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Seit Dezember 2024 unterliegen Händler den novellierten Verpflichtungen zur Produktsicherheit. Die General Product Safety Regulation, kurz als GPSR bezeichnet, regelt, welche Produkte ohne spezifische EU-Vorgaben in den Verkehr gebracht werden dürfen. Besonders im Online-Handel sind damit vollkommen neue Herausforderungen verbunden. Eine unvollständige oder fehlerhafte Umsetzung kann schnell zu Abmahnungen führen. Nachfolgend geben wir Einblick in die General Product Safety Regulation und welche Fallstricke sich daraus ergeben können.
Die EU hat im Mai 2023 die Verordnung 2023/988 zur allgemeinen Produktsicherheit (GPSR) im Amtsblatt veröffentlicht. Nach einer Übergangsfrist von 18 Monaten ersetzt sie am 13. Dezember 2024 die bisher geltende Richtlinie 2001/95/EG. Ab diesem Zeitpunkt gilt die Verordnung unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten.
Die GPSR gilt für alle Verbraucherprodukte gemäß Artikel 1 Abs. 2 GPSR. Entscheidend ist, ob ein Produkt vernünftigerweise von Verbrauchern genutzt werden könnte, selbst wenn es nicht speziell für sie bestimmt ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um neue, gebrauchte, reparierte oder wiederaufgearbeitete Waren handelt (Artikel 2 Abs. 3 GPSR).
Ein Produkt im Sinne der Verordnung umfasst sämtliche Gegenstände, die entgeltlich oder unentgeltlich angeboten werden – auch im Rahmen einer Dienstleistung (Artikel 3 Nr. 1 GPSR).
Zusätzlich ergänzt die GPSR bestehende produktspezifische Sicherheitsvorschriften, wenn diese bestimmte Aspekte nicht regeln. Das betrifft insbesondere Produkte mit der CE-Kennzeichnung, sofern deren Richtlinien nicht alle relevanten Sicherheitsanforderungen oder Risikobewertungen abdecken.
Händler sollten allerdings darauf verzichten, mit der Einhaltung der GPSR zu werben. Dies stellt keine Besonderheit, sondern eine gesetzliche Pflicht dar. Hinweise als Werbung mit Selbstverständlichkeiten führen schnell zu einer Abmahnung. Ähnliche Fälle gab es bereits bei Aussagen wie „Originalware“ oder „CE-zertifizierte Produkte“.
Hersteller und Händler sind nach der General Product Safety Regulation an verschiedene Verpflichtungen gebunden, um die Produktsicherheit sicherzustellen. Die Anforderungen unterscheiden sich je nach Rolle im Wirtschaftsverkehr.
Nach Artikel 9 GPSR müssen Hersteller gewährleisten, dass ihre Produkte den allgemeinen Sicherheitsanforderungen entsprechen und alle notwendigen Nachweise vorliegen. Dazu zählen:
Händler müssen sicherstellen, dass Hersteller und Importeure ihren gesetzlichen Verpflichtungen bereits nachgekommen sind. Die Vorgaben sind in Artikel 12 GPSR festgelegt und beinhalten insbesondere:
Die Verpflichtungen der GPSR gelten für alle Verbraucherprodukte, also Waren, die für den Endverbraucher bestimmt sind oder vernünftigerweise von Verbrauchern genutzt werden könnten. Produkte, die ausschließlich für den gewerblichen Gebrauch vorgesehen sind und unter normalen Umständen nicht in Verbraucherhände gelangen, fallen nicht unter die Verordnung. Da die GPSR jedoch keinen Unterschied zwischen B2B- und B2C-Geschäften macht, können auch ursprünglich für den gewerblichen Bereich bestimmte Produkte erfasst sein, wenn sie letztlich von Verbrauchern genutzt werden. Dies betrifft beispielsweise Werbematerialien, die an Unternehmen verkauft werden, aber potenziell auch an Endkunden weitergegeben werden könnten.
Ein wesentlicher Aspekt für Online-Händler ist die Pflicht zur Produktabbildung. In den meisten Fällen muss zu jedem Artikel ein Produktfoto bereitgestellt werden. Falls dies mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist, haben Shop-Betreiber die Möglichkeit, stattdessen eine Illustration oder ein piktografisches Symbol zu nutzen. Dies gilt insbesondere für jene Portale, die über eine große Auswahl an Kleinteilen wie Schrauben oder Nägeln verfügen, bei denen ein Foto für jeden einzelnen Artikel kaum bewältigbar und wirtschaftlich sinnvoll wäre.
Zusätzlich müssen Herstellerangaben auf oder in direkter Nähe zur Produktabbildung klar erkennbar sein. Dazu gehören der Name, die Anschrift sowie eine elektronische Kontaktmöglichkeit des Herstellers. Es reicht nicht aus, diese irgendwo „dazwischen“ zu platzieren. Da die Angaben sicherstellen, dass Verbraucher die Herkunft des Produkts unmittelbar nachvollziehen können, ist die direkte Ersichtlichkeit maßgeblich. Alles andere unterliegt der potenziellen Abmahngefahr.
