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| Wettbewerbsrecht

Darf man Fachaussagen vom Arzt in Werbeanzeige nutzen?


Am 28.07.2022 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden: Ein Unternehmen darf öffentlich geäußerte fachliche Aussagen eines Mediziners nutzen, um seine Werbeanzeige zu gestalten. Dies gilt jedoch nicht grenzenlos. Voraussetzung für eine solche Nutzung ist zum einen, dass die getätigten Äußerungen korrekt wiedergegeben werden und zum anderen darf es für den durchschnittlichen Leser nicht so wirken, als ob der Arzt selbst aktiv wirbt beziehungsweise für ein Entgelt tätig wird. Werden diese Kriterien eingehalten, so darf das Unternehmen den Arzt auch ohne vorherige Kenntnis unter Nennung seines Namens zitieren.

Werbung griff Bemerkungen eines Arztes über das Reizdarmsyndrom auf

Im Deutschen Ärzteblatt erschien im November 2019 ein Werbeartikel für ein Probiotikum, welches Abhilfe bei Beschwerden aufgrund des Reizdarmsyndroms verspricht. Ein Abschnitt dieses Artikels hatte einen weniger werblichen, sondern eher informierenden Charakter, indem er sich auf Diagnoseschwierigkeiten fokussierte. In diesem Zusammenhang wurde ein Mediziner ohne seine vorherige Kenntnis unter Namensnennung zitiert. Die verwendeten Fachaussagen stammte von einer Pressekonferenz wenige Monate zuvor.

Aus Sorge einer Rufschädigung und weil er nicht mit dem Produkt beziehungsweise dem dahinterstehenden Unternehmen assoziiert werden wollte, versuchte der Arzt es zunächst mit einer Abmahnung. In Ermangelung eines Erfolgs verklagte er den Werbenden schließlich auf Unterlassung.

Keine Verletzung des zivilrechtlichen Namensrechts

In § 12 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist das Recht am eigenen Namen normiert. Es schützt Personen unter anderem vor dem unbefugten Gebrauch des eigenen bürgerlichen Namens durch Dritte. Bei Zuwiderhandlung kann der Betroffene Beseitigung und, sofern eine Wiederholungsgefahr vorliegt, Unterlassung verlangen.

Für den Anspruch auf Unterlassung aus § 12 BGB hat der BGH drei Voraussetzungen postuliert: (1) Ein Dritter muss unbefugt den gleichen Namen gebrauchen, (2) dadurch muss eine Zuordnungsverwirrung eintreten, (3) welche in der Verletzung schutzwürdiger Interessen des Namensträgers mündet.

Im vorliegenden Fall seien diese Kriterien nicht erfüllt. Zum einen führt der BGH aus, dass durch die Namensnennung des Arztes in der Werbeanzeige keine namensmäßige Zuordnungsverwirrung entstanden ist. Der Name sei nicht zur Kennzeichnung des Probiotikums genutzt worden, sondern lediglich zum Zweck des Zitats einzelner fachlicher Aussagen im Informationstext ohne besondere Hervorhebung. Zum anderen würde dem durchschnittlichen Leser auch nicht der Eindruck vermittelt, dass das Probiotikum dem Arzt zuzurechnen ist, oder dass er sonst in irgendeiner Weise für das Produkt einstehen möchte. Dass der Werbende die fachliche Autorität des Arztes für seine Werbung nutzt, verstößt insofern nach Ansicht des Gerichts nicht gegen § 12 BGB, da hier ein ausreichender Abstand zwischen der Person des Arztes und dem beworbenem Probiotikum eingehalten wird.


Kein ungerechtfertigter Eingriff in den vermögenswerten Gehalt des Namens

Neben § 12 BGB, stützte der Arzt den beantragten Unterlassungsanspruch auch auf § 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 823 Absatz 1 BGB, wegen eines nicht gerechtfertigten Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht.

Eine relevante Komponente des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, ist der Entschluss ob und wie der eigene Name für Werbezwecke genutzt werden soll. Missachten Dritte dies, liegt ein Eingriff in den vermögenswerten Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Namen vor und ein Unterlassungsanspruch ist begründet. Bei der Beurteilung der Werblichkeit der Nutzung des Namens beziehungsweise des kommerziellen Einsatzes wird auf die Sicht des Durchschnittslesers abgestellt. In dem konkreten Fall hat der BGH geurteilt, dass allein schon die Kennzeichnung des Artikels als „Anzeige“ ausreichend ist, damit ein Durchschnittsleser den werblichen und insofern kommerziellen Charakter erkennt. Damit sah das Gericht einen Eingriff in die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts grundsätzlich als erwiesen an.

Ist dieser Eingriff in den vermögenswerten Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Namen gerechtfertigt?

Im Rahmen einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung kam der BGH jedoch zu dem Ergebnis, dass der Eingriff in das Namensrecht des Arztes gerechtfertigt ist. Dies stützt man vor allem auf ein schutzwürdiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Werbeanzeige nach Art. 5 Absatz 1 Grundgesetz (GG). Schließlich wird der Leser dort über Diagnose- und Therapieprobleme beim Reizdarmsyndrom aufgeklärt. Durch die Stützung des Artikels auf einen Ärztereport und die Aussagen des Mediziners sowie die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) bestehe ein greifbarer Informationswert für das interessierte Fachpublikum. Der Mehrwert läge in dem Anstoß, sich kritisch mit der bisherigen eigenen Diagnose- und Therapiepraxis auseinanderzusetzen und sich hinsichtlich alternativen Behandlungsmöglichkeiten fortzubilden. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der Arzt seine Äußerungen freiwillig öffentlich abgegeben und im Internet zugänglich gemacht hat.

Der Name des Arztes erscheint in der Werbeanzeige nicht in einer „ins Auge springenden Weise“, weshalb der BGH eine Testimonialwerbung ablehnt. Auch würde der durchschnittliche Leser einer medizinischen Fachzeitschrift nicht von einer geschäftlichen Verbindung zwischen dem Arzt und dem werbenden Unternehmen ausgehen. Schließlich würde der Name des Mediziners nicht in einem direkten Zusammenhang mit einer probiotischen Behandlung durch das beworbene Produkt genannt, sondern lediglich zum Zitieren seiner Aussagen zur Diagnostik. Ebenso fände kein Imagetransfer von dem Arzt auf das Produkt statt, denn der Mediziner sei nicht prominent und auch nicht als „Reizdarmsyndrom-Papst“ bekannt. Der Arzt würde also nicht rufschädigend mit dem Probiotikum in Verbindung gebracht werden.

In Anbetracht des hohen Informationsgehalts der Werbeanzeige für die Öffentlichkeit und der geringen negativen Folgen des Eingriffs für den Mediziner, sah der BGH den Eingriff in den vermögenswerten Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Namen für gerechtfertigt an. Damit hat der Arzt auch keinen Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 823 Absatz 1 BGB. Damit bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Nennung seines Namens in dem Werbeartikel hinzunehmen.


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