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Dark Patterns – cleveres Marketing oder Manipulation?


In Zeiten der Digitalisierung begegnet uns täglich manipulative Designtricks, die uns zu bestimmten Handlungen verleiten sollen. Diese sogenannten Dark Patterns nutzen die Schwächen der Verbraucher wie Unaufmerksamkeit und Bequemlichkeit aus, um sie dazu zu bringen, ungewollte Käufe, Abonnements oder Newsletter-Einschreibungen abzuschließen.

Doch wann wird cleveres Marketing zu Manipulation?

Unser Blog hat für Sie die verschiedenen Formen der Dark Patterns herausgearbeitet:

 

Dark Patterns – Was ist das eigentlich?

Der Begriff der Dark Patterns wird in der Gesetzgebung und der Rechtsprechung immer relevanter. Doch was ist das eigentlich?

Als Dark Pattern bezeichnet man bestimmte Gestaltungen von Benutzeroberflächen auf Internetseiten. Dabei sollen sie inhaltlich oder graphisch den Nutzer dazu verleiten bestimmte Handlungen auszuführen – ihn zu manipulieren.

Ausgenutzt werden dabei vor allem Unaufmerksamkeit, Bequemlichkeit oder das Vorhandensein von Vorerwartungen.

Vor allem auf Webseiten, die Online Waren oder Dienstleistungen verkaufen lassen sich solche Techniken häufig finden.

Die Europäische Kommission hat mit dem Verbraucherschutz eine Statistik veröffentlicht. Hiernach nutzten 148 der 399 untersuchten Online-Shops manipulative Techniken.


Dark Patterns – Die verschiedenen Varianten und Formen

Problematisch bei den Dark Patterns ist, dass es keine einheitliche Definition gibt. Daher wird bei ihrer Bestimmung mit Kategorien gearbeitet. Folgend stellen wir die verschiedenen Varianten und Formen vor:

Scarity Patterns

Durch Scarity Patterns sie soll eine vermeintliche Knappheit oder Begehrtheit eines Produkts suggeriert werden. Dadurch soll ein potenzieller Kunde unter Druck gesetzt werden. Ihm wird die Angst gemacht (scaring), dass das Produkt bald nicht mehr verfügbar sei. Es wird eine „Jetzt oder Nie“ Situation kreiert.

Prominente Beispiele sind Countdowns, die die vermeintliche zeitliche Befristung eines Angebots angeben.

Confirmsharing

Ein weiteres Beispiel für Dark Patterns ist das sogenannte Confirmsharing. Hierbei werden Schaltflächen der Webseiten so gestaltet, dass für das Unternehmen ungünstige Auswahlen besonders negativ erscheinen. Ein typisches Beispiel ist die Beschriftung einer Ablehnung mit:

Ich möchte keine Zusatzversicherung abschließen und nehme alle Risiken selbst in Kauf.“

Graphische Gestaltung

Auch graphische Gestaltungen werden oft genutzt, um die Entscheidungen der Verbraucher zu beeinflussen. So werden Zustimmungsfenster farblich hervorgehoben und damit ansprechender gestaltet, während Ablehnungen in grauer Schrift deutlich weniger sichtbar und oft kleiner danebensteht.

Marketing vs. Manipulation

Dass Internetseiten in einer Weise gestaltet sind, die den Kunden bestmöglich überzeugen soll, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu erwerben ist nichts neues und regelmäßig zwar cleveres, aber rechtlich unproblematisches Marketing.

Problematisch wird es allerdings dann, wenn das Marketing die Grenze zur Belästigung oder Manipulation der Nutzer überschreitet.

Doch wer den Kampf Marketing vs. Manipulation gewinnt, hängt stark vom Einzelfall ab.

Dark Patterns hat Aufmerksamkeit des Gesetzgebers

Angesichts der zunehmenden praktischen Bedeutung von Dark Patterns hat sich nun auch der Gesetzgeber mit diesem Thema befasst. Denn neben dem nationalen Wettbewerbsrecht, welches im UWG reguliert wird, beschäftigt sich auch der kürzlich erlassene Digital Services Act (DSA) der EU mit der Frage der Zulässigkeit von Dark Patterns.

EU: Verbot von manipulativen Gestaltungen

Der DSA trat im November 2022 in Kraft und entfaltete als Verordnung unmittelbare Geltung in allen Mitgliedstaaten. Er soll ein sicheres, vorhersehbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld zu schaffen und den Verbraucherschutz zu fördern. Einer Umsetzung in nationales Recht bedarf es nicht. Die Mehrzahl der Regelungen trat nun auch mit dem 17. Februar 2024 in Kraft. (Art. 93 DSA).

Seitdem müssen sich Unternehmen den strikten Anforderungen des DSA angepasst haben.

Art. 25 Abs. 1 DSA: Verbot von Dark Patterns

Auch die EU erkennt an, dass wirtschaftliches Handeln ohne Marketing nicht erfolgreich sein kann. Daher müssen Dark Patterns von legitimen Werbepraktiken unterschieden werden. Dark Patterns werden mit Art. 25 Abs. 1 DSA verboten. Dieses Verbot gilt dabei allerdings nur für Betreiber von Online-Shops.

Das heißt für herkömmliche Shops, die ihre Ware in eigenem Namen verkaufen, dass sie nicht von diesem Verbot betroffen sind.


