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Nikotin, ein Stoff, welcher süchtig macht und für viele Personen ein Teil ihres Lebens ist. Während früher rauchen noch als toll angesehen wurde und so fest ein Teil der Gesellschaft war, dass selbst in Flugzeugen, Fahrstühlen und anderen geschlossenen Räumen eine Zigarette angezündet wurde, so ist dies heute anders. Viele Personen rauchen nicht mehr oder versuchen sich dies abzugewöhnen. Andere versuchen nur den Rauchgeruch zu vermeiden oder wollen vielleicht auch einfach nur die Zeit, in welcher sie nicht rauchen können, überbrücken. Manche greifen dafür zu anderen Nikotin Produkten.
Neben vielen Alternativen gibt es auch Nikotin Pouches. Die Rechtslage und Einordnung dieser Nikotin Pouches, darum geht es in diesem Artikel.
Nikotin Pouches sind tabakfreie Beutel, welche zwischen Lippe und Zahnfleisch gelegt werden, so dass das Nikotin dann durch die Mundschleimhaut aufgenommen wird. Vergleichbar ist das Produkt also mit Snus, dem Oraltabak, welcher ebenfalls in solchen Beuteln kommt und genauso konsumiert wird, nur dass halt bei den Nikotin Pouches gerade kein Tabak enthalten ist. Die Richtlinie 2014/40 der EU zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen hatte allerdings zur Folge, dass in der gesamten EU ausgenommen von Schweden Snus verboten wurde.
Das Verbot von Snus in Deutschland ist in § 11 des Tabakerzeugnisgesetzes niedergeschrieben. Aber wie bereits aufgeführt, liegt das Verbot im Tabak begründet. Nikotinbeutel enthalten keine natürlichen Teile der Tabakpflanze und stellen folglich keine Tabakerzeugnisse dar. Es stellt sich daher die Frage, wie mit Nikotin Pouches umzugehen ist.
Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei Nikotin Pouches nicht um ein Tabakerzeugnis handelt, haben viele Gerichte versucht, diese rechtlich einzuordnen. Dabei hat sich herausgebildet, diese als Lebensmittel im Sinne der BasisVO zu behandeln. Zu diesem Entschluss kam auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg mit seinem Beschluss vom 19.08.2021 mit dem Aktenzeichen 5 Bs 56/21. In dem vorliegenden Sachverhalt des OVG ging es darum, dass die Behörde untersagt hatte, Nikotin Pouches in den Verkehr zu bringen und ein Tabakkonzern dagegen vorging. In diesem Rechtsstreit war die Kernfrage zu klären, ob es sich bei den Nikotin-Pouches tatsächlich um Lebensmittel im Sinne der BasisVO handelt.
Nach Art. 2 der Verordnung sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von welchen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Dabei war insbesondere streitig, in wie fern eine „Aufnahme“ i.S.d. Art. 2 BasisVO vorliegt. Die Vorinstanz argumentierte, dass das Tatbestandsmerkmal des „Aufnehmens“ bereits durch die Aufnahme des Nikotins über die Mundschleimhaut erfüllt ist. Das OVG sah dies jedoch anders. Es stellt fest, dass eine Aufnahme über die Mundschleimhaut nicht ausreiche. Vielmehr müssen die betreffenden Erzeugnisse über den Magen-Darm-Trakt in den menschlichen Körper gelangen, um das Tatbestandsmerkmal des „Aufnehmens“ zu erfüllen.
Beim Konsum der Nikotinbeutel werden die neben dem Nikotin auch enthaltenden schmackhaften Süß- und Aromastoffe über den Speichel geschluckt und gelangen damit in den Magen-Darm-Trakt. Da ein dreißigminütiger Konsum vorgesehen ist, sei diese Aufnahme auch erwartbar. Somit liege eine Aufnahme i.S.d. Verordnung trotz der anderen Definition der „Aufnahme“ vor und die Nikotin-Pouches stellen ein Lebensmittel dar. Unterstützt wird dies auch dadurch, dass in Art. 2 BasisVO ausdrücklich auch ein Kaugummi als Lebensmittel eingeordnet wird.
Allerdings ist die nächste Frage, die sich stellt, nachdem die Nikotin Pouches als Lebensmittel eingeordnet sind, wie sich diese rechtliche Einordnung auswirkt. Gem. Art. 14 BasisVO dürfen nur sichere Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden. Dieses Kriterium ist gegeben, wenn es gesundheitsschädlich und/ oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist. Das OVG führt an, dass Nikotin hochgiftig ist und eine Suchtwirkung habe. Das in den Beuteln enthaltende Nikotin überschreite den Referenzwert deutlich und enthalte somit eine gesundheitsschädliche Menge.
Es braucht keinen eindeutigen Nachweis der Gesundheitsschädlichkeit, die wahrscheinlichen Auswirkungen des Lebensmittels sind als ausreichend zu betrachten. Aus diesem Grund handele es sich somit um ein nicht sicheres Lebensmittel und darf nicht in den Verkehr gebracht werden. Zu demselben Ergebnis kam auch das OVG Lüneburg 13. Senat, Beschluss vom 09.02.2021, 13 ME 580/20.
In den Niederlanden hat die Regierung 2023 die Vorschriften auf alle anderen Arten von tabakfreien Nikotinprodukten ausgeweitet. Vom österreichischen Tabak- und Nichtraucherinnen- und Nichtraucherschutzgesetz sind Nikotinbeutel nicht erfasst. Denn mangels enthaltenen Tabaks fallen sie ebenfalls nicht unter die dortige Definition der „Tabakerzeugnisse“. Da es keine sonstigen Regelungen gibt, unter die die Pouches fallen, sind diese somit legal. Auch in Frankreich zählen Nikotin Pouches mangels Tabaks nicht als Tabakerzeugnisse.
Sie werden jedoch vom Gesetzgeber als Nikotinprodukte eingestuft, was zu einer besonderen Regulierung führt. Zunächst werden die Produkte auch hinsichtlich des enthaltenen Nikotingehalts von den Behörden überwacht. Je nach Dosierung können sie zusätzlichen Beschränkungen unterliegen.
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