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Handelsvertreter müssen Provisionsvorschüsse unter Umständen nicht zurückzahlen. Grund dafür kann eine unwirksame Klausel sein. Grundsätzlich ist ein Erschwernis einer Kündigung bei einem Handelsvertretervertrag verboten, dies wird gem. § 89a Absatz 1 Satz 2 HGB geregelt. Sollte eine Rückzahlungsklausel vorliegen, die die Kündigung erschwert, ist diese unwirksam. Das kann dazu führen, dass ein Handelsvertreter die Provisionsvorschüsse nicht zurückzahlen muss. Dies entschied der BGH kürzlich in einem Urteil vom 19. Januar 2023 (Az. VII ZR 787/21).
In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um einen Handelsvertreter, der für ein Möbelunternehmen tätig war. Dieser Handelsvertreter erhielt pauschal Provisionsvorschüsse. Vertraglich war vereinbart, dass der Handelsvertreter die Vorschüsse mit den verdienten Provisionen ausgleichen soll.
Die von dem Handelsvertreter monatlich verdienten Provisionen lagen allerdings unter den Vorauszahlungen. Eine vertragliche Vereinbarung, die während der Vertragslaufzeit vereinbart wurde, besagte daraufhin, dass ein auflaufender Saldo als Darlehen gewährt werden soll und mit 3.5% pro Jahr verzinst werden. Der Vertrag wurde beendet. Das Unternehmen verklagte den Handelsvertreter nach Beendigung auf Rückzahlung des Darlehens in Höhe von fast 55.000€.
Ist die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen vertraglich vereinbart, kann die Rückzahlung unter Umständen an einer unwirksamen Klausel scheitern. Die fragliche Klausel im vorliegenden Fall besagte:
„Im Falle der Beendigung des Handelsvertretervertrages vom 26. Juli 2013 sind die Restschuld des Darlehens und die zum Stichtag des Vertragsbeendigung abgelaufenen Zinsen in einer Summe sofort fällig. Hierbei ist es unerheblich, durch wen und aus welchem Grund der Vertrag beendet wurde.“
Während das Landgericht Mönchengladbach die Klage des Möbelunternehmens abwies, erkannt das Oberlandesgericht Düsseldorf den Anspruch an. Das Oberlandesgericht erkannt den Anspruch allerdings nur Zug um Zug gegen Erteilung eines Buchauszuges an. Das Oberlandesgericht hatte die Vereinbarung zwar ebenfalls für unwirksam betrachtet, allerdings war das Gericht der Ansicht, dass der Handelsvertreter sich aufgrund der unwirksamen Klausel rechtsgrundlos bereichert hat, sodass dem Unternehmer ein Anspruch aus Bereicherungsrecht gem. § 812 BGB zusteht.
Der BGH entschied anders und gab dem beklagten Handelsvertreter Recht. Der § 89a Absatz 1 Satz 2 HGB normiert eine Kündigungsfreiheit. Danach kann das Vertragsverhältnis von beiden Parteien aus einem wichtigen Grund fristlos gekündigt werden. Dieses Recht kann nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Der BGH hat diese Kündigungsfreiheit herangezogen und entschieden, dass eine Beschränkung der in § 89a Absatz 1 Satz 2 HGB geregelten Kündigungsfreiheit des Handelsvertreters nicht nur unmittelbar erfolgen kann, sondern auch bei mittelbaren Erschwernissen vorliegen kann. Eine mittelbare Erschwernis kann etwa in Form von finanziellen oder sonstigen Nachteilen vorliegen. Wann ein an die Vertragsbeendigung geknüpfter Nachteil ein so schwerer Nachteil ist, dass es als mittelbare Beschränkung der Kündigungsfreiheit gilt, ist im Einzelfall zu prüfen. Zu berücksichtigen ist dabei die Höhe der Zahlungen, die zurückerstattet werden müssen. Weiterhin kann der Zeitraum, für den sie zu erstatten sind, herangezogen werden.
Im vom BGH entschiedenen Fall stellt die Klausel eine solche Erschwernis dar. Das Darlehen ist vergleichbar mit einer Abrede über eine Vorschusszahlung auf die Provision, die bei Vertragsende fällig wird. Diese Abrede schränkt die Entscheidungsfreiheit des Handelsvertreter ein, sodass sie als unzulässige Beschränkung nach § 89 Absatz 1 Satz 2 HGB angesehen werden kann.
Die Kündigungsfreiheit in § 89 a Abs. 1 Satz 2 HGB dient als Schutzvorschrift für den grundsätzlich wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreter. Der Handelsvertreter soll nicht in seiner Entscheidungsfreiheit den Vertrag zu beenden beschränkt werden. Verstößt eine Vereinbarung gegen die gesetzliche Regelung, ist diese Regelung unwirksam. Demnach muss der Handelsvertreter in einem solchen Fall die erhaltenen Provisionsvorschüsse nicht zurückzahlen.
Auch scheiden andere Ansprüche des Unternehmers aus. Der Unternehmer kann die gewährten Vorauszahlungen nicht nach dem Bereicherungsrecht aus § 812 BGB zurückfordern. Sollte sich eine Rückzahlungsklausel als unwirksam darstellen, dient es gerade dem Schutz des Handelsvertreters, dass er nicht aus anderen Gründen zu einer Rückzahlung verpflichtet wird.
Der Fall wurde vom BGH zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück an das Oberlandesgericht Düsseldorf verwiesen, mit dem Hinweis, dass die Rechtsauffassung des BGH zu berücksichtigen ist.
Im Einzelfall kann also durchaus eine unwirksame Klausel dazu führen, dass Provisionsvorschüsse womöglich nicht mehr zurückgezahlt werden müssen.
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