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„Buchung abschließen“ = Zahlungspflicht?


Neues Urteil vom EuGH – Ist der Buchungsvorgang bei der Seite booking.com nicht mit den europäischen Verbraucherschutzrichtlinien vereinbar? 

EuGH, 07.04.2022 - C-249/21

Hotel und Gast streiten wegen booking.com-Buchung

Der Streit, aus dem sich dieses Urteil ergibt, fand zwischen einem Hoteleigentümer (Kläger) und einem potentiellen Gast (Beklagter) statt.  Die Zimmer des Hotels können u.a. über die Website www.booking.com gebucht werden.
Im Juli 2018 rief der Beklagte als Verbraucher diese Website auf, um nach Hotelzimmern zu suchen. Unter den angezeigten Suchergebnissen befanden sich die Zimmer des hier relevanten Hotels. Der Beklagte klickte sodann das entsprechende Bild des Hotels an, worauf ihm die verfügbaren Zimmer sowie weitere Informationen zu der Ausstattung und den Preisen dieses Hotels für den gewählten Zeitraum angezeigt wurden. Der Beklagte beschloss, dort vier Doppelzimmer zu reservieren, und klickte auf die Schaltfläche „Ich reserviere“. Anschließend gab er seine persönlichen Daten sowie die Namen seiner Mitreisenden ein und klickte auf eine Schaltfläche mit den Worten „Buchung abschließen“.Europa, EuGH, Rechtsprechung
Es fand jedoch keine Nutzung der Räumlichkeiten seitens des Beklagten oder anderer Reisender statt. Im Mai 2019 erhielt der Beklagte, gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Hotels, ein Schreiben, indem er zur Zahlung von Stornierungskosten in Höhe von 2.240 Euro  aufgefordert wird. Der Beklagte zahlte den geforderten Betrag nicht.
Der Hoteleigentümer ist der Ansicht, der Beklagte habe über die Website www.booking.com mit ihm einen Beherbergungsvertrag für mehrere Zimmer des Hotels abgeschlossen.
Der Beklagte ist der Ansicht, er habe die Zimmer lediglich reserviert. Es sei kein Vertrag zustande gekommen.

Buchung abschließen, aber wo liegt das Problem?

Für das zuständige deutsche Gericht stellte sich die Frage, ob die Worte „Buchung abschließen“, die Voraussetzungen des § 312j Abs. 3 Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) erfüllen. Gemäß dieser Norm muss der Unternehmer die Schaltfläche für die Bestellung gut lesbar mit den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriften.
Lege hier kein Verstoß gegen die Regelungen aus § 312j Abs. 3 BGB vor, so wäre zwischen den Parteien ein Vertrag zustande gekommen und der Beklagte müsste die Stornierungskosten zahlen.
Da der § 312j Abs. 3 BGB die deutsche Umsetzung des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2011/83 ist, musste für die Beantwortung der Frage zunächst geklärt werden, ob die Worte „Buchung abschließen“ mit den europäischen Regelungen vereinbar sind.
Daher wurde diese Frage dem EuGH vorgelegt.

Was hat der EuGH entschieden?

Der EuGH ist bei der Beantwortung der Frage eher wage geblieben. Er gibt vermehrt Hinweise in seinem Urteil, auf welche Aspekte das deutsche Gericht bei der Auslegung der relevanten Normen eingehen sollte, stellt aber die schlussendliche Antwort in den Aufgabenbereich des nationalen Gerichts.

Im Tenor des Urteils steht:

„Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2011/83/EU […] ist dahin auszulegen, dass es für die Feststellung, ob im Rahmen eines Bestellvorgangs zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags auf elektronischem Wege eine auf der Schaltfläche für die Bestellung oder auf einer ähnlichen Funktion verwendete Formulierung wie „Buchung abschließen“ den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ im Sinne dieser Bestimmung „entspricht“, allein auf die Worte auf dieser Schaltfläche oder dieser ähnlichen Funktion ankommt.“

In den Begründungen führt der EuGH weiter aus es sei Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die Formulierung „Buchung abschließen“ in der deutschen Sprache unter alleiniger Berücksichtigung der in dieser Formulierung verwendeten Worte und unabhängig von den Begleitumständen des Buchungsvorgangs als Entsprechung zu den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ angesehen werden kann.
Bei der Auslegung soll es dabei maßgeblich darauf ankommen, ob der Begriff „Buchung“ in der deutschen Sprache sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch als auch in der Vorstellung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers zwangsläufig mit der Begründung einer Zahlungsverpflichtung in Verbindung gebracht wird.
Falls dies zu verneinen ist, wäre festzustellen, dass der Ausdruck „Buchung abschließen“ mehrdeutig und gerade nicht eindeutig ist.

Fazit: zahlungspflichtig bestellen - Das EuGH entscheidet noch...

Vollkommene Rechtsklarheit zu der gestellten Frage hat der EuGH hier nicht geschaffen. Jetzt liegt es an den deutschen Gerichten zu entscheiden, ob „Buchung abschließen“ mit „zahlungspflichtig bestellen“ gleichzusetzen ist.

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