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Stellen Sie sich vor: Eine GmbH steht ohne handlungsfähige Geschäftsführung da. Der Geschäftsbetrieb droht stillzustehen, wichtige Verpflichtungen können nicht erfüllt werden und die Existenz des Unternehmens steht auf dem Spiel.
In solchen kritischen Situationen bietet das deutsche Recht eine wichtige Lösung: den Notgeschäftsführer. Besonders bei schwerwiegenden internen Konflikten, etwa zwischen verschiedenen Gesellschafterfraktionen einer GmbH, wird die Bestellung eines Notgeschäftsführers gemäß § 29 BGB unerlässlich.
Diese Notlösung sichert die Handlungsfähigkeit der GmbH und die Erfüllung ihrer rechtlichen Verpflichtungen. Der Notgeschäftsführer übernimmt alle Rechte und Pflichten der regulären Geschäftsführung, um den Fortbestand des Unternehmens zu gewährleisten.
Die rechtliche Grundlage für die Bestellung eines Notgeschäftsführers variiert je nach Gesellschaftsform. Bei Aktiengesellschaften gibt es klare Gesetze, während es bei der GmbH komplizierter ist.
Im GmbH-Gesetz fehlt eine Regelung zur Bestellung eines Notgeschäftsführers, weshalb § 29 BGB, ursprünglich für Vereine konzipiert, analog auf die GmbH anwendbar ist. Dieser erlaubt es dem Amtsgericht, in dringenden Fällen fehlende Vorstandsmitglieder zu bestellen. Das zuständige Registergericht kann somit einen Notgeschäftsführer bestellen, jedoch nur zeitlich begrenzt, bis der Mangel in der Geschäftsführung behoben ist.
Die Aktiengesellschaft hat gemäß § 85 AktG eine spezielle Regelung zur Notbestellung von Vorstandsmitgliedern, im Gegensatz zur GmbH. Dies liegt an den strengeren Regelungen des Aktiengesetzes.
Das GmbH-Gesetz regelt in §§ 6 und 35 die Bestellung und Vertretungsberechtigung von Geschäftsführern. Diese Grundregeln sind auch bei der Bestellung eines Notgeschäftsführers zu beachten.
Die Bestellung eines Notgeschäftsführers stellt einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Gesellschafter sowie einen schwerwiegenden Eingriff in die Gesellschaftsautonomie dar. Deshalb sind die Voraussetzungen eng auszulegen. Das Registergericht prüft besonders sorgfältig, ob die Bestellung tatsächlich erforderlich und dringlich ist.
Bei einer GmbH mit zwei zerstrittenen Familienstämmen als Gesellschafter wurde die Bestellung eines Notgeschäftsführers als zulässig erachtet, da die Gesellschaft sonst handlungsunfähig gewesen wäre.
Die Bestellung eines Notgeschäftsführers erfolgt ausschließlich auf Antrag eines Beteiligten. Das Registergericht wird nicht von Amts wegen tätig. Antragsberechtigt sind neben den Gesellschaftern auch Gläubiger oder andere Personen mit berechtigtem Interesse an der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft.
Eine GmbH muss als juristische Person stets einen handlungsfähigen Geschäftsführer haben. Folgende Situationen können zum Fehlen der Geschäftsführung führen:
Besonders kritisch wird es, wenn der Geschäftsführer zugleich Alleingesellschafter ist. In diesem Fall kann er bei eingeschränkter Handlungsfähigkeit weder als Geschäftsführer agieren noch als Gesellschafter einen neuen Geschäftsführer bestellen.
Ein Notgeschäftsführer wird nur bestellt, wenn keine andere Möglichkeit zur Beseitigung der Handlungsunfähigkeit vorhanden ist. Ein dringender Fall liegt vor, wenn:
Allerdings reicht es grundsätzlich nicht aus, wenn die Geschäftsführung lediglich unzweckmäßig ausgeübt wird oder der Geschäftsführer nur vorübergehend verhindert ist.
