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Der Bundesgerichtshof (BGH) bekräftigte kürzlich einen Verbraucherschutzverband in der Annahme, eine Verpackung mit einer Füllmenge von lediglich zwei Dritteln als wettbewerbswidrige Mogelpackung zu qualifizieren. In diesen Fällen steht die Füllmenge in keinem angemessenen Verhältnis zur Verpackung.
Auslöser des Urteils war die Klage eines Verbraucherschutzverbandes gegen einen Vertreiber von Kosmetik- und Körperpflegeprodukten, der auf seiner Internetseite ein Herrenwaschgel in einer Kunststofftube vertrieben hat. Die Werbung auf der Website zeigte die Tube auf ihrem Verschlussdeckel stehend. Während der untere Teil der Verpackung transparent ist und den Inhalt durchscheinen lässt, wurde der Rest der Verpackung silbern eingefärbt. Das wettbewerbsrechtliche Problem dieser Gestaltung liegt in der Füllmenge: Die Tube wurde nur im durchsichtigen Bereich der Verpackung bis zum Beginn des gefärbten Bereichs befüllt. Weil sie eine tatsächlich nicht gegebene, nahezu vollständige Füllung der Verpackung suggeriert, hielt der Verbraucherschutzverband die Werbung für unlauter.
Der BGH bejahte einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 3 Nummer 3, § 3 Absatz 1 und 2 und § 5 Absatz 1 und 2 Nummer 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in Verbindung mit § 43 Absatz 2 des Mess- und Eichgesetzes. Unabhängig vom Vertriebsweg liegt eine wettbewerbswidrige Mogelpackung nach § 43 Absatz 2 MessEG immer dann vor, wenn die Fertigpackung ihrer Gestaltung und Befüllung nach in relevanter Weise über die relative Füllmenge täuscht.
Die übrigen Voraussetzungen des § 43 Absatz 2 MessEG müssen nicht zwingend erfüllt sein, da die Vorschriften des § 43 Absatz 2 MessEG wegen der vollharmonisierenden Wirkung von Artikel 3 und 4 der EU-Richtlinie 2005/20/EG keine Anwendung finden, soweit es wie hier um Handlungen von Unternehmen gegenüber Verbrauchern geht. Die Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung beurteilt sich daher nach § 5 UWG.
Nach § 5 Absatz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 5 Absatz 2 Nummer 1 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale einer Ware enthält. Zu derartigen Merkmalen gehört auch die Menge des Produkts.
Eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung über die relative Füllmenge liegt unabhängig von dem Werbemedium grundsätzlich dann vor, wenn die Verpackung des Produkts nicht in einem angemessenen Verhältnis zur enthaltenen Füllmenge steht. Ein derartiger Verstoß gegen § 5 Absatz 1 und 2 Nummer 1 UWG liegt in diesem Fall vor, weil die Tube nur zu zwei Dritteln gefüllt ist und weder die Aufmachung der Verpackung das Vortäuschen einer größeren Füllmenge zuverlässig verhindert noch die gegebene Füllmenge auf technischen Erfordernissen beruht.
Auch die Verbraucherzentrale Hamburg prüft Mogelpackungen. Zur "Mogelpackung des Monats" kürte sie im Juni eine neu auf den Markt gebrachte Duschcreme-Serie der Marke Dove, die fast doppelt so viel kostet wie die bisher angebotenen Pflegeduschen, obwohl es kaum Unterschiede bei den Inhaltsstoffen gibt. Die neue "Dove Advanced Care" enthält nur noch 225 ml Duschcreme pro Flasche, während das günstigere Vorgängerprodukt "Dove Pflegedusche" noch 250 ml enthielt. Die Reduktion der Füllmenge in Kombination mit einer Erhöhung des Kaufpreises führte dazu, dass sich der Preis nahezu verdoppelte. Dieser massive Preisruck sei nach der Verbraucherzentrale Hamburg angesichts der sinkenden Inflation nicht nachvollziehbar.
Der Dove-Konzern Unilver begründet den höheren Preis der neuen Produktlinie mit einer "wesentlich hochwertigeren und noch pflegenderen Formulierung" und einem innovativen Flaschendesign. Anhand der neuen Form und dem neuen Design der Verpackung sei es für die Konsumenten klar ersichtlich, dass es sich um ein neues und daher nicht vergleichbares Produkt handeln würde.
Die Verbraucherzentrale Hamburg setzt dieser Begründung entgegen, dass es sich bei den neuen Verpackungen um für Duschprodukte typische Flaschen handeln würde und daher keine Innovation dahingehend vorliegen würde. Zudem stimmen die Farben und Namen der einzelnen Sorten mit denen der vorherigen Produktlinie überwiegend überein. Auch viele Auslobungen auf der Verpackung und die Produktbeschreibungen auf der Dove-Website sind laut der Verbraucherzentrale überwiegend gleichlautend. Zudem gebe es sogar bei den Inhaltsstoffen und deren Anteil eine besonders auffällige Ähnlichkeit.
Zwar wurde die Füllmenge reduziert, in der Gesamtbetrachtung hat aber der neue, deutlich höher angesetzte Preis einen bedeutenderen Einfluss bei der Preiserhöhung. Laut dem Kartellrecht sind allerdings allein die Händler für die Festsetzung des Verkaufspreises verantwortlich. Auf Nachfrage der Verbraucherzentrale Hamburg hielten sich jedoch beide Händler an die Ausführungen von Unilever, ohne diese erkenntlich zu hinterfragen.
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