Rechtsanwalt & Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
T (+49) 040 / 7344 086-0
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
T (+49) 040 / 7344 086-0
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Spezialist für Arbeitsrecht, Zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV)
T (+49) 040 / 7344 086-0
Blog News
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) schützt grundsätzlich nur denjenigen, der unmittelbar verletzt wurde. Es kann also nicht auch derjenige dagegen vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen betroffen ist.
Nun entschied der Bundesgerichtshof: Eine vom Recht auf Achtung der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein.
Die Beklagte veröffentlichte zwei Artikel in den von ihr verlegten Zeitschriften „neue Woche“ und „viel Spaß“, die die Umstände des Todes der Ehefrau des Klägers thematisieren. Der Kläger verlangte die Unterlassung und Verbreitung dieser Wortberichterstattung. Die Beklagte begehrte hingegen die Klageabweisung.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistet. Demnach steht jedermann ein autonomer Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört aber eben auch das Recht für sich zu sein, sich selbst zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Man kann über seine Privatsphäre selbst entscheiden. Dieses Recht hat einen räumlichen, aber auch thematischen Umfang. Der Schutz umfasst demnach thematisch insbesondere die Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden.
Der BHG sah im vorliegenden Fall sowohl den räumlichen als auch den thematischen Bereich betroffen. Somit liegt ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor. Der Schwerpunkt liegt hier jedoch auf letzterem: Der Kläger war in der geschilderten Situation höchster emotionaler Belastung ausgesetzt. Auch die Mitteilung, dass das Unglück beim gemeinsamen Schwimmen geschah, beeinträchtigt nicht nur die Privatsphäre der Verunglückten, sondern auch unmittelbar die des Klägers. Die Geschehnisse beim Schwimmen sind nämlich erst der Anlass für die darauffolgenden Rettungsmaßnahmen des Klägers.
Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme würde nur dann entfallen, wenn der Betroffene sich selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass die Angelegenheit öffentlich gemacht wird. Hier hat der Kläger durch seinen Anwalt nur das unerwartete Ableben seiner Frau mitteilen lassen mit der zusätzlichen Bitte, dass keine weiteren Angaben gemacht werden. Er hat also deutlich gemacht, dass er mit der Weitergabe von Informationen eben nicht einverstanden ist.
Der Klägerin steht natürlich grundsätzlich ein Recht auf freie Meinungsäußerung bzw. Meinungsfreiheit zu. Dies wird durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art 10 EMRK geschützt.
Doch immer, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht auf ein anderes Recht trifft, muss abgewogen werden, welches im konkreten Fall eine größere Reichweite hat. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest. Es müssen vor allem die besonderen Umstände des Einzelfalls genau betrachtet werden.
Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist demnach nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
Die Abwägung im vorliegenden Fall findet zwischen dem Interesse des Klägers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts und dem Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit statt. Vorliegend handelt es sich bei den Äußerungen der Beklagten um wahre Tatsachenbehauptung, die die Privatsphäre des Klägers betreffen. Hier ist von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen.
Als wesentlicher Bestandteil der Presse- und Meinungsfreiheit gehört auch, dass die Medien grundsätzlich nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für Wert halten und was nicht.
So machte der BGH deutlich:
„Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist“ (vgl. nur Senatsurteil vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, AfP 2021, 32 Rn. 23 mwN).
Für die Beurteilung ob ein Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung vorliegt, gibt es einige Kriterien, die für die Beurteilung herangezogen werden. Ob und in welchem Ausmaß die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet, hängt von mehreren Punkten ab:
Zunächst ist die Rolle des Betroffenen von Wichtigkeit. Denn eine in der Öffentlichkeit unbekannte Person kann einen besonderen Schutz ihres Privatlebens beanspruchen. Eine Person des öffentlichen Lebens kann hiervon nicht profitieren.
Des weiteren spielt auch die Art der Berichterstattung eine Rolle. Denn es wird zwischen der Berichterstattung über Tatsachen, die einen Beitrag zu einer Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft leisten kann, zum Beispiel eine Berichterstattung über Politiker bei der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte, und einer Berichterstattung über Einzelheiten des Privatlebens einer Person, die nicht solche Aufgaben hat, unterschieden.
Vor allem aber ist die Intensität des Eingriffs bei der Beurteilung zu beachten. Eine geringe Intensität liegt vor, wenn es sich um zutreffende Tatsachen handelt, die als belanglos gelten oder sich nur oberflächlich mit der Person beschäftigen.
Im vorliegenden Fall kann man als Ergebnis festhalten, dass es sich zwar durchaus um ein Thema handelt, dass eine sachbezogene Debatte auslösen kann, da ein plötzlicher Tod in jungem Alter im Urlaub und einzuleitende oder eingeleitete Rettungsmaßnahmen durchaus dem Interesse der Öffentlichkeit anzuerkennen sind.
Der BGH entschied jedoch, dass der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers so gewichtig ist, dass die Berichterstattung als rechtswidrig einzustufen sei.
Die Begründung hierfür liegt darin, dass in der Berichterstattung eine der Öffentlichkeit abgewandten Situation geschildert wird, die allein den Kläger betreffen. Auch gewähren die Artikel einen Einblick in den außergewöhnlichen emotionalen Zustand des Klägers
Wir werden jeden Tag von Medien begleitet. Nicht immer sind die Darstellungen schmeichelhaft oder verletzten sogar Rechte. Das Medienrecht regelt die Nutzung von Information und Kommunikation, betrifft aber auch die Darstellung von Personen und Unternehmen.
Wir als spezialisierte Anwälte für Medienrecht helfen Ihnen gerne bei jeglichen Belangen: Wir sorgen dafür, dass sich die Medien and ihre Pflichten halten und bei Rechtsverletzungen reagieren und haften.
Kontaktieren Sie uns einfach via E-Mail, Direktkontaktformular oder per Telefon oder besuchen Sie unsere Social Media Plattformen auf Facebook, Instagram, Twitter oder LinkedIn.