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Einziehung von Geschäftsanteilen: Gutglaubensschutz?


Jüngst hat das Kammergericht Berlin (KG Berlin) eine Entscheidung getroffen und § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG für den Fall einer Einziehung von Geschäftsanteilen und Aufstockung für nicht anwendbar erklärt (KG, Beschluss v. 07.09.2023 – 23 U 41/23).

Einziehung von Gesellschaftsanteilen

Innerhalb einer Gesellschaft kann es zu Streitigkeiten zwischen Gesellschafter kommen, was sogar zur Einziehung von Geschäftsanteilen eines Gesellschafters führen kann. Grundsätzlich wird diese Einziehung in der Gesellschafterversammlung beschlossen. Letztlich hat der Beschluss dann den Ausschluss dieses Gesellschafters aus der Gesellschaft zur Folge. Danach steht ihm aber noch ein Abfindungsanspruch zu. Die eingezogenen Geschäftsanteile werden den übrigen Gesellschaftern zugeteilt bzw. die Geschäftsanteile der übrigen Gesellschafter werden in ihrem Nennbetrag entsprechend aufgestockt. So ereignete sich auch der Fall in Berlin, dem die Entscheidung des Kammergerichts zugrunde lag. Dem Handelsregister war infolgedessen eine aktualisierte Gesellschafterliste zu entnehmen, worin der ausgeschlossene Gesellschafter gerade nicht aufgezählt war.

Kein Anspruch auf Zuordnung eines Widerspruchs

Gemäß § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG beabsichtigte der ausgeschlossene Gesellschafter über die einstweilige Verfügung die Eintragung eines Widerspruchs in die neue Gesellschafterliste, um den Gutglaubensschutz eines ahnungslosen Dritten bei einem möglichen Anteilskauf zu verhindern. Zeitgleich wandte er sich nämlich auch gegen die Einziehung selbst. Das Gericht lehnte die Zulässigkeit des Widerspruchs jedoch ab.


KG Berlin: Kein Gutglaubensschutz nach Einziehung von Geschäftsanteilen

Das Gesetz sieht einen gutgläubigen Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder einem Recht daran vor, ohne dass der Veräußerer überhaupt Inhaber dieser Anteile sein muss, § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG. Ausreichend ist lediglich der Rechtsschein durch die ins Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste; der Veräußerer muss aus dieser Gesellschafterliste nur als Inhaber der Geschäftsanteile hervorgehen. Das heißt, wenn eine überholte Gesellschafterliste im Handelsregister nicht korrigiert wird, so können erworbene Anteile plötzlich an einen Dritten übergehen, ohne dass man diese selbst verkauft hat. Allerdings gestaltet das Gesetz die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs in diesem Fall durch seine Einschränkungs-Tatbestände sehr restriktiv aus, § 16 Abs. 3 S. 2,3 GmbHG.

Nach dem KG Berlin scheide ein Gutglaubensschutz hinsichtlich der aufgestockten Geschäftsanteile im konkreten Falle allerdings von vornherein aus, ohne dass es auf die einschränkenden Tatbestände ankommt. Wirksame Verfügungen über die fraglich aufgestockten Anteile sei rechtlich nicht möglich. Weil ein endgültiger Verlust der Anteile des ausgeschlossenen Gesellschafters von ihm nicht zu befürchten sei, bliebe ein eingetragener Widerspruch wirkungslos.

Voraussetzungen für einen Gutglaubensschutz

Falls die Einziehung sich im Ergebnis als unwirksam herausstellt, so wäre die neue Gesellschafterliste nicht in Bezug auf die Inhaberschaft der übrigen Gesellschafter, sondern lediglich im Nennbetrag der Anteile wegen der vorgenommenen Aufstockung fehlerhaft. Bei einer unwirksamen Einziehung wären die übrigen Gesellschafter nämlich keine Nichtberechtigte im Sinne der Vorschrift und der Gutglaubensschutz – wie der in § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG geregelt wird – greife nicht schon bei fehlerhaftem Nennwert. Die Eintragung eines Widerspruchs setzt entsprechend aber wenigstens die Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs durch einen Dritten voraus; ein solcher muss konkret nicht bevorstehen, es reicht die abstrakte (rechtliche) Möglichkeit eines solchen Erwerbs, vgl. § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG. Demnach fehlen laut KG Berlin die Voraussetzungen für einen Widerspruch; wo ein Gutglaubensschutz nicht besteht, so sei ein eingetragener Widerspruch in der Gesellschafterliste auch obsolet.

Schließlich sei auch der potenziell erwerbende gutgläubige Dritte im Falle der Einziehung und Aufstockung ohne Gutglaubensschutz nicht schutzlos gestellt. Die abstrakte Existenz des Gutglaubensschutzes aus § 16 Abs. 3 GmbHG stellt Erwerber nicht gleich frei von Nachforschungen. Dem gutgläubigen Dritten stünde die Möglichkeit zu, die Historie der Gesellschafterlisten zu recherchieren, um sodann das Risiko eines „unerkannt verbliebenen Mitgesellschafters“ aufzudecken und dann einfach bei den Gesellschaftern nachzufragen.


Kritik an der Entscheidung des KG Berlin

Die Entscheidung hat durch Rechtanwender viel Kritik erfahren. Zwar stellt sich das Gericht auf den Standpunkt, dass die übrigen Gesellschafter in keinem Fall Nichtberechtigte sind oder werden, verkennt aber den Umstand, dass sie jedenfalls Nicht-So-Berechtigte werden, falls sich die Einziehung als unwirksam erweist. Es erscheint zudem widersprüchlich, dass der ausgeschlossene Gesellschafter im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Einziehung vorgehen und dabei ggf. die Wirkung des Einziehungsbeschlusses bis zur Entscheidung in der Hauptsache aussetzen kann, gleichzeitig aber Unternehmungen in Bezug auf die aktualisierte Gesellschafterliste nicht vornehmen darf. Letztlich ist auch die Transaktionssicherheit durch diese Entscheidung tangiert.


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