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| Lebensmittelrecht, Nahrungsergänzungsmittelrecht
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Neben Arzneimitteln sind in den vergangen Jahren eine Vielzahl von Produkten dazugekommen, die ähnliche Eigenschaften wie Arzneimittel aufweisen. Bei der Abgrenzung dieser Produkte kommt es jedoch immer wieder zu Unsicherheiten, so dass ein Lebensmittel auch schon mal in der falschen Produktkategorie vermarktet wird.
Das Lebensmittelrecht besagt, dass ein Lebensmittelunternehmer gemäß der Lebensmittelverordnung für die korrekte Kennzeichnung seiner vermarkteten Produkte einzustehen habe. Um den Sicherheits- und Qualitätsstandard des Apothekenrechts nachzukommen, ist es für das pharmazeutische Personal entscheidend zu wissen, ob Sie ihrer Kundschaft ein Arzneimittel oder ein Lebensmittel verkaufen.
Das Verwaltungsgericht Wien wandte sich 2021 mit acht Vorlagefragen an den Europäischen Gerichtshof (EUGH), um Unsicherheiten bezüglich der Abgrenzung und Auslegung von Produkten aus dem Weg zu räumen. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 02.03.2023 zu den Fragen Stellung genommen. Wir stellen Ihnen im Folgenden einen Auszug vor:
Das Verwaltungsgericht Wien wollte zuerst einmal vom EuGH erfahren, wie die Begriffe „Modifizierung der normalen Ernährung allein“ und „Diätmanagement“ nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe g) der VO (EU) 609/2013 zu interpretieren seien. Laut EuGH, werden von dem Begriff „Modifizierung der normalen Ernährung allein“ Tatbestände abgedeckt, bei denen es für den Patienten eine Gefahr darstelle, wenn dessen Ernährung verändert oder er nicht länger von herkömmlichen Lebensmitteln gesättigt werde. Mit dem Begriff „Diätmanagement“ sei hingegen gemeint, dass ein Nährstoffdefizit aufgrund beispielsweise einer Krankheit ermittelt werde und anschließend mit Nährstoffen behoben werden müsse.
„Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke" sollen die Patienten bei ihrem „Diätmanagement" unterstützen. Dass ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke geeignet ist, hänge nicht davon ab, ob der Eintritt des Erfolges durch die Verdauung geschehe.
Das Verwaltungsgericht Wien befragte den EuGH im nächsten Schritt, wie die Begriffe „Nahrungsergänzungsmittel“ und „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke" abgegrenzt werden können und ob es einen gegenseitigen Ausschluss gäbe.
Der EuGH bejahte die Frage bezüglich des gegenseitigen Ausschlusses. Um die Begriffe voneinander abzugrenzen, benötige es einen genauen Blick auf die jeweiligen Merkmale sowie die Verwendungsmöglichkeiten. Während „Nahrungsergänzungsmittel" zuzüglich zu einer ausgewogenen Ernährung eingenommen werden, werde auf ein „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke" zurückgegriffen, wenn aufgrund einer Krankheit, Beschwerde oder Störung eine reine Nahrungsumstellung allein nicht genüge. Daher müssen letztere bestimmten Ernährungsanforderungen nachkommen.
Als Nächstes wollte das Verwaltungsgericht Wien wissen, welche Kriterien herangezogen werden müssen, um die Begriffe „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ und „Arzneimittel“ zu differenzieren.
Laut EuGH müsse beachtet werden, dass die Regelungen für „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ und „Arzneimittel“ zu einem gegenseitigen Ausschluss führen. Man müsse anhand von Merkmalen evaluieren, ob ein Erzeugnis als Lebensmittel einzustufen sei, das Ernährungsanforderungen nachkommt oder ob es als Erzeugnis eingestuft werde, das dazu in der Lage ist, eine medizinische Diagnose aufzustellen, das Immunsystem zu stärken oder Krankheiten zu kurieren (Präsentationsarzneimittel), oder die Physiologie mittels einer metabolischen, immunologischen oder pharmakologischen Wirkung zu verbessern, zu beeinflussen oder wiederherzustellen (Funktionsarzneimittel).
Wenn man der Meinung des Gerichts folgt, sollte man im Zweifelsfall ein Erzeugnis als „Arzneimittel" einstufen, wenn es auf einen krankheitsbezogenen Nutzen hindeutet.
Zudem befragte das Verwaltungsgericht Wien den EuGH, wie der Begriff „Nährstoff“ auszulegen sei und nach welchen Kriterien ein Stoff als „Nährstoff" zu beurteilen sei.
Der EuGH wies in seiner Antwort darauf hin, dass der Begriff „Nährstoff“ im Kontext zu der Verordnung Nr. 1169/201, der Verordnung 2016/128 und der Verordnung Nr. 609/201 zu definieren sei. Hiernach seien mit dem Begriff „Nährstoff“ Vitamine, Mineralien, Ballaststoffe, Eiweiße, Fett, Natrium und Kohlenhydrate gemeint sowie Stoffe, die ein Bestandteil einer dieser Klassen ist oder ihnen zugehörig ist.
Zum Abschluss befragte das Verwaltungsgericht Wien den EuGH, woran festzumachen sei, dass, ein Erzeugnis ausschließlich unter der Aufsicht eines Arztes eingenommen werden dürfe. Zusätzlich wollte das vorlegende Gericht vom EuGH erfahren, ob die Norm Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe g) VO (EU) 609/2013 so auszulegen sei, dass ein Erzeugnis nur als „Lebensmittel für medizinische Zwecke" eingestuft werden könne, wenn es nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden dürfe. Zudem bestanden Unsicherheiten bezüglich der Nichteinhaltung dieser Vorgabe. Laut dem EuGH, müsse ein Angehöriger der Gesundheitsberufe im Wege einer Beurteilung der besonderen Störung, Krankheit sowie Beschwerden, denen es ein „Diätmanagements" bedürfe, ermitteln, ob ein Erzeugnis nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen bzw. verwendet werden dürfe. In diese Beurteilung spiele auch herein, wie das Erzeugnis auf die Ernährungsanforderungen wirke.
Die ärztliche Aufsicht stelle zudem nicht das entscheidende Kriterium dar, ob ein Erzeugnis als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke" eingeteilt werde.
Das Lebensmittelrecht, Kosmetikrecht, Nahrungsergänzungsmittelrecht und Medizinrecht liegen relativ nah beieinander. unsere Rechtanwälte von SBS LEGAL sind aufgrund ihrer Expertise auf diesen Gebieten der ideale Ansprechpartner bezüglich der Bestimmung von Lebensmitteln, der Etikettierung von Waren und in Sachen Funktionsarzneimitteln zu fungieren..
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