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Durch die Globalisierung gewinnt das Internet immer mehr an Bedeutung, so auch für den Geschäftsverkehr. Schon lange wird für die Nachrichtenübermittlung auch E-Mails genutzt, so auch im geschäftlichen Alltag.
So können Nachrichten schnell und einfach überbracht werden. Doch neben den enormen Vorteilen birgt dies auch Risiken, die die Anforderungen an die Rechtssicherheit immer höher werden lassen. Nun wurde der Bundesgerichtshof wieder vor eine große Frage gestellt:
Wann ist eine E-Mail im B2B zugegangen?
Der BGH hat nun mit Urteil vom 06.10.2022 (Az. VII ZR 895/21) über den Zugang einer E-Mail im unternehmerischen Geschäftsverkehr entschieden: Grundsätzlich gilt sie als zugegangen, wenn sie innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird.
Auf eine tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an.
Im vom BGH zu entscheidenden Fall beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der Erbringung von Metallbau- und Fassadenbegrünungsarbeiten.
Nach Abrechnung der Arbeiten wies die Beklagte die Zahlung eines Betrages von 254.335,77€ an. Die Beklagte sandte der Klägerin danach eine Abrechnungsvereinbarung zu und wies als Schlusszahlung einen Betrag von 14.538,36€ an.
Die Klägerin widersprach diesem aufgrund von der Beklagten vorgenommenen Kürzungen und forderte die Beklagte zu einer weiteren Zahlung in Höhe von 14.347,23€ nebst Anwaltskosten auf.
Daraufhin bot die Beklagte die Zahlung der Summe an, unter der Voraussetzung der Erledigung der Sache.
Durch ihre anwaltlichen Vertreter antwortete die Klägerin, dass neben den Anwaltskosten sich die Schlussrechnung auf 14.347,23€ berufen und keine weiteren Forderungen gestellt würden.
Diese E-Mail ging bei der Beklagten um 09:19 Uhr ein.
Mit E-Mail um 09:56 Uhr erklärten die anwaltlichen Vertreter der Klägerin, dass eine abschließende Prüfung der Restforderung noch nicht durchgeführt wurde, die vorangegangene E-Mail daher keine Berücksichtigung finden dürfe.
Nach weiterer Forderung von 22.173,17€ überwies die Beklagte den vorher geforderten Betrag von 14.347,23€ nebst Anwaltskosten.
Die Beklagte weigert sich und stützt sich auf den ihr vorher zugegangenen und angenommenen Vergleich.
Das Gericht stellte nun klar, dass die Parteien mit der vorangegangenen E-Mail tatsächlich einen Vergleich im Sinne des § 779 Bürgerliches Gesetzbuch geschlossen haben.
Ein Vergleich i.S.d. § 779 BGB ist ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird.
Voraussetzungen eines Vergleichs:
Die Beklagte hat mit ihrem Angebot auf Zahlung der Kosten ein Angebot auf einen Vergleich gemacht. Mit der E-Mail der Klägerin um 09:19 Uhr änderte sie dieses ab und machte somit ein neuen, auf Abschluss eines Vergleiches zielendes, Angebot.
§150 Abs. 2 BGB:
„Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag.“
Dieses hat die Beklagte konkludent, durch Anweisung des darin geforderten Betrags, angenommen.
Doch wie ist die zweite E-Mail der Klägerin zu werten, in der sie klargestellt hat, dass eine endgültige Feststellung der Forderungshöhe noch ausstehe und die erste E-Mail keine Berücksichtigung finden dürfe?
Der BGH hat dazu entschieden, dass mit der nachfolgenden E-Mail das Angebot weder wirksam angefochten noch wirksam widerrufen oder zurückgenommen wurde.
Gemäß § 130 Abs. 1 BGB wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht.
Sie wird jedoch nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.
Ein Widerruf wäre in dem Fall also nur möglich, wenn die zweite E-Mail als vorher oder gleichzeitig zugegangen gilt.
Der Zugang einer Willenserklärung unter Abwesenden setzt voraus, dass sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.
Doch der ewige Streit wann eine E-Mail als zugegangen gilt ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt.
Der BGH hat in seinem Urteil deutlich gemacht, dass der Streitfall keinen Anlass dafür gibt die Rechtsfrage umfassend zu beantworten. Denn wenn die streitgegenständliche E-Mail im unternehmerischen Geschäftsverkehr innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass sie dem Empfänger auch zu diesem Zeitpunkt zugegangen ist. Dies ist eine Besonderheit im B2B-
Dadurch war der in der Folgemail erklärte Widerruf um 09:56 Uhr verspätet und stellt keinen wirksamen widerruf dar.
Näheres zum Thema B2B können sie in unserem Artikel lesen:
Doch war die rechtzeitige Annahme der Beklagten noch möglich? Denn diese hat die Zahlung erst nach Erhalt der neuen Forderung der Klägerin angewiesen.
Die Annahmefrist ist in § 147 BGB geregelt. Gemäß § 147 Abs. 2 BGB kann der einem Abwesendem gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.
Die Frist setzt sich hier aus der Zeit für die Übermittlung des Antrags an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden zusammen. Die übliche Frist liegt hier bei zwei bis drei Wochen
Die Tatsache, dass die Annahme der Beklagten nach dem Eingang der zweiten E-Mail der Klägerin, die den Willen enthält, dass diese nicht an dem Vergleichsangebot festhalten wolle erfolgt ist, findet auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben keine Berücksichtigung.
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