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Die Auswirkungen des Brexits auf das Arbeitsrecht


Brexit zieht im Arbeitsrecht erhebliche Auswirkungen mit sich – eine Übersicht

brexit,euDie Auswirkungen des Brexits auf das Arbeitsrecht sind teilweise erheblich und sorgen zudem für Unklarheiten. Das Austrittsabkommen vom 17.10.2019 (AuA) sowie das Handels- und Kooperationsabkommen vom 30.12.2020 (HKA) konnten diese Unklarheiten nur teilweise beseitigen und es bleibt deswegen zu hoffen, dass die Gesetzgeber klarere und verständlichere Regelungen für die arbeitsrechtlichen Fragen schaffen werden. Aus diesem Grund wollen wir mit diesem Beitrag eine kurze Übersicht über das Brexit-Arbeitsrecht und seine Folgen liefern.

Fast deckungsgleiche Übernahme der Regelungen zur Sozialversicherung

Zum einen ist das europäische Recht zur Koordinierung der Sozialversicherung mit dem Brexit außer Kraft getreten. Allerdings haben sich die Parteien, d.h. EU und Vereinigtes Königreich, in einem Protokoll zum HKA auf eine fast deckungsgleiche Übernahme der Regelungen, wie sie auch schon vorher bestanden, geeinigt. Dies bedeutet, dass sich die Sozialversicherungspflicht weiterhin nach dem gewöhnlichen Beschäftigungsort richtet (Art. SSC.10 des Protokolls) und zwar auch dann noch, wenn ein Arbeitnehmer, der gewöhnlich in der EU oder im Vereinigten Königreich tätig ist und von seinem Arbeitgeber für nicht mehr als 24 Monate in das jeweils andere Gebiet geschickt wird, um dort die Arbeitsleistungen im Namen des Arbeitgebers zu erbringen und keinen anderen Mitarbeiter ablöst (Art. SSC.11).

Es gilt so lang das Sozialversicherungsrecht des Wohnsitz-Landes, wenn der Arbeitsnehmer dauerhaft in mehr als einem Land arbeitet, wie dort der wesentliche Teil der Beschäftigung erfolgt. Bestehen hiervon Abweichungen, so gilt das Recht desjenigen Landes, in welchem der Arbeitgeber seinen Sitz hat (Art. SSC.12).

Dienstleistungsfreiheit: Erbringungen von Dienstleistungen nur noch mit Genehmigung möglich

Durch die Auflösung der rechtlichen Verflechtung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ist auch die Dienstleistungsfreiheit erloschen. Dies bedeutet, dass die Erbringung von Dienstleistungen im jeweils anderen Gebiet im Grundsatz und mit einigen Ausnahmen nur noch mit Genehmigung möglich ist.

Entsprechende Genehmigungen werden durch das Vereinigte Königreich und die EU gem. Anhang SERVIN-4 Nr. 1 zum HKA erteilt. Die sogenannten „Erbringer vertraglicher Dienstleistungen“, für die eine solche Genehmigung eingeholt werden muss, sind gem. Art. SERVIN 4.1 Nr. 5 b HKA natürliche Personen, die für eine juristische Person aus dem Vereinigten Königreich oder der EU tätig werden. Die juristische Person ist hierbei nicht in dem jeweils anderen Gebiet niedergelassen und hat einen Dienstvertrag für eine Dauer von maximal zwölf Monaten geschlossen, welcher die Anwesenheit von Angestellten in dem Gebiet erfordert. Gem. Anhang SERVIN-4 zum HKA werden derartige Genehmigungen nur für bestimmte Tätigkeiten und Branchen erteilt.

Eine weitere Voraussetzung für solch eine Genehmigung ist, dass die betroffenen Angestellten der juristischen Person die zu erbringende Dienstleistung seit mindestens einem Jahr vor der Beantragung angeboten haben. Des Weiteren müssen sie einen Hochschulabschluss oder eine gleichwertige Qualifikation vorweisen können sowie über mindestens drei Jahre Berufserfahrung seit ihrer Volljährigkeit verfügen. Zuletzt dürfen die Angestellten keine Vergütung von einer im Gastland ansässigen Stelle erhalten und müssen die gesetzlich erforderliche Berufsqualifikation zur Ausübung der Tätigkeit im Gastland innehaben.

Ausnahmen von dem Erfordernis einer Genehmigung

Es gibt durch das HKA jedoch auch Ausnahmen von dem Grundsatz, dass die Erbringung von Dienstleistungen eine Genehmigung erfordert. Eine Ausnahme gilt u.a. für Geschäftsreisende, die nur für kurze Zeit einreisen (Art. SERVIN 4.3 HKA). Solchen Geschäftsreisenden sind bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten gestattet, wie z.B. die Teilnahme an Vertragsverhandlungen oder anderen Meetings. Voraussetzung ist hierfür allerdings, dass sie keine Vergütung aus dem Gastland erhalten. Für solche Geschäftsreisenden ist der Aufenthalt für bis zu 90 Tage in einem Sechsmonatszeitraum gestattet.

