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Die Frage der passenden Gesellschaftsform für das eigene Unternehmen ist eine Entscheidung, die wohl überlegt sein sollte. Je nachdem was die Ziele einer Gesellschaft sind und welche Gegebenheiten am Anfang vorliegen. Aufgrund der vielen Rechtsformen ist die Auswahl sehr groß. Die Auswahl ist nicht nur auf die inländischen Rechtsformen beschränkt. Auch auf europäischer Ebene bestehen mittlerweile einige Gesellschaftsformen. Bekannt ist vor allem die europäische Aktiengesellschaft (SE) oder die europäische Genossenschaft (SCE). In Planung ist auch die Einführung einer europäischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (SUP). Die erste Unternehmensform des europäischen Rechts war die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV). Wieso wurde die EWIV und was sind die Vorteile dieser Gesellschaftsform?
Die EWIV bietet eine Rechtsform insbesondere für kleine oder mittlere Unternehmen an. Sie ist auch verfügbar für Freiberufler, Landwirte, Verbände oder öffentlich-rechtliche Körperschaften. Mit der EWIV wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Kooperation innerhalb Europa ermöglicht. Dabei ist zu beachten, dass die EWIV selbst kein Gewerbe oder einen freien Beruf ausüben darf. Vielmehr erstreckt sich die Aufgabe der EWIV lediglich auf die Ermöglichung der Kooperation der Mitglieder untereinander, indem es sozusagen eine Hilfsfunktion darstellt. Die EWIV soll die wirtschaftliche Tätigkeit in Europa vereinfachen, in dem die Tätigkeit unter einer Zusammenarbeit erfolgt und gemeinsame Mittel aufgewendet werden.
Trotz dieser eingeschränkten Tätigkeitsmöglichkeit kann die EWIV wie andere Gesellschaften Trägerin von Rechten und Pflichten sein, sodass die EWIV auch Verträge abschließen kann. Außerdem kann sie auch selbst klagen oder verklagt werden und damit Partei eines Rechtsstreit sein.
Für eine Gründung eines EWIV muss ein EWIV-Gründungsvertrag verfasst werden. Darin enthalten sein muss der der Name, der Sitz und der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft. Außerdem müssen Angaben über die Mitglieder gemacht werden und der Geschäftsführer muss bestellt werden. Es ist ratsam noch weitere Regelungen in den Vertrag abzufassen. Insbesondere Regelungen zu Einlagen, zur Haftung und der Gewinnverteilung sollten vorher entschieden werden und gemeinsam geregelt werden.
Eine EWIV muss wie die anderen Gesellschaften auch national eingetragen werden. Ist diese Eintragung erfolgt, wird sie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht.
Damit eine EWIV gegründet werden kann, müssen mindestens zwei Mitglieder aus zwei verschiedenen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sich zusammenführen. Es gibt keine maximale Anzahl der Mitglieder. Gegebenenfalls ist es auch möglich, dass Mitglieder aus dem Europäischen Wirtschaftsraum stammen, sodass einige Mitglieder auch aus den USA oder der Schweiz stammen können. Dies kann unter Umständen allerdings zu einigen Folgeproblemen hinsichtlich der Haftung führen.
Anders als einige andere Gesellschaftsformen bedarf es für die EWIV kein Stammkapital. Es ist keine Bareinlage oder Sacheinlage notwendig. Aufgrund der Tatsache, dass ein Stammkapital nicht erforderlich ist, haften die Mitglieder für sämtliche Verbindlichkeiten gesamtschuldnerisch und unbeschränkt. Bevor die Mitglieder in Anspruch genommen werden dürfen muss allerdings zuerst die EWIV in Anspruch genommen werden und zur Zahlung aufgefordert werden. Ein großes Risiko ist das meist trotzdem nicht, weil die meisten EWIV keine großen Geschäfte abwickeln.
Hinsichtlich der Geschäftsführung ist entscheiden, wo die EWIV ihren Sitz hat. Hat die EWIV etwa ihren Sitz in Deutschland muss der Geschäftsführer eine natürliche Person sein. In anderen Ländern kann die Geschäftsführung auch in einer juristischen Person liegen. Der Geschäftsführer muss kein Mitglied der EWIV sein. Es kann auch eine außenstehende Person sein.
Die Entscheidungen innerhalb der EWIV werden durch Beschlüsse getroffen. Die Beschlüsse werden von den Mitgliedern beschlossen, sodass sie das Entscheidungsorgan darstellen. Grundsätzlich muss die Entscheidung einstimmig erfolgen.
Für festangestellte Mitglieder muss eine Lohnsteuer abgeführt werden. Gegebenenfalls muss die EWIV auch eine Umsatzsteuer entrichten. Sollte die EWIV Gewinne erzielen, müssen diese an die Mitglieder ausgeschüttet werden. Diese Einnahmen müssen wiederum nach den jeweiligen nationalen Vorschriften versteuert werden.
Grundsätzlich sind die Vorteile der EWIV, dass die Gestaltung sehr flexibel und unbürokratisch ist. Vor Allem, dass die EWIV ohne Kapital gegründet werden kann vereinfacht die Gründung. Außerdem können die Mitglieder in gewisser Weise selbstständig bleiben, jedenfalls hinsichtlich ihrer Tätigkeit. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen kann die EWIV durchaus von Vorteil sein, damit sie grenzüberschreitend handeln können. Ob die EWIV auch für Ihr Unternehmen vorteilhaft wäre und was eine solche Form für Ihr Unternehmen bedeutet, können Sie durch eine anwaltliche Beratung herausfinden.
Unsere Tätigkeiten im Gesellschaftsrecht bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, Gesellschafter und Geschäftsführer. Unser Team verfügt über eine langjährige Erfahrung hinsichtlich der Gründung und Gestaltung von Gesellschaften. Wir beraten Sie darin, welche Gesellschaftsformen am besten zu Ihren Interessen und Ihrem Unternehmen passen. Wir unterstützen Sie außerdem bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen.
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