Art. 25 Abs. 1 DSA:

Anbieter von Online-Plattformen dürfen ihre Online-Schnittstellen nicht so konzipieren, organisieren oder betreiben, dass Nutzer getäuscht, manipuliert oder anderweitig in ihrer Fähigkeit, freie und informierte Entscheidungen zu treffen, maßgeblich beeinträchtigt oder behindert werden.


Offene Rechtbegriffe – Auslegung wird gefordert

Der Artikel 25 des DSA enthält eine Reihe von offenen Rechtsbegriffen. Solche sind generell zulässig, bedürfen bei ihrer Anwendung allerdings der Auslegung.

Er eröffnet der Kommission die Möglichkeit durch Leitlinien zu konkretisieren, welche Handlungen zukünftig als verbotene Manipulation einzustufen sind.

Bei Verstößen gegen die Richtlinie drohen Dienstanbietern gemäß Art. 52 Abs. 3 DSA Geldbußen i.H.v. 6 % ihres weltweiten Jahresumsatzes.

Auch klassische Online-Shops sollten vor Dark Patterns zurückhalten

Auch klassische Online-Shops, die nicht von Art. 25 DSA erfasst werden, sollten vor Dark Patterns zurückhalten. Denn auch für sie können Dark Patterns rechtlich relevant sein.

Hier sollte sich unbedingt an die Grenzen des Wettbewerbsrechts gehalten werden.

Denn auch wenn die Europäische Kommission eine Harmonisierung der Regelungen anstrebt, sind für die rechtliche Zulässigkeit von Dark Patterns primär das nationale Wettbewerbsrecht der wesentliche Maßstab. Denn Art. 25 Abs. 2 DSA präzisiert, dass nur die Fälle erfasst werden, die nicht bereits nach der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG – UGP-Richtlinie) gedeckt sind. Und diese Richtlinie wurde bereits in verschiedenen Vorschriften des deutschen UWG umgesetzt.

Verbot aggressiver geschäftlicher Handlungen - § 4a Abs. 1 UWG

Maßgeblich schlug sich die UGP-Richtlinie in dem Verbot aggressiver geschäftlicher Handlungen, welcher in § 4a Abs. 1 UWG verankert ist, im nationalen Recht nieder. Hierin wird konkretisiert, dass solche aggressiven geschäftlichen Handlungen, die geeignet sind, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, unlauter.

Aggressiv ist eine Handlung dabei gem. § 4a Abs. 1 S. 2 UWG dann, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers erheblich zu beeinträchtigen. Dies kann durch Belästigung, Nötigung oder unzulässiger Beeinflussung geschehen.

Bekanntes Beispiel sind hierbei Pop-up Fenster, die sich nicht oder nur sehr schwer wegklicken lassen.

Bis jetzt sind nur drastische Formen umfasst

Zwar werden durch § 4a Abs. 1 UWG aggressive geschäftliche Handlungen verboten, jedoch sind dabei nur besonders drastische Formen erfasst.

So beeinflussen zum Beispiel Dark Patterns, die bestimmte Schaltflächen optisch hervorheben zwar die Entscheidungsfreiheit des Nutzers. Eine Überschreitung der Schwelle zur unzulässigen Beeinflussung i.S.d. § 4a Abs. 1 UWG kann hierin im Regelfall jedoch nicht gesehen werden. Es fehlt hier an der geforderten Erheblichkeit.

Gleiches gilt auch für die Mehrzahl der Confirmsharing.

Roach Motel – weitere Ausprägung von Dark Patterns

Eine weitere Ausprägung von Dark Patterns, die eindeutig als aggressive geschäftliche Handlung gem. § 4a Abs. 2 Nr. 4 UWG verboten ist, ist das Roach Motel, die sogenannte Schabenfalle.

Bei dieser Methode ist der Vertragsabschluss sehr einfach gestaltet, während die Kündigungsmöglichkeiten nur sehr schwer zugänglich sind und auf der Webseite versteckt werden.

Neben der unlauteren Geschäftspraktik stellt ein solches Verhalten zudem ein Verstoß gegen die Pflicht zur Bereitstellung eines Kündigungsbuttons dar (§ 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 2 BGB).

Die Schwarze Liste

Einige Dark Patterns können auch unter die sogenannte „schwarze Liste“ fallen. Diese ist um Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG. Die dort aufgeführten Geschäftspraktiken werden vom Gesetzgeber als besonders verwerflich angesehen.

In dieser Auflistung ist unter anderem die „unwahre Angaben über zeitliche Begrenzung eines Angebots“, um Kunden vor unbegründeten Entscheidungen zu schützen.

Dies kann jedoch recht leicht umgangen werden. Denn es bezieht sich lediglich auf den Wahrheitsgehalt der zeitlichen Begrenzung. Daher sind solche Countdown Anzeigen erlaubt, die nicht explizit behaupten, dass nach Ablauf das Angebot nicht mehr verfügbar wäre (z.B.: „Der Artikel ist noch 5 Minuten für sie reserviert“).

Auch andere wahre Aussagen, die Druck erzeugen, wie „drei andere Nutzer sehen sich diesen Artikel gerade an“ sind rechtlich unbedenklich. Voraussetzung ist hierbei lediglich, dass dies der Wahrheit entspricht.


SBS LEGAL - Kanzlei für Wettbewerbsrecht

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