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In einem Fall vor dem Kammergericht (KG) wurde diskutiert, ob die in Art. 2 § 1 Abs. II S. 2 Covid-19-Gesetz (Gesetz vom 27.03.2020, BGBl 2020 I, 569) geregelte Einschränkung des Frage- und Auskunftsrechts von Aktionären mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Das Frage- und Auskunftsrecht der Aktionäre ergibt sich aus § 131 Abs. 1 S. 1 Aktiengesetz (AktG) – die Einschränkungen dieses Rechts durch das Covid-19-Gesetz sollen laut KG europarechtskonform sein.
Innerhalb eines aktienrechtlichen Freigabeverfahrens gem. § 246 a AktG wurde über die Wirksamkeit von Beschlüssen in der Hauptversammlung einer Societas Europaea (SE (Europäische Aktiengesellschaft)) gestritten, die im September 2020 in einer virtuellen Hauptversammlung gefasst wurden. Streitgegenstand war eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien nach deren Erwerb im Rahmen eines Delisting-Verfahrens und die Frage, ob in der aufgrund der Covid-19-Pandemie virtuell durchgeführte Hauptversammlung das Frage- und Auskunftsrecht der Aktionäre gravierend verletzt wurde. Die Streitfrage ergab sich daraus, dass während der laufenden Versammlung keine Fragen verbal gestellt werden konnten, sondern vorher elektronisch eingereicht werden mussten. Das KG sieht hierin jedoch keine Verletzung von Auskunftsrechten.
Insbesondere ergebe sich gem. Art. 9 Abs. 1 S. 1 der Aktionärsrechterichtlinie aus dem Frage- und Auskunftsrecht der Aktionäre nicht notwendig ein in der Versammlung verbal auszuübendes Recht. Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des Art. 2 § 1 Abs. 2 S. 2 Covid-19-Gesetz sei es vollkommen rechtmäßig, Fragen nur bis zu zwei Tage vor der Hauptversammlung in elektronischer Form einreichen und nicht während der laufenden Versammlung stellen zu können.
Die Einschränkungen des Frage- und Auskunftsrechts der Aktionäre, welche in Art. 2 § 1 Abs. 7 Covid-19-Gesetz begründet sind, verstoßen zudem weder gegen Art. 8 und 9 der Aktionärsrechterichtlinie (Richtlinie 2007/36/EG), noch gegen Art. 14 Grundgesetz (GG).
Festzulegen, wann und wie Fragen zu stellen sind, sei gem. Art. 8 der Richtlinien vielmehr den Mitgliedstaaten selbst überlassen. Selbst die Tatsache, dass nach den Regelungen in Art. 2 § 1 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 Covid-19-Gesetz nach pflichtgemäßem und freiem Ermessen entschieden werden kann, welche Fragen durch den Vorstand beantwortet werden, sei rechtlich unbedenklich. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn nur durch Nichtbeantwortung einer Frage der ordnungsgemäße Ablauf der Versammlung gewährleistet würde. Dies wird auch gem. Art. 9 Abs. 2 S. 1 der Aktionärsrechterichtlinie ausdrücklich als sekundärrechts- und grundgesetzkonform erachtet.
Durch das in der aktuellen Fassung von Art. 2 § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Covid-19-Gesetz statuierte Fragerecht gibt es zwar eine Annäherung an die Regelung des § 131 AktG, was allerdings keine Veränderung dahingehend hervorruft, dass es trotzdem die Entscheidung des Vorstandes bleibt, in welcher Form er die jeweilige Frage zu beantworten hat. Dies unterliegt weiterhin seinem pflichtgemäßen Ermessen.
KG, Beschluss vom 25.03.2021 – 12 AktG 1/12 = BeckRS 2021, 10282
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