Eine zweite Ausnahme gibt es für Führungskräfte innerhalb einer juristischen Person, welche ausschließlich zur Gründung eines Unternehmens der juristischen Person einreisen (Art. SERVIN 4.2 Nr. 1 a), ii) HKA iVm Art. SERVIN 4.1 Nr. 5 a) HKA). Auch solchen Geschäftsreisenden “zu Niederlassungszwecken” ist der Aufenthalt bis zu 90 Tage in einem Sechsmonatszeitrum gestattet.

Eine dritte Ausnahme besteht für „unternehmensintern transferierte Personen“, d.h. solche, die seit mindestens einem Jahr als Führungskräfte oder Spezialisten oder seit mindestens sechs Monaten als Trainees bei einer juristischen Person in einem der beiden Gebiete tätig sind und vorübergehend in das andere Gebiet versetzt werden (Art. SERVIN 4.2 Nr. 1, a), i), iii) HKA iVm Art. SERVIN 4.1 Nr. 5 d) HKA). Führungskräften und Spezialisten ist der Aufenthalt bis zu drei Jahre und Trainees bis zu einem Jahr gestattet.

Arbeitsnehmerfreizügigkeit hat durch Brexit ihr Ende gefunden

Mit Ablauf des 31.12.2020 hat auch die Arbeitnehmerfreizügigkeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ihr Ende gefunden, sodass ohne Visum nicht mehr im jeweils anderen Gebiet gelebt und gearbeitet werden kann. Die Bürger müssen sodann einen Aufenthaltstitel bei der zuständigen Auslandsvertretung beantragen, dessen Erhalt insbesondere für EU-Bürger im Vereinigten Königreich nicht selbstverständlich ist. EU-Bürgern im Vereinigten Königreich oder Bürgern des Vereinigten Königreichs in der EU, die bisher in dem jeweiligen Gebiet gelebt haben, sowie deren Familienangehörigen kommen gewisse Bestandsschutzregeln zu. Es kommt auch denjenigen Personen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu, die sich bis zum 31.12.2020 für mindestens fünf Jahre ununterbrochen rechtmäßig im jeweils anderen Gebiet aufgehalten haben (siehe Art. 15 AuA). Personen, deren Aufenthalt nicht ununterbrochen fünf Jahre betrag, erhalten auf Antrag ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht bis die fünf Jahre erreicht sind (vgl. Art. 16 AuA).

Keine Verpflichtung für das Vereinigte Königreich zum Betriebsübergang

Des Weiteren besteht auch keine Verpflichtung mehr für das Vereinigte Königreich die EU-Vorschriften zum Betriebsübergang im nationalen Recht aufrecht zu erhalten. Allerdings ist davon auszugehen, dass die bisherige Vorgehensweise, dass bei einem Betriebsübergang sämtliche Arbeitnehmer, die zu dem Betrieb gehören, mit auf den Erwerber übergehen, auch in Zukunft weiter durch die EU-Vorschriften geregelt wird.

Keine Arbeitnehmerüberlassung nach Deutschland mehr

Grundsätzlich kommt das Recht der Arbeitnehmerüberlassung nach Deutschland nur Verleihern aus EU- oder EWR-Mitgliedstaaten zu (§ 3 IV AÜG), sodass Unternehmen, welche im Vereinigten Königreich ansässig sind, die Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr nach Deutschland betreiben können. Gleiches gilt auch andersherum (§ 3 II AÜG). Es besteht eine vereinbarte Überlassungsdauer zu deren Ablauf die bestehenden Überlassungsverhältnisse enden.

Regelungen zum europäischen und zum SE-Betriebsrat erlöschen

Die Regelungen zum europäischen und zum SE-Betriebsrat gelten auch für Unternehmen in EWR-Mitgliedstaaten. Da das Vereinigte Königreich mit dem Brexit jedoch auch aus dem EWR ausgeschieden ist, finden diese Regelungen dort keine Anwendung mehr. Dies bedeutet, dass für Mitglieder eines europäischen oder eines SE-Betriebsrats kein Anspruch mehr auf Informationen und Konsultationen gegenüber einer Konzernleitung aus dem Vereinigten Königreich besteht, aber auch dass Arbeitnehmer aus dem Vereinigten Königreich ihren Anspruch auf Mitarbeit in den Gremien verloren haben.

Bestehende Mandate erlöschen mit sofortiger Wirkung, was dazu führen kann, dass sich die Zusammensetzung der Betriebsräte in den betroffenen Unternehmen ändert. Ein Problem besteht darin, dass europäische Betriebsräte hierdurch die Schwellenwerte unterschreiten könnten, welche gem. § 3 EBRG für die Errichtung erforderlich sind. Dies hat wiederum zur Folge, dass die Existenz solcher Betriebsräte erlischt, sofern die Unterschreitung des Schwellenwertes am 31.12.2020 auf sie zutraf.

Die zentrale Leitung des Unternehmens hat jedenfalls ein Recht zur außerordentlichen Kündigung.

 


SBS Legal – Rechtsanwälte für Arbeitsrecht

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