Eine Notgeschäftsführerbestellung ist ausgeschlossen, wenn:
Außerdem ist die Bestellung eines Notgeschäftsführers kein Instrument zur Klärung von Gesellschaftermeinungsverschiedenheiten. Gesellschafter sollten hierfür frühzeitig Vorsorge treffen, etwa durch entsprechende Regelungen zur Konfliktlösung wie die Einbindung eines Beirates oder Mediationsverfahren.
Der Weg zur Bestellung eines Notgeschäftsführers führt über mehrere wichtige Schritte, die sorgfältig beachtet werden müssen.
Die Bestellung eines Notgeschäftsführers erfolgt ausschließlich auf Antrag beim zuständigen Amtsgericht am Sitz der Gesellschaft. Antragsberechtigt sind dabei:
Das Registergericht prüft vor der Bestellung folgende Aspekte:
Darüber hinaus kann das Gericht eine Stellungnahme der Gesellschafter einholen, ist an diese allerdings nicht gebunden.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach §§ 79, 61 Abs. 1 Satz 1, 67 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG. Besonders wichtig: Die Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben und außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Das Verfahren folgt einem strukturierten Ablauf:
Die Bestellung endet automatisch, sobald ein regulärer Geschäftsführer bestellt wird.
Für eine reibungslose Abwicklung empfiehlt es sich, frühzeitig einen Notar einzuschalten, der die Anmeldung elektronisch beim Handelsregister einreichen kann. Dies beschleunigt den Prozess und minimiert das Risiko formaler Fehler.
Nach der erfolgreichen Bestellung übernimmt der Notgeschäftsführer eine zentrale Position in der GmbH. Seine Befugnisse und Verantwortlichkeiten sind dabei klar definiert.
Der Notgeschäftsführer verfügt grundsätzlich über die gleichen Befugnisse wie ein regulär bestellter Geschäftsführer. Allerdings kann das Registergericht im Einzelfall die Geschäftsführungsbefugnis auf bestimmte Handlungen beschränken. Dies betrifft besonders:
Anders als der Vorstand einer Aktiengesellschaft unterliegt der Notgeschäftsführer einer eingeschränkten Leitungsautonomie. Dabei gilt:
Die Position des Notgeschäftsführers birgt besondere Haftungsrisiken. Folgt er rechtmäßigen Weisungen der Gesellschafter, ist er grundsätzlich von der Haftung befreit. Dennoch bestehen wichtige Einschränkungen:
Besonders beachtenswert: Der Vergütungsanspruch des Notgeschäftsführers richtet sich ausschließlich gegen die GmbH. Er trägt somit das Risiko, sich zum Geschäftsführer einer zahlungsunfähigen Gesellschaft bestellen zu lassen.
Das Amt endet automatisch mit der Bestellung eines regulären Geschäftsführers. Allerdings können die Gesellschafter den Notgeschäftsführer - anders als einen regulären Geschäftsführer - nicht selbst abberufen. Diese Befugnis liegt ausschließlich beim Registergericht.
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Die Bestellung eines Notgeschäftsführers stellt einen wichtigen rechtlichen Mechanismus dar, der die Handlungsfähigkeit einer GmbH in kritischen Situationen sichert. Allerdings sollten Gesellschafter diese Option als letzten Ausweg betrachten und präventive Maßnahmen in der Gesellschaftssatzung verankern.
Die Praxis zeigt, dass eine sorgfältige Vorbereitung und rechtliche Beratung unerlässlich sind. Die komplexen Anforderungen an die Bestellung, die zeitliche Befristung und die besonderen Haftungsrisiken erfordern eine gewissenhafte Abwägung aller Handlungsoptionen.
Für GmbH-Inhaber empfiehlt sich eine vorausschauende Planung, die mögliche Führungskrisen bereits im Vorfeld berücksichtigt und entsprechende Handlungsalternativen vorsieht.
Wir stehen Ihnen mit fachkundiger Beratung zur Seite. Ob bei der Bestellung eines Notgeschäftsführers oder der Klärung rechtlicher Aspekte – wir helfen Ihnen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden und Ihre Gesellschaft rechtssicher zu führen. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung!