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| Gesellschaftsrecht, Sonstige Rechtsgebiete

Commercial Courts und englische Verfahrensführung


Zwei grundlegende Änderungen in der Zivilgerichtsbarkeit

In Zukunft wird es einen weiteren Spruchkörper in Deutschland geben, den Commercial Court. Damit soll der Justiz- und Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt werden. Aufgrund des Justizstandort-Stärkungsgesetzes, welches am 01.04.2025 in Kraft getreten ist, können die Länder Commercial Courts als erstinstanzliche Spruchkörper für große Wirtschaftsangelegenheiten einrichten. Die Commercial Courts können bei einem Oberlandesgericht oder einem Obersten Landesgericht eingerichtet werden. Außerdem können die Länder Commercial Chamber errichten. Vor den Commercial Chambers können Verfahren in englischer Sprache geführt werden.

Warum wurde dieser Schritt gewagt?

Insbesondere soll der Justiz- und Wirtschaftsstandort Deutschland durch die Änderung gestärkt werden. In der Vergangenheit ist es vermehrt vorgekommen, dass internationale Wirtschaftsstreitigkeiten vor Schiedsgerichten oder im Ausland verhandelt wurden. Dadurch kam es zu einem Rückgang der wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten an Zivilgerichten. Mit den Commercial Courts soll dies geändert werden, sodass das Wirtschaftszivilrecht an den Zivilgerichten wieder zunimmt.

Wann ist der Commercial Court zuständig?

Der Commercial Court kann erstinstanzlich über Wirtschaftssachen entscheiden. Weiterhin können die Länder dem Commercial Court Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen des Landgerichts zuweisen. In Zukunft könnte der Commercial Court auch Schiedssachen entscheiden, allerdings muss dies zunächst noch beschlossen werden und ist bis dahin noch nicht so einfach möglich. Grundsätzlich können bis dahin allerdings Gerichte den Commercial Courts Schiedssachen zuweisen.

Commercial Courts müssen zuerst eingerichtet werden

Zunächst muss das betreffende Land ein Commercial Court einrichten, sodass es möglich ist dort ein Verfahren zu führen. Stand jetzt soll an den Oberlandesgerichten Bremen, Celle, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München und Stuttgart ein Commercial Court errichtet werden. Um dann ein Verfahren vor dem Commercial Court führen zu können ist es am einfachsten, wenn die Parteien einen bestimmten Commercial Court vereinbaren, der für ihre Streitigkeit zuständig sein soll. Dies ist ebenfalls vor dem Hintergrund sinnvoll, dass die Länder die Zuständigkeit der Commercial Courts auf bestimmte Sachgebiete beschränken können.

Für welche Sachgebiete sind die Commercial Courts zuständig?

Hauptsächlich sollen die Commercial Courts für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmen zuständig sein. Ausgenommen sind Streitigkeiten des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts. Weiterhin sind die Commercial Courts zuständig für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Erwerbs eines Unternehmens oder von Anteilen an einem Unternehmen. Darüberhinaus können Streitigkeiten zwischen Gesellschaft und Mitgliedern von Leitungsorganen oder Aufsichtsräten vor dem Commercial Courts ausgetragen werden. Die Länder können die jeweiligen Commercial Courts allerdings insoweit beschränken, dass dort nur bestimmte Sachgebiete entschieden werden.

Was ist zu beachten, wenn man ein Verfahren vor dem Commercial Court führen möchte?

Eine Voraussetzung, um ein Verfahren vor dem Commercial Court führen zu können, ist das der Streitwert über 500.000 EUR liegt. Damit soll der Commercial Court einerseits für genügend Fälle zuständig sein und andererseits soll die Schwelle nicht zu niedrig sein, damit nicht jedes kleinste Verfahren dort entschieden wird.  

Weiterhin müssen die Parteien, sofern der Commercial Court erstinstanzlich für das Verfahren zuständig sein soll, dies vereinbaren. Tatsächlich ist ein Verfahren vor dem Commercial Court mit hohen Gebühren verbunden. Außerdem ist der Instanzenzug kürzer, als normalerweise. Die Parteien müssen also entweder ausdrücklich oder stillschweigend vereinbaren, dass der Commercial Court zuständig sein soll. Am besten wird bereits in der Klageschrift beantragt, dass das Verfahren vor dem Commercial Court geführt werden soll. Es reicht bereits aus, wenn die Klageschrift an den Commercial Court adressiert ist.

Besonderheiten beim Commercial Court – Organisationstermin und Wortprotokoll

Wird ein Verfahren vor dem Commercial Court geführt, bestehen gewisse Besonderheiten im Verfahrensablauf. So findet zunächst ein Organisationstermin statt. Dort wird ein Verfahrensplan vereinbart, wobei die Parteien sich bei der Gestaltung des Verfahrens beteiligen können. In dem Organisationstermin werden neben dem Verfahrensplan auch die Gestaltung der mündlichen Prüfung und die Strukturierung von Schriftsätzen besprochen.

Eine weitere Besonderheit, die bisher lediglich in der Schiedgerichtsbarkeit üblich war, ist das Wortprotokoll. Während der Verhandlung und auch Beweisaufnahme kann das Wortprotokoll von allen Parteien mitgelesen werden. Die Parteien müssen allerdings ein solches Wortprotokoll beantragen.

Englisches Verfahren möglich!

Mit dem Justizstandort-Stärkungsgesetz können nun sog. Commercial Chamber eingerichtet werden. Die Länder können dabei entscheiden, ob es sich um eine Zivilkammer oder um Kammern für Handelssachen handeln sollen.

Mit der Einrichtung von Commercial Chambers ist die erstmalige Möglichkeit eröffnet, ein Verfahren in Deutschland in englischer Sprache zu führen. Dies war in Deutschland bis jetzt nicht möglich. Nun können die Länder festlegen, welche Gerichte das Verfahren in englischer Sprache ermöglichen sollen. Damit können auch ausländische Parteien ein Verfahren ohne sprachliche Probleme vor einem deutschen Gericht führen. Außerdem ist ein solches Verfahren von Vorteil, wenn die Streitigkeit zuvor ausschließlich in englischer Sprache geführt wurde. Wenn also bereits die Vertragssprache in englischer Sprache verfasst wurde, so ergibt es nur Sinn, wenn auch das Verfahren auf Englisch stattfinden kann. Damit kann ein erheblicher Übersetzungsaufwand erspart bleiben. Tatsächlich können die Länder auch eine englische Verfahrensführung für die Commercial Courts ermöglichen.

Wie schaut die englische Verfahrensführung aus?

Der Rechtsstreit wird in englischer Sprache geführt. Englischsprachige Urkunden können ohne Probleme verwendet werden. Deutschsprachige Urkunden müssen jedoch nicht ins Englische übersetzt werden. Eine solche Übersetzung ist lediglich erforderlich, wenn eine Partei dies beantragt. Sollte eine Dritte Person keine Sprachwahl getroffen haben, so kann diese nicht gezwungen werden in ein englisches Verfahren hereingezogen zu werden. Der Dritte kann einem englischen Schriftsatz also widersprechen, sodass ihm eine deutsche Übersetzung zugestellt werden muss.

Wann ist der Commercial Chamber zuständig?

Damit der Commercial Chamber zuständig ist, müssen die Parteien lediglich vereinbaren, dass sie das Verfahren in englischer Sprache führen wollen und die englische Verfahrensführung vereinbaren. Darüber hinaus muss der Commercial Chamber örtlich und für das jeweilige Sachgebiet zuständig sein. In der Klageschrift muss angegeben werden, dass das Verfahren in englischer Sprache geführt werden soll.

Vor dem BGH ist die englische Sprache nicht vorgesehen

Zwar soll das Verfahren innerhalb der ersten und der zweiten Instanz in derselben Sprache geführt werden. Vor dem BGH muss das Verfahren allerdings nicht in englischer Sprache geführt werden, sondern kann auch in deutscher Sprache erfolgen.

Neue Möglichkeiten für Unternehmen

Mit dem Commercial Court und dem Commercial Chamber sind zwei grundlegende Änderungen in der Zivilgerichtsbarkeit ermöglicht worden. Damit könnte der Justiz- und Wirtschaftsstandort Deutschland durchaus gestärkt werden. Für Unternehmen sind diese Änderungen mit einigen Möglichkeiten verbunden. Insbesondere die englische Verfahrensführung kann in einigen Fällen von Vorteil sein.


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Haben Sie noch Fragen zu den Neuerungen, die das Justizstandort-Stärkungsgesetz hervorgebracht hat?

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