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Als günstige Alternative zu Stammarbeitern ist die Besetzung von Arbeitsplätzen mit Leiharbeitern eine attraktive Alternative für Unternehmen. Zum Leidtragen der Festangestellten.
Doch ist der Einsatz von Leiharbeit auf Dauerarbeitsplätzen gesetzeswidrig? In seiner Entscheidung vom 17.03.2022 (C-232/20) stellt der EuGH klar, dass es jedenfalls im Rahmen der Leiharbeitsrichtlinie (RL 2008/104) nicht gegen die „vorübergehende“ Überlassung verstößt, wenn der Entleiher einen dauerhaften Arbeitsplatz mit Leiharbeitnehmern besetzt.
Gemäß dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz versteht man unter Arbeitnehmerüberlassung die vorübergehende Überlassung des Leiharbeitnehmers von einem Verleiher an den Entleiher.
Das Gesetz sieht jedoch einige Bestimmungen hierfür vor, wie zum Beispiel die Beschränkung der Höchstüberlassungsdauer gemäß § 1 b AÜG. Demnach sind dies meist 18 Monate. Nach Ablauf dieser Zeit darf der Arbeitnehmer 3 Monate und einen Tag nicht an den gleichen Arbeitsplatz überlassen werden.
Gegenüber Leiharbeitern haben Stammkräfte einen Tarifvertrag, nach dem sie bezahlt werden und auch Vergünstigungen in Anspruch nehmen können. Sie sind also „teurer“ als Leiharbeiter.
Leiharbeiter haben dagegen keinen Vertrag. Das Unternehmen muss sich nicht mit Kündigungsschutz, Abfindungen oder Sozialplänen auseinandersetzen. Für Unternehmen ist das natürlich von Vorteil.
Die Überlassung von Arbeitsplätzen an Leiharbeiter ist für Betriebsräte ein Dorn im Auge, denn der Einsatz von Leiharbeitern übt Druck auf die Arbeitsbedingungen der Stammarbeiter aus. Durch die günstige Alternative des Einsatzes von Leiharbeitern hat das Unternehmen ein Druckmittel, um betriebliche Regelungen zu ihren Gunsten anzupassen. Auch wenn es um Einzelfallentscheidungen geht, kann das Unternehmen hierdurch leichter die Oberhand gewinnen. Die Betriebsräte können ihre Anliegen weniger stark oder gar überhaupt nicht durchsetzen. Problematisch ist hierbei, dass sich so langfristig eine Ausdünnung der Stammarbeiter entwickelt. Das Zahlenverhältnis verschiebt sich zu Gunsten der Leiharbeitnehmer.
Doch welche Rechte hat der Betriebsrat? Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht in personellen Angelegenheiten. Denn die Einstellung von neuen Leiharbeitern stellt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung gemäß § 99 Absatz 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz dar. Doch welche Voraussetzungen müssen vorliegen, um der Einstellung zu widersprechen?
Die Betriebsräte berufen sich oft auf das Widerspruchsrecht gemäß § 99 Absatz 2 Nummer 1 BetrVG. Dieses räumt ihnen das Recht ein die Einstellung eines Leiharbeiters zu verweigern, wenn dieses gegen ein Gesetz verstoßen würde. Hier berufen sich die Betriebsräte auf den § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG:
„Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend.“
Diese Vorschrift verstand das Arbeitsgericht Cottbus in einer Entscheidung vom August 2012 als gesetzliches Verbot im Sinne von § 99 Absatz 2 Nummer 1 BetrVG: Die Annahme eines gesetzlichen Verbots hat zur Folge, dass der Betriebsrat die Einstellung von Leiharbeitnehmern immer dann widersprechen könnte, wenn diese eben nicht vorrübergehend beschäftigt werden. Doch wie ist der „vorübergehende“ Einsatz nun zu verstehen? Um zu beurteilen, ob der Einsatz von Leiharbeitern gegen die Vorschrift verstößt, muss man natürlich wissen, wie das Wort „vorübergehend“ auszulegen ist.
Wenn man es so versteht, dass unter vorübergehend nur die Fälle fallen, die Urlaubs- und Krankenvertretung oder Projektarbeit sind, wäre der Einsatz von Leiharbeitern auf Dauerarbeitsplätzen in Verstoß gegen § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG. Der Betriebsrat hätte dann das Recht dem Einsatz zu widersprechen.
Nun stellt der EuGH in seiner Entscheidung vom 17.03.2022 klar, dass die Besetzung eines dauerhaften Arbeitsplatzes mit Leiharbeitnehmern nicht gegen die „vorübergehende“ Überlassung im Rahmen der Leiharbeitsrichtlinie verstößt. In der Begründung führt der EuGH auf, dass es bei der Frage der „vorübergehenden“ Überlassung nicht auf die Art des Arbeitsplatzes des Entleihers ankommt, sondern auf die Überlassung des Leiharbeitnehmers.
Doch welche Folgen hat das für das nationale Recht? Der EuGH hat die Frage der vorübergehenden Überlassung lediglich für die Leiharbeitsrichtlinie (RL2008/104) entscheiden. Für das nationale Recht, also das AÜG, hat dies keine direkten Auswirkungen. Daher ist es nun die Aufgabe der deutschen Gerichte die Frage auf nationaler Ebene zu klären.
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