Wichtig ist: Pflichtinformationen im Online-Shop müssen klar, eindeutig und gut sichtbar bereitgestellt sein. Versteckte oder schwer auffindbare Hersteller- und Importeursdaten sowie Warn- und Sicherheitshinweise sind unzulässig und abmahnfähig. Zudem muss das Produkt eindeutig identifizierbar sein, wie weiter oben beschrieben, durch Produktabbildung, die Bezeichnung sowie weitere relevante Identifikationsmerkmale.
Alle Angaben sollten sich ferner strukturiert präsentieren. Sie dürfen nicht im Fließtext untergehen, sondern unter einer klaren Überschrift wie „Produktsicherheit“ oder „Angaben zur Produktsicherheit“ aufgeführt sein.
Eine einfache Verlinkung ist hingegen nicht ausreichend. Gleiches gilt für Informationen im Impressum, in den FAQ oder auf einer Hilfeseite. Auch eine ausschließlich digitale Kennzeichnung (z. B. über einen QR-Code) genügt nicht, um die Anforderungen der GPSR zu erfüllen. Alle vorgeschriebenen Angaben müssen physisch auf dem Produkt oder, falls dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder einer Begleitdokumentation angebracht sein. Eine zusätzliche digitale Bereitstellung ist erlaubt, ersetzt aber nicht die physischen Kennzeichnungspflichten.
Tipp: Besonders zu empfehlen ist die Erstellung einer eigenen, gut sichtbaren Kategorie oder eines separaten Reiters im Online-Angebot.
Anforderung |
Beschreibung |
Herstellerangaben |
Name, eingetragener Handelsname oder Marke, Postanschrift und elektronische Kontaktmöglichkeit |
Verantwortliche Person in der EU |
Falls der Hersteller nicht in der EU niedergelassen ist, muss eine verantwortliche Person angegeben werden (Einführer, Bevollmächtigter oder Fulfillment-Dienstleister). |
Produktidentifikation |
Eindeutige Merkmale zur Identifikation, einschließlich Produktabbildung, Typ, Seriennummer oder anderer Identifikatoren |
Warnhinweise und Sicherheitsinformationen |
Angaben zu Risiken und Sicherheitsvorkehrungen in verständlicher Sprache, entweder direkt auf dem Produkt, der Verpackung oder einer Begleitunterlage. |
Fernabsatz (Onlinehandel) |
Angaben müssen bereits im Online-Angebot eindeutig und gut sichtbar enthalten sein. Folgende Mindestangaben sind erforderlich: |
Technische Unterlagen für Hersteller |
Gemäß Art. 9 Abs. 2 GPSR müssen Hersteller eine technische Dokumentation erstellen, die als Nachweis für die Produktsicherheit dient. Diese basiert auf einer internen Risikoanalyse und umfasst mindestens eine allgemeine Produktbeschreibung. Je nach Produkt und Risiko können weitere Elemente erforderlich sein, darunter: |
Nachfolgend haben wir alle typischen Abmahnrisiken im Zusammenhang mit der GPSR anhand der vorangegangenen Informationen im Überblick für Sie abgeleitet.
Händler dürfen nicht mit der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben werben. Aussagen wie „GPSR-geprüfte Ware“ suggerieren eine besondere Qualität oder Zertifizierung, die nicht existiert. Da die Einhaltung der GPSR ohnehin verpflichtend ist, kann eine solche Werbeaussage als unlautere Werbung und damit als abmahnfähig gewertet werden.
Die GPSR verlangt, dass Hersteller- und Importeursdaten klar und leicht auffindbar im Online-Shop angegeben werden. Sie dürfen nicht an unerwarteten Stellen, zum Beispiel zwischen den Produktbildern, platziert sein. Fehlden die Angaben oder sind sie schwer auffindbar, droht eine Abmahnung wegen mangelnder Transparenz und unzureichender Verbraucherinformation.
Warn- und Sicherheitshinweise müssen ebenso für Verbraucher klar ersichtlich sein. Sind sie nicht vorhanden, nicht in verständlicher Sprache formuliert oder an einer schwer zugänglichen Stelle im Shop verortet, kann dies als Verstoß gegen die Informationspflichten gewertet werden.
Produkte müssen eindeutig identifizierbar sein, beispielsweise durch eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer. Fehlen die Angaben oder sind sie nicht korrekt hinterlegt, hat das oftmals eine Abmahnung zur Folge.
Falls ein Hersteller außerhalb der EU ansässig ist, muss ein in der EU niedergelassener Wirtschaftsakteur (Einführer, Bevollmächtigter oder Fulfillment-Dienstleister) angegeben werden. Fehlt die Information, kann eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen die GPSR-Kennzeichnungspflichten drohen.
Die GPSR erlaubt keine rein digitale Kennzeichnung. Angaben wie Herstellerdaten oder Warnhinweise müssen physisch auf dem Produkt oder der Verpackung angebracht sein. Eine alleinige Bereitstellung über einen QR-Code oder eine digitale Datei reicht nicht aus. Wer ausschließlich auf digitale Kennzeichnung setzt, riskiert eine Abmahnung.
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