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Der langwierige Rechtsstreit zwischen der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und dem Lebensmittelhersteller Dr. Oetker fand durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) sein Ende. Der BGH entschied, dass die Verpackung des Produkts „Dr. Oetker Vitalis Knuspermüsli Schoko + Keks“ angepasst werden musste. Die Klage des vzbv gegen Dr. Oetker war erfolgreich, da der Konzern gegen die Vorgaben zur Nährwertkennzeichnung gemäß Artikel 31 Absatz 3 der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) verstieß. Auf der Vorderseite der Müsli-Verpackung hatte Dr. Oetker mit irreführenden Nährwertangaben geworben.
Dr. Oetker führte auf der schmalen Seite der Müsli-Verpackung unter dem Titel „Nährwertinformationen“ sowohl den Energiegehalt als auch die wesentlichen Nährstoffe des Müslis auf. Hierbei wurden die Nährwertangaben für 100 Gramm des unverarbeiteten Müslis - so wie in der Verpackung zum Zeitpunkt des Verkaufs enthalten - bereitgestellt. Daneben wurden zusätzlich die Werte für 40 Gramm Müslimischung plus 60 Milliliter hinzugedachter Milch mit einem Fettgehalt von 1,5 % ergänzt und damit die Möglichkeit der Zubereitung des Müslis mit Milch berücksichtigt.
Auf der Vorderseite der Verpackung gab Dr. Oetker allerdings nur die Angaben zu Brennwert und Grundnährstoffen für die verarbeitete Portion von 100 Gramm, also für die Zusammensetzung aus 40 Gramm Müsli und 60 Milliliter Milch, wider. Informationen zur Referenzmenge von 100 Gramm des unverarbeiteten Müslis wurden jedoch nicht wiederholt abgedruckt. Der vzbv war nun der Ansicht, dass Dr. Oetker gegen die Bestimmungen der LMIV über die Nährwertkennzeichnungspflicht verstoße.
Die Vorinstanzen entschieden zugunsten von Dr. Oetker und wiesen die Klage zurück. Der Rechtsstreit fand schließlich seinen Weg bis zum BGH, wo die Auslegung von Artikel 31 Absatz 3 Unterabsatz 2 LMIV auf Unsicherheiten stieß.
(3) Der Brennwert und die Nährstoffmengen gemäß Artikel 30 Absätze 1 bis 5 sind diejenigen des Lebensmittels zum Zeitpunkt des Verkaufs.
Gegebenenfalls können sich diese Informationen auf das zubereitete Lebensmittel beziehen, sofern ausreichend genaue Angaben über die Zubereitungsweise gemacht werden und sich die Informationen auf das verbrauchsfertige Lebensmittel beziehen.
In diesem Zusammenhang sah sich der BGH gezwungen, das Verfahren mit einem aktuellen Vorlagebeschluss vom 23. Juli 2020 (Az. I ZR 143/19) auszusetzen.
Der BGH bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um eine Vorabentscheidung zur folgenden wesentlichen Frage: Gilt der betreffende Artikel ausschließlich für Lebensmittel, die eine spezifische Zubereitung erfordern und bei denen eine eindeutige Zubereitungsart festgelegt ist?
Diese Anfrage sei von entscheidender Bedeutung, da bei der Zubereitung von Müsli - anders als zum Beispiel bei Tütensuppen, wo lediglich eine einzige Zubereitungsart zur Verfügung steht - vielfältige Variationen möglich seien.
Der Zweck der maßgeblichen Vorschrift sei es, die Vergleichbarkeit von Produkten in unterschiedlichen Verpackungsgrößen Verbrauchern einfach und leicht verständlich zu ermöglichen. Diese Vergleichbarkeit sei aber bei Lebensmitteln mit unterschiedlichen Zubereitungsmöglichkeiten nicht unbedingt gewährleistet.
In seiner wegweisenden Entscheidung vom 11. November 2021 (Dr. Oetker, C-388/20) stellte der EuGH fest, dass Artikel 31 Absatz 3 LMIV ausschließlich für Lebensmittel gilt, die eine spezifische Zubereitung erfordern. Für Produkte, die auf vielfältige Weise zubereitet werden können – wie beispielsweise Müsli, das mit Milch, Joghurt oder Säften serviert werden könnte – ist es hingegen entscheidend, dass lediglich die Angabe von Brennwert und Nährstoffgehalten zum Zeitpunkt des Verkaufs eine sinnvolle Vergleichbarkeit ermöglicht und den Verbrauchern die notwendigen Informationen bereitstellt.
Dr. Oetker hat den Energiewert seiner Produkte durch die Verwendung von Mischportionen mit Milch irreführend erhöht. Der BGH teilte die Auffassung des vzbv und stellte fest, dass Dr. Oetker gegen die EU-LMIV verstoßen hatte. Gemäß dieser Verordnung sind Hersteller verpflichtet, den Energiewert pro 100 Gramm des Lebensmittels klar auszuweisen. Diese Regelung gilt auch, wenn die Angaben an anderer Stelle der Verpackung freiwillig wiederholt werden. Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn sich der Energiewert auf eine 100-Gramm-Portion des zubereiteten Produkts beziehen darf. Der BGH entschied jedoch, dass diese Ausnahme nicht für das vielseitig zubereitbare Müsli von Dr. Oetker gilt. Daher war das Unternehmen verpflichtet, die Angaben für 100 Gramm des unverarbeiteten Müslis zu machen.
Der BGH hat entschieden, dass Dr. Oetker unverzüglich die irreführend gekennzeichneten Müslis aus dem Handel nehmen muss. Eine Frist zur Veräußerung der bereits im Geschäft befindlichen Produkte wurde vom Gericht nicht gewährt. Dr. Oetker müsste sich bereits im Laufe des Rechtsstreits der Möglichkeit eines Prozessverlustes bewusst geworden sein, spätestens mit der EuGH-Entscheidung.
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