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Entgelttransparenz – Urteil gegen die Gender Pay Gap


Die Differenz zwischen den Gehältern von Männern und Frauen wird als Gender Pay Gap bezeichnet. Diese gibt es auch in Deutschland, und zwar auch dann, wenn man etwaige relevante Unterscheidungsfaktoren rausrechnet. Das Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern (EntgTranspG) ist 2017 in Kraft getreten und soll das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchsetzen. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16. Februar 2023 (Az.: 8 AZR 450/21) hat dies noch verstärkt.

Wie hoch ist die Gender Pay Gap?

Seitdem in den Medien viel über die Gender Pay Gap diskutiert wurde, verfolgen einige Institutionen diese besonders genau. Dazu zählt auch das statistische Bundesamt. Sie beschreibt die Gap als den Verdienstabstand pro Stunde zwischen Frauen und Männern. Berechnet man diese stumpf absolut, kommt die sog. unbereinigte Gender Pay Gap heraus: In Deutschland beträgt sie 18%. Bezieht man dazu noch die Unterschiede in der bezahlten monatlichen Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und in der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern (Gender Employment Gap), kommt man auf eine Arbeitsmarkts-Gender Pay Gap in Höhe von 39%.

Zahlreiche Kritiker dieser Metrik werfen ein, dass es für so eine Lücke einige Gründe geben kann, die nicht direkt aufs Geschlecht zurückzuführen sind. So arbeiten Frauen im Schnitt in schlechter bezahlten Berufsfeldern oder sind bloß in Teilzeit tätig. Darum gibt es auch die bereinigte Gender Pay Gap, die dabei herauskommt, wenn Tätigkeit, Bildungsweg und Erwerbsbiografie vergleichbar mit denen der männlichen Kollegen sind. So haben wir in Deutschland eine bereinigte Gender Pay Gap von 6%.

Das klingt vielleicht zunächst nicht nach viel, erstreckt sich jedoch über den gesamten Arbeitsmarkt. Die Gleichstellung von Mann und Frau ist in Art. 3 unseres Grundgesetzes bereits seit dem Jahre 1949 als Verfassungsgrundsatz verankert. Dass Frauen 2024 im Durchschnitt und bereinigt 6% weniger Gehalt verdienen, zeigt, dass dieses Ziel noch nicht erreicht ist. Darum ist es angezeigt, diese bereinigte Lücke zu erforschen und Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu schließen.

Das Entgelttransparenzgesetz

Das EntgTranspG wurde genau zu diesem Zweck geschaffen. Es verbietet eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Dazu sei noch gesagt, dass es auch auf eine geschlechterspezifische Benachteiligung von Männern anwendbar ist, soweit dieser Fall eintritt. Ein geringeres Entgelt einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft zählt das Gesetz zu den unmittelbaren Benachteiligungen.


Eine mittelbare Entgeltbenachteiligung liegt dagegen vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Beschäftigte wegen des Geschlechts gegenüber Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts in Bezug auf das Entgelt in besonderer Weise benachteiligen können. Solch eine Ungleichbehandlung kann aber durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sein, wenn auch die Mittel angemessen und erforderlich sind. Insbesondere arbeitsmarkt-, leistungs- und arbeitsergebnisbezogene Kriterien können ein unterschiedliches Entgelt rechtfertigen, sofern der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wurde.

Das klingt schön und gut, doch reicht es offensichtlich nicht, eine Geschlechterdiskriminierung bloß zu verbieten. Benachteiligten müssen Wege offenstehen, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Auch muss es Arbeitgebern schwer gemacht werden, solche Benachteiligungen zu schaffen. Darum sieht das EntgTranspG einige konkrete Maßnahmen vor.

Werkzeuge zur Bekämpfung der Gap

Das erste Werkzeug ist ein individueller Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber. In Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber können Beschäftigte bestimmte Auskünfte verlangen. Der Arbeitgeber muss sie über Verfahren und Kriterien der Entgeltfindung für das eigene Entgelt und das Entgelt der Vergleichstätigkeit und den statistischen Median des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts und höchstens zweier weiterer Entgeltsbestandteile der Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts informieren, die die Vergleichstätigkeit in demselben Betrieb bei demselben Arbeitgeber ausüben. Ansprechpartner ist grundsätzlich der Betriebsrat, wobei tariffreie Arbeitgeber innerhalb von drei Monaten antworten müssen.

