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Mit Urteil vom 14. Dezember 2021 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe eine unerlaubte Diskriminierung festgestellt, wenn in einem Online-Shop nur die Auswahlmöglichkeiten von zwei Geschlechtern zur Verfügung steht. Dass dies jedoch nicht automatisch Ansprüche auf Unterlassung oder Entschädigung begründet, hat das OLG in zweiter Instanz bestätigt.
Die klagende Person hatte im Herbst 2019 auf der Website des beklagten Bekleidungsunternehmens verschiedene Kleidungsstücke bestellt. Als die Daten zur Anrede abgefragt wurden, konnte die klagende Person nur zwischen „Frau“ und „Herr“ auswählen. Eine weitere – geschlechtsneutrale – Option war nicht gegeben. Die Person hat aufgrund ihrer nichtbinären Geschlechtsidentität im Personenstandsregister beim Standesamt „keine Angabe“ unter der Rubrik „Geschlecht“ gemacht. Eine Auswahl zwischen „Frau“ oder „Herr“ wurde ihr von dem Bekleidungsgeschäft „aufgezwungen“. Das OLG Karlsruhe sieht hier unter Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eine Benachteiligung wegen des Geschlechts und eine Verletzung im Allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Das Begehren der klagenden Person – eine Entschädigung in Höhe von 2.500€ und eine Unterlassung – konnte jedoch weder von der Erstinstanz, dem Landgericht Mannheim im Mai 2021, noch von der Berufungsinstanz bestätigt werden. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich.
Der begehrte Anspruch auf Unterlassung kann mangels erforderlicher Wiederholungsgefahr nicht bestätigt werden. Das beklagte Bekleidungsunternehmen hat zwischenzeitlich im Anredefeld neben den Bezeichnungen „Frau“ und „Herr“ die geschlechtsneutrale Anredemöglichkeit „Divers/keine Anrede“ aufgenommen. Zudem wird die klagende Person bei der Auswahl dieses Feldes nur noch mit der Höflichkeitsform „Guten Tag [Vorname Nachname]“ angesprochen. So wird ihr nicht mehr zugemutet, sich mit einer geschlechtsspezifischen Anrede einer Identität zuzuordnen, die der eigenen nicht entspricht. Weitere Verletzungen des Benachteiligungsverbots aufgrund des Geschlechts sind demnach nicht zu erwarten.
Auch der Anspruch auf Entschädigung wurde in zweiter Instanz abgelehnt. Vorab ist festzuhalten, dass nicht jede Berührung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts automatisch einen Anspruch auf Geldentschädigungen auslöst. Vielmehr sind nur solche Eingriffe entschädigungspflichtig, die eine schwerwiegende Verletzung und gewisse Intensität der Herab- und Zurücksetzung darstellen. Gemessen wird dies zum Beispiel am Grad des Verschuldens. Im vorliegenden Fall kam es dem beklagten Unternehmen jedoch ersichtlich nicht darauf an, einer kaufinteressierten Person eine Angabe ihrer geschlechtlichen Zuordnung abzuverlangen. Zweck der Auswahl war lediglich eine korrekte Anrede finden zu können. Zudem fand die Benachteiligung nicht etwa im öffentlichen Raum statt, sondern nur im privaten Bereich. Die Beklagte hat sich zudem auf erste Beschwerde hin bemüht, das Anliegen durch eine Änderung des Internetauftritts Rechnung zu tragen.
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