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| Medienrecht, Reputationsrecht

Diese Sorgfaltspflichten gelten für Blog-Autoren


Blogs sind eine beliebte Art der Kommunikation im Internet, bei der regelmäßig über bestimmte Sachverhalte berichtet werden kann. In Einzelfällen kommt es jedoch vor, dass sich Personen, über die in einem Blogeintrag berichtet wird, dagegen wehren wollen. Insbesondere können sie der Meinung sein, der Eintrag würde ihren Ruf schädigen oder man hätte ihnen die Möglichkeit geben müssen, Stellung zu nehmen. Welche Sorgfaltspflichten Blogger beachten müssen, wurde in einem Urteil des LG Schweinfurt vom 26.07.2023 (Az. 11 O 458/22) erneut ausgeführt.

Medienstaatsvertrag gibt Rahmen vor

Wenn es um Sorgfaltspflichten beim journalistischen Arbeiten geht, ist der Medienstaatsvertrag (MStV) zu beachten. Insbesondere § 19 MStV bietet eine gute Übersicht darüber, was genau unter Sorgfaltspflichten zu verstehen ist. Hier einige Auszüge:

§ 19 Abs. 1 MStV: Sorgfaltspflichten

S. 1: Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, in denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text oder Bild wiedergegeben werden, haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen.

S. 2: Gleiches gilt für andere geschäftsmäßig angebotene, journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedien, in denen regelmäßig Nachrichten oder politische Informationen enthalten sind und die nicht unter Satz 1 fallen.

S. 3: Nachrichten sind vom Anbieter vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen.

[...]


Man erkennt hier schnell, dass eine gewisse Schwelle erreicht werden muss, damit man diese Anforderungen beachten muss. Nicht jeder Internetartikel ist automatisch journalistisch-redaktionell gestaltet.

Für wen gelten die Pflichten?

Es lohnt sich also, zu wissen, wann diese Schwelle erreicht ist. Das OLG Bremen hielt dazu bereits in einem Urteil vom 14.01.2011 (Az. 2 U 115/10) folgendes fest: Kennzeichnende Merkmale journalistisch-redaktionell gestalteter Angebote seien eine gewisse Selektivität und Strukturierung, das Treffen einer Auswahl nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz mit dem Ziel des Anbieters, zur öffentlicher Kommunikation beizutragen, die Ausrichtung an Tatsachen (sog. Faktizität), ein hohes Maß an Aktualität, nicht notwendig Periodizität, ein hoher Grad an Professionalisierung der Arbeitsweise und ein gewisser Grad an organisierter Verfestigung, der eine gewisse Kontinuität gewährleistet.

Das sind Kriterien, an denen man sich gut orientieren kann. Man nutzt sie, um im Einzelfall bestimmen zu können, ob ein Blog sich an die Sorgfaltspflichten der §§ 19 ff. MStV halten muss. Wichtig ist auch, dass die Bezeichnung einer Internetseite als „Blog“ nicht dazu führt, dass er presserechtlichen Grundsätzen entsprechen muss.

Und auch, dass ein Blogartikel bspw. einem Rechtsanwalt zugeordnet werden kann, der im Vorfeld schon journalistisch tätig war, reicht nicht aus. Laut dem LG Schweinfurt sei darauf abzustellen, ob es um eine im Pressewesen tätige Person in Ausübung ihrer Funktion geht. Damit sei nicht ausgeschlossen, dass eine Person, die als Journalist tätig ist bzw. war, sich kommunalpolitisch engagiert und in dieser Funktion in der Öffentlichkeit kommuniziert, ohne dass hierfür die strengen presserechtlichen Vorgaben des Bundesgerichtshofs zu beachten wären. Gleiches gelte erst recht für die berufliche Tätigkeit des Beklagten als Rechtsanwalt.