Die zweite konkrete Regelung erfolgt in Form einer Aufforderung an private Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots zu überprüfen. Das Prüfverfahren ist in drei Phasen (Bestandsaufnahme, Analyse und Ergebnisbericht) aufzuteilen. Ergibt eine solche Prüfung geschlechtsspezifische Benachteiligungen beim Entgelt, sind geeignete Maßnahmen zur Beseitigung zu ergreifen.

Das letzte Werkzeug ist verpflichtend für Arbeitgeber mit regelmäßig mehr als 500 Beschäftigten, die zur Erstellung eines Lageberichts nach den §§ 264 und 289 des Handelsgesetzbuches (HGB) verpflichtet sind. Diese müssen einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit erstellen, in dem sie ihre Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung und Entgeltgleichheit darstellen. Wer keine solchen Maßnahmen ergreift, hat dies zu begründen.

Verschärfter Schutz dank EU-Richtlinie?

Der Unionsgesetzgeber hat die Problematik auch auf dem Schirm, weshalb am 10. Mai 2023 seine Richtlinie zur Entgelttransparenz in Kraft trat.  Sie muss von den Mitgliedstaaten bis zum 7. Juni 2026 in einfaches Recht umgesetzt werden – also steht eine Verschärfung des EntgTranspG an.

Zu den verschärften Regelungen zählt, dass bald sämtliche Arbeitgeber (nicht erst ab 200 Beschäftigten) ohne Aufforderung Kriterien für die Bemessung des Entgelts und die Entgeltentwicklung angeben müssen. Das Auskunftsverlangen wird außerdem weiter vereinfacht, sodass es bspw. nicht mehr schriftlich erfolgen muss.

Verstoßen Arbeitgeber gegen diese Pflichten, drohen harte Konsequenzen. Die Mitgliedstaaten müssen Vorschriften über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen erlassen. Dazu zählen Ansprüche auf vollständigen Schadensersatz der benachteiligten Arbeitnehmer, der die vollständige Nachzahlung entgangener Entgelte und damit verbundener Boni oder Sachleistungen sowie den Schadensersatz für entgangene Chancen, immateriellen Schaden, jeglichen Schaden, der durch andere relevante Faktoren verursacht wurde sowie Verzugszinsen erfasst.

Wichtiges Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Eine Arbeitnehmerin zog gegen ihren Arbeitgeber vor Gericht, als sie herausfand, dass sie weniger verdiente als ihr männlicher Kollege. Hierbei zeigte sich die Wirkung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften: Wenn Arbeitnehmer unterschiedlichen Geschlechts für die gleiche oder gleichwertige Arbeit ein unterschiedliches Gehalt beziehen, wird vermutet, dass eine Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts vorliegt.

Greift erstmal diese Vermutung, hat der Arbeitgeber es schwer. Er muss objektive Gründe für den Gehaltsunterschied darlegen und beweisen. Der Gehaltsunterschied muss dabei ausschließlich auf andere Gründe als das Geschlecht des Arbeitnehmers zurückzuführen sein. Kein ausreichender Grund ist, dass das vereinbarte höhere Gehalt im Rahmen der Vertragsfreiheit durch Gehaltsverhandlungen zustande gekommen sei. Ebenfalls reicht es nicht, dem höher vergüteten Arbeitnehmer einfach eine andere Stellenbezeichnung zu geben, obwohl er die gleiche Arbeit verrichtet.

Doch womit kann der Arbeitgeber sich überhaupt rechtfertigen? In Betracht kommen erwiesene Personalgewinnungsschwierigkeiten aufgrund der Lage auf dem Arbeitsmarkt, eine höhere Qualifikation oder eine längere einschlägige Berufserfahrung eines Kandidaten. Ein ausdrücklich geäußerter Wunsch des Arbeitnehmers nach einem geringeren Gehalt, bspw. im Austausch gegen mehr Freizeit, stellt nur einen Grund dar, wenn der Arbeitnehmer seinen Wunsch in Kenntnis aller Umstände äußert, d. h. insbesondere in Kenntnis des potenziell erzielbaren höheren Gehalts.


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