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Das Haftungsrisiko der faktischen Geschäftsführung


Enorme Haftungsgefahr für den faktischen Geschäftsführer

Als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft wiegt man sich oftmals in Sicherheit und vermutet keine persönliche Haftung. Dabei ist eine persönliche Haftung gar nicht so unwahrscheinlich. Jedenfalls wenn der Gesellschafter als faktischer Geschäftsführer anzusehen ist, bestehen erhebliche Haftungsrisiken.

Was genau ist mit der faktischen Geschäftsführung gemeint?

Geschäftsführer einer Gesellschaft müssen formell bestellt werden. Mischen sich Gesellschafter nun in die Geschäftsführung ein, ohne selbst als Geschäftsführer bestellt worden zu sein, können sie als sog. faktische Geschäftsführer angesehen werden. Ist der Einfluss der Gesellschafter in die operativen Tätigkeiten und die Unternehmensführung so groß, kann eine solche faktische Geschäftsführung bestehen.

Die Figur des faktischen Geschäftsführers wurde ins Leben gerufen, damit die Gesellschafter oder Personen, die sich faktisch wie Geschäftsführer verhalten, auch entsprechend haften sollen.

Haftung wegen faktischer Geschäftsführung bleibt oft unbemerkt

Die Gefahr dieser faktischen Geschäftsführung besteht darin, dass sie oft nicht bewusst erfolgt. Vor allem in mittelständischen Unternehmen und Familienunternehmen ist die Grenze zur Einflussnahme in die Geschäftsführung oft fließend und schnell getan. Besonders in Krisensituationen übernehmen die Gesellschafter meist mehr Verantwortung, um das Unternehmen zu schützen. Mit einem solchen Vorgehen setzen sie sich allerdings dem Risiko einer persönlichen Haftung aus.  

Wie erkennt man einen faktischen Geschäftsführer?

Ob jemand als faktischer Geschäftsführer zu qualifizieren ist, entscheidet sich nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens. Entscheidend ist dabei wie maßgeblich sein Einfluss auf die Führung des Unternehmens ist. Der Einfluss lässt sich ermitteln mit einem Blick auf die betriebstechnische, kaufmännische oder administrative Ebene.

Dabei kann im Einzelfall bereits ausreichend sein, wenn die betreffende Person einen erheblichen Einfluss auf die eigentliche bestellte Geschäftsführung nimmt und dadurch die Unternehmensführung ehreblich beeinflusst. Dies hatte der BGH mit Beschluss vom 13. Dezember 2012, BGH StR 407/12.

Es ist außerdem wichtig, dass der mögliche faktische Geschäftsführer über die interne Einwirkung hinaus auch im Außenverhältnis tätig ist. Dies hatte das OLG München mit Urteil vom 23.01.2019, Az. 7 U 2822/17 entschieden.

Es gab bereits zahlreiche Fälle in der Rechtsprechung, wo jemand als faktischer Geschäftsführer zu qualifizieren war. Häufig sind es Gesellschafter, die eine solche Rolle einnehmen. Aber auch unternehmensfremde Treuhänder oder Personen von ähnlicher Stellung können einen großen Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen. In dem vom OLG München entschiedenen Fall war der faktische Geschäftsführer eigentlich ein Prokurist. Das scheint überraschend, weil der Prokurist ja eigentlich selbst bereits weitreichende Handlungsmöglichkeiten hat. Dies schließt offensichtlich die Möglichkeit einer Qualifizierung als Geschäftsführer nicht aus. 

Reichweite der Haftung

Gesellschafter haften in Kapitalgesellschaften grundsätzlich nicht mit ihrem persönlichen Vermögen. Als faktischer Geschäftsführer haftet man jedoch wie normale Geschäftsführer. Die zivilrechtlichen Haftungen sind damit anwendbar.

Neben der zivilrechtlichen Haftung besteht allerdings auch eine strafrechtliche Haftung, wenn die Geschäftsführerpflichten verletzt werden. Ein bekanntes Beispiel lag im Fall von Schlecker vor. Die Kinder von Anton Schlecker handelten laut dem Gericht als faktische Geschäftsführer. Sie wurden zu einer Gefängnisstrafe aufgrund von Untreue, vorsätzlichem Bankrott und Insolvenzverschleppung verurteilt. Eine solche strafrechtliche Haftung wäre bei einer reinen Gesellschafterstellung undenkbar. 

Eine Haftungsfalle besteht also insbesondere auch im Fall einer Insolvenz. Auch der faktische Geschäftsführer ist bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit dazu verpflichtet einen Insolvenzantrag zu stellen. Beim Ausbleiben eines solchen Antrags können hohe Schadensersatzansprüche entstehen, die vom Insolvenzverwalter verfolgt werden. Auch besteht das Risiko einer strafrechtliche Verfolgung.

§ 15a Absatz 1 InsO

Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen.

§ 15a Absatz 4 InsO

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

  1. nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
  2. nicht richtig stellt.


Wie können Sie die faktische Geschäftsführung vermeiden?

Die Arbeit als Geschäftsführer sollte eindeutig von den Aufgaben der Gesellschafter getrennt werden. Nur die wirklich formell bestellten Geschäftsführer sollten die Unternehmensführung übernehmen. Damit diese Trennung auch bewiesen werden kann, ist eine Dokumentation der verschiedenen Entscheidungen und Prozesse im Unternehmen von Vorteil.

Gesellschafter sollten sich auch über die Strukturen innerhalb der Gesellschaft bewusst sein. Insbesondere die rechtlichen Hintergründe müssen beachtet werden. Gesellschafter können sich durch eine anwaltliche Beratung über die Risiken informieren und somit gut überlegte Entscheidungen treffen.

Weiterhin sollte eine langfristige Vermögenssicherung erfolgen. Die sogenannte Asset Protection umfasst verschiedene Vorsorgemaßnahmen zum Schutzs des Vermögens und muss kontinuierlich erfolgen. Die Maßnahmen müssen vor der Entstehung einer Haftung getroffen werden. Sie sollten insbesondere nicht erst kurz vor der Insolvenz stattfinden. Ansonsten kann die Vermögensverschiebung oder Verschleierung von Vermögenswerten weitreichende haftungsrechtliche Konsequenzen haben, wie der Schlecker-Fall zeigt. 

Eine Möglichkeit einer Haftung zu entgehen ist der Abschluss eine D&O Police. Mit einer solchen Versicherung kann die Haftung begrenzt werden. Die Versicherung muss dann auch die persönliche Haftung von faktischen Geschäftsführern abdecken. Eine D&O Police deckt meist jedoch nicht alle Risiken ab. Bei einem vorsätzlichen Verhalten oder schwerwiegender Fahrlässigkeit greift die Police nicht.

Handeln Sie jetzt!

Um eine plötzliche persönliche Haftung zu vermeiden sollte die Abgrenzung der Geschäftsführung und der Gesellschafter klar sein. Damit dieses Haftungsrisiko minimiert wird, muss die Unternehmensführung gut strukturiert sein. Besonders hilfreich ist außerdem eine rechtliche Beratung, die Haftungsfallen schnell ans Licht bringen kann.


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Unsere Tätigkeiten im Gesellschaftsrecht bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, Gesellschafter und Geschäftsführer. Unser Team verfügt über eine langjährige Erfahrung hinsichtlich der Haftung des Geschäftsführers. Auch sind wir bestens vertraut mit der Haftung eines faktischen Geschäftsführers. Wir können Sie außerdem bei der Gestaltung von Geschäftsführerverträgen unterstützen.

Haben Sie noch Fragen zur faktischen Geschäftsführung?

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