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Durch die Aussicht auf höhere Provisionen könne es zu Fehlberatungen der Kleinanleger durch Anlageberater kommen. Dies führe laut der verantwortlichen EU-Finanzkommissarin Mairead McGuiness dazu, dass der Verbraucherschutz untergraben werden könne.
Seit Anfang des Jahres 2023 wurde über die stark kritisierte Lösung der EU-Kommission, einen möglichen Provisionsverbot einzuführen, heftig diskutiert. Während noch im ersten Entwurf ein umfassendes Provisionsverbot vorgesehen war, wurde im Zuge des starken Widerstands durch den Finanzberatungssektor hiervon Abstand genommen und versucht, einen Mittelweg zu finden.
Die Europäische Kommission hat am 24. Mai 2023 zum Schutze von Kleinanlegern das Legislativpaket „Retail Investment Strategy“, zu deutsch Kleinanlegerstrategie, veröffentlicht. Die Kleinanlegerstrategie bildet einen Teil der zuvor beschlossenen Kapitalmarktunion. Mithilfe dieser Gesamtstrategie hat die Europäische Union verschiedene Rechtshandlungen vorgenommen, um die unterschiedlichen Finanzmärkte durch eine einheitliche Regulierung besser kontrollieren zu können und grenzüberschreitenden Kapitalfluss binnen der Union zu verhindern.
im Vergleich zu anderen Industrieländern lässt sich feststellen, dass Unionsbürger wesentlich weniger am Kapitalmarkt investieren. Mit der Kleinanlegerstrategie soll zum einen das Vertrauen von Kleinanlegern gefestigt werden, um ihre Beteiligung am Kapitalmarkt zu unterstützen, zum anderen soll es als rechtliches Grundgerüst für die Stärkung des Kapitalmarkts dienen.
Sofern sich Anleger jedoch vor ihrer Investition professionell beraten lassen und sich infolge dieser Beratung für diese Investition entscheiden, entsteht ein Provisionsanspruch des Anlageberaters. Die EU-Kommission sah hierin ein wesentliches Problem: Aus Provisionsgründen könne es zu einer bewussten Fehlberatung kommen. Es könne ein Produkt mit einer höheren Provision vermittelt werden, obwohl ein anderes Produkt besser zum Anleger und seine Bedürfnisse passe. Zwar werde die Provision nicht direkt vom Anleger bezahlt, sondern vom Unternehmen, welche die Investitionsmöglichkeit anbietet, dennoch steckt das Problem an folgender Stelle: Die Kosten des geplanten Investments beinhalten die Provisionsgebühr, wodurch die Kapitalanlage für den Anleger teurer wird, und dies könne im Umkehrschluss die Attraktivität der Teilnahme am Kapitalmarkt verringern.
Die Änderungsvorschläge haben im Wesentlichen die Versicherungsvertriebs- und Finanzmarktrichtlinie betroffen: Die EU-Kommission schlug vor, ein vollständiges Provisionsverbot in der EU-Zone zu erlassen, um die Kleinanleger zu schützen und zu Investitionen zu motivieren. Im Branchensektor ist dieser Änderungswunsch hingegen scharf kritisiert worden und löste hitzige Diskussionen aus.
Durch Vergütungsmodell der Provision bestehe das Risiko, dass der Anlageberater seine eigenen Interessen über die des Kleinanlegers stelle, um eine höhere Provision zu erhalten. Die EU-Finanzkommissarin Mairead McGuiness sieht somit vor, auf ein Honorarmodell umzusteigen, im Rahmen dessen die Anlageberater eine erfolgsunabhängige Vergütung und die Kleinanleger eine individuelle und interessengerechte Beratung erhalten würden. Dadurch könnte der Berater nämlich auch von einem Anlageprodukt, welches nicht zu dem Kunden passt, abraten, da seine Vergütung nicht mehr erfolgsabhängig sei und es ihm auch nicht mehr auf die Vermittlung des teuersten Finanzprodukts ankomme. Dies würde auch den Verbraucherschutz gewährleisten, der andernfalls untergraben werde.
Fachberater bringen allerdings hervor, dass durch ein etwaige Provision, welche erst durch Abschluss der Investition ausgezahlt werde, die Anlageinteressanten eine individuelle Beratung erhalten und eine fachbezogene und kompetente Beratung somit auch im Interesse der Anlageberater stehe. Wenn die Provision nicht eng mit der Investition verbunden wäre und der Kleinanleger ohne Fachberatung eine Investition tätigen würde, um eventuelle Kosten zu sparen, sei das Risiko für Fehlentscheidungen und finanzielle Miseren unausweichlich.
Auf das Argument der EU-Kommission, dass es zu Fehlberatungen kommen kann, um höhere Provisionen zu erhalten, erwidern Befürworter erfolgsbezogener Provisionen, dass eben wenn sich die Provisionsgebühr nach der Größe der geplanten Investition richtet, werde eine Art Umverteilung des Geldes ermöglicht, sodass höhere Provisionskosten von Großinvestitionen die Beratung für Anlageinteressenten mit weniger Kapital finanzieren würden. Somit würde sogar das Ziel der Kommission, die Attraktivität der Investition für Kleinanleger zu steigern, unterstützt werden, denn dadurch werde der Zugang zur professionellen Finanzberatung erweitert werden.
Aufgrund der Kritik der Fachbranche hat die EU-Kommission Abstand von einem absoluten Provisionsverbot genommen und diesen auf bestimmte Fälle beschränkt, wie zum Beispiel auf reine Ausführungsgeschäfte. Hierbei dürfen Wertpapierdienstleistungsübernehmen im Zuge von beratungsfreien Geschäften keine Provisionsgebühr erheben, wenn sie eine bloße Transaktion für den Kleinanleger ausführen, das bedeutet, dass der Kleinanleger seine Investition nicht auf eine Beratung des Unternehmens tätigt.
Anzumerken ist an dieser Stelle aber auch, dass sich die EU-Kommission den Weg offenhält, das Provisionsverbot im Nachhinein noch umfassender einführen zu können, sofern die vorbereiteten Richtlinien im Rahmen der dreijährigen Beobachtungsperiode sich bezüglich des Verbraucherschutzes als nicht zufriedenstellend erweisen.
Außerdem sollen durch „Benchmarking“ die Aufsichtsbehörden ESMA und EIOPA künftig Maßstäbe für Durchschnittspreise von Anlageprodukten festlegen dürfen. In Fällen, in denen Anlageberater diese Preise überschreiten, trifft sie eine Begründungspflicht.
Nicht zuletzt sollen die Finanzberatungen dazu angehalten werden, ihre Beratungen derart durchzuführen, dass sie Produkte, die im besten Interesse des Kunden sind, vorzustellen, sodass Produkte mit zusätzlichen Kosten und/oder Merkmalen, die nicht dem Anlageziel des Kunden entsprechen, nicht mehr vorgetragen werden dürfen.
Sind Sie von den Folgen des Provisionsverbots betroffen oder befürchten Sie, dass Sie fehlberaten worden sind? Unsere Experten stehen Ihnen jederzeit für eine umfangreiche Beratung auf höchstem Niveau zur Verfügung.
Die Debatte um das Provisionsverbot wirft viele Fragen auf. Als Spezialisten auf diesem Gebiet können Sie sich auf uns verlassen. Wir bieten Ihnen mit unserem tiefgreifenden Fachwissen eine kompetente Rechtsberatung und stehen Ihnen bei jeglichen Belangen zur Seite. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf, um die Fragen in Ihrem Kopf zu lösen.
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