht der Anspruch erst nach 25 Jahren. Meist sind in einem solchen Zeitraum wichtige Dokumente und beteiligte Personen nicht mehr verfügbar.
Das europäische Parlament hat den Text zur Änderung bereits angenommen. Dieser wird nun noch sprachlich überarbeitet und soll bald im Berechtigungsverfahren verabschiedet werden.
Bereits im März 2024 wurde die neue EU-Produkthaftungsrichtlinie verabschiedet. Nun fehlt nur noch die formelle Zustimmung des Rates, damit die Reform des Produkthaftungsrechts in Kraft treten kann.
2 Jahre nach ihrem Inkrafttreten müssen Mitgliedstaaten dann die neuen strengen Produkthaftungsvorschriften in nationales Recht umgesetzt haben.
In Deutschlang müssen die Wirtschaftssektoren mit einer umfangreichen Änderung des Produkthaftgesetzes (ProdHaftG) rechnen.
Die Vorschriften gelten ab diesem Zeitpunkt für alle neu in den Verkehr gebrachten Produkte. Für bereits zuvor in den Verkehr gebrachte Produkte bleibt die alte Fassung weiterhin gültig.
Haben Sie noch Fragen rund um die Änderungen des ProdHaftG? Zögern Sie nicht unsere Experten des Wirtschaftsrechts zu fragen. Unsere spezialisierten Anwälte sind in allen Belangen für Sie da.
Die Neuerungen des ProdHaftG haben es in sich. Nicht nur Haftungserweiterungen, sondern auch Offenlegungspflichten und Beweislasterleichterungen können Ihrem Unternehmen schaden. Unser Team macht für Sie den rundum Check: Wir prüfen Ihre Versicherungsverträge und schließen Haftungslücken. Mit unserem Team an Ihrer Seite schützen Sie Ihr Unternehmen auch vor Gericht. Wir finden für Sie eine maßgeschneiderte Lösung. Vereinbaren Sie noch heute ein unverbindliches Erstgespräch mit unserem Team.