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Eugh: Zweiwochenfrist ist für Schwangere nicht ausreichend


Zweiwochenfrist ist nicht mit der Mutterschutzrichtlinie vereinbar

Eine Kündigung ist während der Schwangerschaft gemäß § 17 Absatz 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) und bis zu 4 Monate nach der Entbindung grundsätzlich nicht möglich. Nach Artikel 6 Absatz 4 Grundgesetz hat nämlich jede Mutter einen Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Um den arbeitsrechtlichen, besonderen Schutz zu genießen, gilt für Schwangere gemäß § 15 MuSchG die Mitteilungspflicht, wonach sie dem Arbeitgeber über die Schwangerschaft sowie den erwarteten Geburtstermin informieren müssen.

Wird ein Arbeitsverhältnis während einer Schwangerschaft gekündigt, muss die schwangere Arbeitnehmerin den Arbeitgeber umgehend über die Schwangerschaft informieren (sofern dies noch nicht geschehen ist) und gegebenenfalls eine Kündigungsschutzklage erheben. Mithilfe der Kündigungsschutzklage klagen Arbeitnehmerinnen vor dem Arbeitsgericht auf Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde. Hierfür müssen sie gemäß § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Erfährt eine gekündigte Arbeitnehmerin nun aber erst nach Ablauf der 3-Wochen-Frist von ihrer Schwangerschaft, steht ihr gemäß § 5 KSchG eine Frist von weiteren 2 Wochen zu, um einen An­trag auf Zu­las­sung einer ver­spä­te­ten Klage zu stellen. Nun sah der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 27.06.2024 (Az.: C-284/23) die Zweiwochenfrist als zu kurz an, damit Schwangere wirksam ihre Kündigung anfechten können. Die Zweiwochenfrist sei nämlich nicht mit der EU-Richtlinie 92/85/EWG (sog. Mutterschutzrichtlinie) vereinbar, die die Rechte von schwangeren Arbeitnehmerinnen regelt.


Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage als verspätet ab

Eine schwangere Angestellte eines Pflegeheims wehrte sich gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses, indem sie eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichte. In der Kündigunsschutzklage berief sie sich auf das Verbot, dass einer schwangeren Arbeitnehmerin nicht gekündigt werden dürfe. Als die Arbeitnehmerin von ihrer Schwangerschaft erfuhr war die 3-Wochen-Frist bei Erhebung der Klage allerdings schon verstrichen. Des Weiteren hat sie davon abgesehen, innerhalb der zusätzlich gewährten Zweiwochenfrist einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage einzureichen. Das Arbeitsgericht lehnte die Kündigungsschutzklage daher als verspätet ab.

Das Arbeitsgericht bezweifelte jedoch auch, ob die Zweiwochenfrist, die Schwangeren vom deutschen Recht zugesprochen wird, nicht grundsätzlich mit der EU-Richtline über schwangere Arbeitnehmerinnen unvereinbar sei. Daher rief das Arbeitsgericht den EuGH an, um darüber zu entscheiden.

EuGH sieht Zweiwochenfrist als zu kurz an

Der EuGH befasste sich mit der Vorlagefrage und entschied, dass die Zweiwochenfrist im Vergleich zu der ordentlichen 3-Wochen-Frist mit der EU-Richtlinie unvereinbar und nicht ausreichend sei. Die kurze Frist erschwere es einer schwangeren Arbeitnehmerin, die sich gerade im Beginn der Schwangerschaft befindet, eine sachgerechte Beratung wahrzunehmen sowie eventuell einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage einzureichen und die eigentliche Kündigungsschutzklage zu formulieren bzw. zu erheben. Des Weiteren sind durchaus Uneinigkeiten bezüglich des Beginns der Zweiwochenfrist einzukalkulieren.

Jedoch sei es die Angelegenheit des Arbeitsgerichts, ob die Bedenken des EuGH auf den vorliegenden Fall Anwendung finden oder zu Verfahrensnachteilen führen könnten.

Bereits am 29.10.2009 (C-63/80) hatte sich der EuGH in seinem Urteil zu der Thematik ähnlich geäußert: So war für eine Schwangere eine Frist von 15 Tagen festgesetzt worden, um mittels einer Klage die Nichtigkeit der Kündigung festzustellen. Daraufhin entschied der EuGH, dass effektive Regelungen bezüglich der Klagemöglichkeiten für schwangere Arbeitnehmerinnen bestehen müssen.


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Unsere Anwälte im Arbeitsrecht besitzen eine Expertise bezüglich des Arbeitnehmerschutzes sowie der Kündigung von Arbeitsverhältnissen oder Kündigungsschutzklagen. Ein häufiges Streitthema ist das Kündigungsverbot von schwangeren Arbeitnehmerinnen. Bei der Beurteilung der Rechtslage spielen feine Nuancen eine wichtige Rolle. Wir unterstützen Sie bei der Einschätzung ihrer konkreten Situation und erläutern Ihnen gerne die nächsten Schritte.

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