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In einem kürzlich erschienenen Urteil des Europäische Gerichtshof (EuGH) vom 04.10.2024, hat sich dieses mit der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses auseinandergesetzt. Konkret ging es um die Weitergabe von Mitgliederdaten und die Frage, ob auch ein rein wirtschaftliches Interesse legitim sein kann. Mehr dazu im folgenden Artikel.
Grundlegend ist erstmals zu verstehen, um welchen Rechtsgrund es im Folgenden geht und wie Daten und Datenschutz grundlegend geregelt sind. Die wohl wichtigste Grundlage ist die DSGVO, also die Datenschutz-Grundverordnung. Die DSGVO besteht aus 11 Kapiteln, untergliedert in 99 Artikel und ist eine Verordnung der Europäischen Union, welche die Verarbeitung und den Schutz von personenbezogenen Daten regelt. In Kapitel 1 sind allgemeine Bestimmungen, Kapitel 2 enthält Grundsätze und in Kapitel 3 finden sich die Regelungen für die Rechte von betroffenen Personen, während in Kapitel 4 die Verantwortlichkeit aufgeführt wird.
Vorliegend ist insbesondere Kapitel 2 Artikel 6 DSGVO relevant, denn dieser regelt die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung von Daten. Unter dem ersten Absatz wird geregelt, dass die Verarbeitung von Daten nur rechtmäßig ist, wenn mindestens eine von den folgenden 6 Bedingungen erfüllt ist. Diese sind:
Der Sachverhalt, welcher das Aktenzeichen C-621/22 hat, liegt der Fall zugrunde, dass der niederländische Tennis-Verband Koninklijke Nederlandse Lawn Tennisbond (Königlicher Niederländischer Rasentennisverband, KNLTB) personenbezogene Daten, wie Name, Adresse und Standortdaten von den Mitgliedern ihres Verbandes an zwei Sponsoren weitergegeben und dafür eine Vergütung erhalten hat. Mehrere Personen, welche von dieser Datenweitergabe betroffen waren, reichten daraufhin bei der niederländischen Datenschutzbehörde (AP) eine Beschwerde ein. Diese entschied, dass von den Mitgliedern keine Einwilligung vorlag und auch kein berechtigtes Interesse gegeben war und somit ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorlag. Insbesondere könne bei rein wirtschaftlichen Motiven kein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO darstellen. Infolgedessen verhängte die AP ein Bußgeld gegen den KNLTB in Höhe von 525.000 €.
Dagegen ging der KNLTB an und argumentierte, dass die Datenübertragung, dass Unternehmen einerseits eine enge Verbindung zwischen dem Verband und den Mitgliedern fördere und zudem entstehe für die Mitglieder auch ein Mehrwert, indem diese spezielle Rabatte und Angebote erhielten. Nach Ansicht des KNLTB beruhte die Bereitstellung der Daten daher auf einem berechtigten Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO.
In der EU gibt es die Möglichkeit des sogenannten Vorabentscheidungsverfahrens. Dabei kann sich das Gericht von einem Mitgliedsstaat der EU, wenn eine rechtliche Auslegung von EU-Recht unklar und für einen vorliegenden Fall entscheidend ist, sich mit dieser Frage an den EuGH wenden. Dieser entscheidet dann, wie das Recht auszulegen ist für die Mitgliedsstaaten verbindlich, damit es einheitlich ist. Vorliegend machte das Gericht davon Gebrauch und fragte den EuGH, ob auch ein rein wirtschaftliches Interesse legitim sein könne, oder genauer formuliert, wie hat das vorlegende Gericht den Begriff „berechtigtes Interesse“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO auszulegen? Sind ein rein kommerzielles Interesse und das vorliegende Interesse, nämlich die Bereitstellung personenbezogener Daten gegen Entgelt ohne Zustimmung der betroffenen Person, unter bestimmten Umständen, als ein berechtigtes Interesse einzustufen? Und wenn ja: Welche Umstände bestimmen, ob ein rein kommerzielles Interesse ein berechtigtes Interesse ist?
Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO unter drei Voraussetzungen rechtmäßig ist:
Erstens: Von dem Verantwortlichen oder von einem Dritten muss für die Verarbeitung ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden. Es kann grundsätzlich ein breites Spektrum von Interessen als berechtigt gelten. Dazu zählen auch wirtschaftliche Interessen. Allerdings muss das geltend gemachte berechtigte Interesse rechtmäßig sein.
Zweitens: Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten muss zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein. Die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung ist dabei gemeinsam mit dem Grundsatz der „Datenminimierung“ zu prüfen, der in Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO verankert ist und verlangt, dass personenbezogene Daten „dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt“ sind.
Drittens: Die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, dürfen gegenüber dem berechtigten Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten nicht überwiegen.
Im konkreten Fall hätte der Verantwortliche die Möglichkeit gehabt, zunächst seine Mitglieder um eine Einwilligung zu bitten, was ein weniger einschneidendes Mittel gewesen wäre. So das im Ergebnis das Interesse nicht überwiegt.
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