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BGH: Sandsteinrelief in Wittenberg bleibt - Antisemitismus?


Die Distanzierung vom Aussagegehalt reicht aus

Leider werden jüdische Mitbürger noch immer mit Antisemitismus konfrontiert. Und zwar nicht nur verbal, sondern auch durch Darstellungen. So fühlte sich auch jüngst ein Kläger durch ein Sandsteinrelief in Wittenberg in seinem jüdischen Glauben als Ganzes verunglimpft und forderte die Entfernung des Reliefs. Dieser Forderung stimmte der BGH in seinem Urteil vom 14.06.2022 (VI ZR 172/20) jedoch nicht zu. So könne, laut BGH, die Diffamierung des Judentums auch beseitigt werden, indem sich der Störer von dem Aussagegehalt des Sandsteinreliefs distanziert.


Darstellung von Antisemitismus im Sandsteinrelief - Die Kirche sieht darin Zeitgeschichte

Das Sandsteinrelief befindet sich seit 1290 vor der Wittenberger Stadtkirche. Als der Gemeinderat sich 1983 über die Renovierung der Kirche einigte, unterließ man es jedoch das Sandsteinsteinrelief zu entfernen. Vielmehr weitete man die Renovierungsarbeiten auch auf das Sandsteinrelief aus. Das Relief bildet Menschen ab, die aufgrund ihrer spitzen Hüte Juden darstellen sollen. Diese saugen an den Zitzen einer Sau und einer von ihnen schaut dieser sogar in den After. Im Judentum gelten Schweine als unrein. Judentum ReligionEin Kläger jüdischen Glaubens sah durch dieses Sandsteinrelief (Die sog. "Judensau") das Judentum als Ganzes diffamiert und verlangte die Entfernung des Reliefs. Hilfsweise begehrte er die Feststellung, dass das Sandsteinrelief den objektiven und subjektiven Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB) erfülle. Die Kirche weigerte sich, da sie in dem Sandsteinrelief ein Stück Zeitgeschichte sah. Auf einer einer Bodenreliefplatte aus Bonze und einem Schrägaufsteller wird das Sandsteinrelief erläutert: So predigte in der Stadtkirche einst Martin Luther, der schon 1543 antijudaistische Schriften veröffentlicht hatte.

Klage gegen die "Judensau" vom LG abgewisen

Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen und die Berufung vom Oberlandesgericht Naumburg (Urteil vom 04.02.2020 - 9 U 54/19) zurückgewiesen. Zwar diente das Sandsteinrelief in der Vergangenheit dazu das Judentum herabzuwürdigen, heutzutage sei dem Sinngehalt jedoch keine Persönlichkeitsverletzung mehr zuzuschreiben, so das Oberlandesgericht. Die Zielrichtung der Beklagten sei nämlich dahingehend zu erkennen, dass das Sandsteinrelief als Erinnerungskultur erhalten bleiben solle.

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BGH: Aus „Schandmal“ wird Mahnmal

Auch die Revision blieb erfolglos. Der Kläger war zwar dazu berechtigt, die Aussage des Sandsteinrelief gerichtlich zu beanstanden. Er kann vom Beklagten jedoch nicht verlangen, dass Sandsteinrelief zu entfernen. Bevor die Bodenplatte verlegt worden war, war das Sandsteinrelief durchaus dazu in der Lage die betroffenen Personen in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu verletzen. Hier hätte dann auch keine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorgenommen werden müssen, um die Persönlichkeitsrechtverletzung festzustellen, da es sich deutlich um eine Schmähkritik gehandelt habe. Hier habe nämlich die Diffamierung von Personen jüdischen Glaubens im Vordergrund gestanden. Der rechtsverletzende Zustand wurde mit der Sanierung des Sandsteinreliefs auch noch einmal intensiviert. Dieser Zustand wurde jedoch 1988 mit der Verlegung der Bodenplatte und dem Aufstellen des Schrägaufstellers, die den historischen Hintergrund des Reliefs erläutern sollen, beseitigt.

Fragwürdige Entscheidung zum Sandsteinrelief in Wittenberg

Die inhaltliche Verbindung zwischen Sandssteinrelief, Schrägaufsteller und Bodenplatte sei für einen unvoreingenommenen, verständigen Betrachter auch zu erkennen. Das „Schandmal“ wurde in ein Mahnmal umgewandelt, das nun an die jahrhundertelange Verfolgung der Juden erinnern solle. Damit habe sich die Beklagte vom früheren Aussagegehalt distanziert. Doch selbst wenn die Bodenplatte und der Schrägaufsteller zur Distanzierung vom Aussagegehalt nicht ausreichen würden, könne der Kläger dennoch nicht die Beseitigung des Sandsteinreliefs verlangen. Stehen dem Schuldner nämlich verschiedene Möglichkeiten zur Beseitigung des rechtverletzenden Aussagegehalts offen, bliebe es ihm überlassen, für welche dieser Möglichkeiten er sich entscheidet.

Mangels Eintritts der innerprozessualen Bedingungen sei der Hilfsantrag des Klägers nicht zur Entscheidung angefallen.


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