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Die Vertragsstrafe im Immaterialgüterrecht


Abmahnung und Vertragsstrafe: Wann Unterlassungsverpflichtungen richtig teuer werden

Wer eine fremde Marke, ein geschütztes Werk oder wettbewerbswidrige Werbung unzulässig nutzt, riskiert nicht nur eine Abmahnung, sondern auch empfindliche rechtliche Folgen. In vielen Fällen folgt auf die Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, in der sich der Abgemahnte verpflichtet, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen. Wird diese Verpflichtung verletzt, droht eine Vertragsstrafe.

Die Vertragsstrafe – auch als Konventionalstrafe bekannt – zählt zu den effektivsten Instrumenten zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen im Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht. Sie wirkt als Druckmittel und zugleich als pauschalierter Schadensersatz, der auch ohne konkreten Schadensnachweis greift. In diesem Beitrag erklären wir, wie die Vertragsstrafe im Immaterialgüterrecht funktioniert, wann sie fällig wird und worauf Unternehmen und Privatpersonen achten sollten.


Wie entsteht eine Vertragsstrafe?

In der Praxis wird die Vertragsstrafe im gewerblichen Rechtsschutz meist über eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung vereinbart. Dabei handelt es sich um eine außergerichtliche Lösung, mit der sich der Abgemahnte verpflichtet, ein bestimmtes rechtswidriges Verhalten künftig zu unterlassen – unter Androhung einer Geldzahlung im Wiederholungsfall. Juristisch betrachtet entsteht mit der Unterzeichnung dieser Erklärung ein Unterlassungsvertrag, geregelt in den §§ 339 ff. BGB.

Dieser Vertrag kommt zivilrechtlich durch Angebot und Annahme zustande: Das Angebot stellt in der Regel die vom Rechteinhaber vorformulierte Unterlassungserklärung dar, die durch die Unterschrift des Abgemahnten wirksam angenommen wird. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung durch den Abmahner ist laut § 151 BGB nicht erforderlich – die Unterzeichnung allein genügt.

Wichtig zu wissen: Wer eine solche Erklärung unterschreibt, übernimmt eine verbindliche rechtliche Verpflichtung. Kommt es später erneut zu einem Verstoß, kann dies erhebliche finanzielle Folgen nach sich ziehen – unabhängig davon, ob dem Rechteinhaber ein konkreter Schaden entstanden ist. Die Vertragsstrafe wirkt somit präventiv und abschreckend, ersetzt jedoch nicht die Möglichkeit, Unterlassungsansprüche auch gerichtlich durchzusetzen, sollte es trotz Erklärung zu weiteren Rechtsverletzungen kommen.

Daher gilt: Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sollte niemals ungeprüft unterzeichnet werden. Häufig lassen sich durch eine modifizierte Unterlassungserklärung unfaire oder unangemessen hohe Vertragsstrafen vermeiden. Eine rechtliche Beratung ist in diesen Fällen dringend zu empfehlen.

Grundsätzlich gibt es zwei gängige Modelle der Vertragsstrafe. Zum einen kann eine feste Vertragsstrafe vereinbart werden – das bedeutet, dass für jeden Verstoß ein bestimmter Geldbetrag, beispielsweise 5.000 Euro, fällig wird. Der Vorteil liegt in der klaren Berechenbarkeit und schnellen Anwendbarkeit. Nachteilig ist jedoch, dass diese Regelung keine Rücksicht auf die Schwere oder den Einzelfall des Verstoßes nimmt.

Zum anderen gibt es die Möglichkeit einer angemessenen Vertragsstrafe nach dem sogenannten „Hamburger Brauch“. Dabei legt im Wiederholungsfall zunächst der Rechteinhaber die Höhe der Strafe fest. Diese kann jedoch durch ein Gericht auf ihre Angemessenheit überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Diese Variante bietet mehr Flexibilität, birgt jedoch das Risiko späterer Auseinandersetzungen über die tatsächliche Höhe der Strafe.

In jedem Fall prüfen Gerichte Vertragsstrafen regelmäßig auf ihre Verhältnismäßigkeit. Ist eine Vertragsstrafe unangemessen hoch, kann sie gemäß § 343 BGB auf ein angemessenes Maß reduziert werden.

Wann ist die Vertragsstrafe fällig?

Eine Vertragsstrafe wird nur dann fällig, wenn der Verstoß schuldhaft erfolgt – also vorsätzlich oder fahrlässig. Selbst wenn der Verletzer nicht selbst gehandelt hat, sondern z. B. ein Mitarbeiter oder ein beauftragter Dritter, bleibt er für die Einhaltung der Unterlassungspflicht verantwortlich. Die Pflicht zur sorgfältigen Organisation („Organisationsverschulden“) ist Teil der Sorgfaltspflicht.

 

Das sagt die Rechtsprechung zur Vertragsstrafe im Immaterialgüterrecht

1.     Ernsthaftigkeit der Strafandrohung

Die Vertragsstrafe muss so ausgestaltet sein, dass sie geeignet ist, den Schuldner von weiteren Verstößen abzuhalten.

 

2.     Angemessene Höhe der Vertragstrafe

Die Vertragsstrafe muss einerseits abschreckend sein, andererseits nicht unverhältnismäßig. Die Höhe hängt ab von:

-       Art und Schwere des Verstoßes

-       Wirtschaftlichem Gewicht des Verletzers

-       Umfang des Schutzrechts

Pauschale Vertragsstrafen (z.B. 10.000 Euro) sind zulässig, können aber im Einzelfall unangemessen sein.

 

3.     Hamburger Brauch

Eine beliebte Praxis in der Rechtsprechung ist der sogenannte “Hamburger Brauch”: Der Verletzer verspricht eine angemessene Vertragsstrafe, deren Höhe der Gläubiger nach billigem Ermessen festlegt – überprüfbar durch das zuständige Gericht (§ 315 BGB).

Diese flexible Regelung hat sich insbesondere im Bereich des Wettbewerbs- und Markenrechts durchgesetzt. Der Hamburger brauch bietet sich insbesondere in den Fällen an, in denen eine konkrete Summe vorab schwer bestimmbar ist.

 

4.     Mehrfache Verstöße – Wiederholungswirkung

Die Vertragsstrafe kann bei mehrfachen gleichartigen Verstößen mehrfach anfallen. Die Gerichte prüfen dann, ob ein eigenständiger Verstoß vorliegt oder eine natürliche Handlungseinheit gegeben ist.


SBS LEGAL – Kanzlei für Immaterialgüterrecht

In der Praxis ist die Vertragsstrafe ein wirkungsvolles Mittel, um Unterlassungspflichten im Immaterialgüterrecht durchzusetzen. Sie schafft rechtliche Verbindlichkeit und wirkt abschreckend gegenüber weiteren Verstößen. Gleichzeitig birgt sie erhebliche Risiken – insbesondere dann, wenn Unterlassungserklärungen unüberlegt oder ungeprüft abgegeben werden. Schon kleine Nachlässigkeiten oder unbeabsichtigte Wiederholungen können teure Folgen haben. Umso wichtiger ist es, vor der Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung rechtlichen Rat einzuholen und mögliche Fallstricke frühzeitig zu erkennen.

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