Wichtige Sorgfaltspfichten

Doch welche Pflichten ergeben sich genau aus der Einstufung als journalistisch-redaktionell gem. MstV? Bspw. muss dann selbst recherchiert werden, Informationen aus anderen Veröffentlichungen gelten dabei nicht als Recherche. Selbst dann, wenn sie von einem „Qualitätsmedium“ stammen. Nur sog. privilegierte Quellen wie Agenturmeldungen oder Äußerungen von Behörden darf ein Journalist ohne Eigenrecherche übernehmen.

Weiter besteht eine Pflicht zur Vollständigkeit. Die Wahrheit darf man nicht bewusst verzerren und relevante Tatsachen nicht weglassen. Der Sachverhalt soll umfassend beleuchtet werden, es müssen also auch entlastende Informationen berücksichtigt werden.

Wichtig ist auch die Berichterstattung, wenn bestimmte Tatsachen gerade nicht erwiesen sind. Journalisten dürfen natürlich auch über Gerüchte berichten. Dabei müssen sie vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt anstellen. Erforderlich ist laut dem LG Schweinfurt jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert“ verleihen.

Bürgerplattform Schweinfurt vor Gericht

Das Urteil erging in einem Rechtsstreit zwischen der Amtsleiterin einer unbenannten Stadt sowie dem medienrechtlichen Verantwortlichen der Internetseite der Bürgerplattform Schweinfurt. In einem Blogartikel der Bürgerplattform berichtete sie darüber, dass die dortige Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen versuchter Strafvereitelung gegen die Amtsleiterin der Stadt wieder aufgenommen hatte. Das gefiel der Amtsleiterin nicht und sie erhob Klage auf Unterlassung jeglicher identifizierender Berichterstattung gegen sie.

Insbesondere war sie wütend, weil sie keine Möglichkeit bekommen hatte, Stellung zu nehmen. Hier lag der Knackpunkt: Eine Pflicht, Betroffene Stellung nehmen zu lassen, gibt es nur für medienrechtlich Verantwortliche gem. MStV. Der Streit drehte sich also im Kern darum, ob die Internetseite der Bürgerplattform Schweinfurt als journalistisch-redaktionell gestalteter Blog eingestuft werden musste.

Urteil: Klage wird abgeschmettert

Das LG Schweinfurt wies die Klage als unbegründet zurück. Zunächst einmal habe der Artikel über Tatsachen berichtet, nicht über Gerüchte. Er richte sich nicht gegen die Amtsleiterin als Person, sondern ging es lediglich um eine Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft über eine Wiederaufnahme von Ermittlungen.

Die Klage könnte also nur mit der unterlassenen Einholung einer Stellungnahme der Klägerin vor Veröffentlichung des Blog-Eintrags begründet werden. Bei der Internetseite sei jedoch kein hoher Grad an Professionalisierung der Arbeitsweise erkennbar. Vielmehr wurden in diesem Zeitraum eher zufällig wirkende Einträge eingestellt, die nicht den Eindruck eines hohen Grades an Professionalisierung der Arbeitsweise erwecken würden, wie dies bei einem journalistisch-redaktionell gestalteten Angebot zu erwarten wäre. Sondern stellten sie sich als Berichte über die eigene Tätigkeit der Bürgerplattform insbesondere aus Sicht des Beklagten dar.

Den Einträgen fehle für den Leser klar erkennbar auch nur der Anschein von Objektivität, vielmehr wird durchgehend deutlich, dass diese aus Perspektive der Bürgerplattform und/oder des Beklagten verfasst sind, auch wenn vom Beklagten in der 3. Person gesprochen wurde. Angesichts der geringen Frequenz der Einträge und des Umstandes, dass nicht unbedingt nachvollziehbar erscheint, welche Umstände berichtenswert erscheinen und welche nicht, fehlt es aus Sicht eines Lesers auch an einem gewissen Grad an organisierter Verfestigung, der eine gewisse Kontinuität gewährleisten würde.

Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände kam das LG Schweinfurt also zu dem Schluss, dass der Blog privater Natur war. Eine Anhörung war also nicht erforderlich. Man merkt an der Rechtsprechung aber, dass die Schwelle im Einzelfall auch schnell mal erreicht sein kann. Dann sollte man sich der Sorgfaltspflichten bewusst sein.

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