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Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat sich vor kurzem mit dem Fernunterrichtschutzgesetz (FernUSG) beschäftigt und eine Entscheidung darüber getroffen (OLG Köln, Urteil vom 06.12.2023 – 2 U 24/23), ob im vorliegenden Fall von Online-Coaching eine Anwendung vom FernUSG vorliegt. Welche Gegebenheiten im Sachverhalt vorlagen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie sich das Gericht sich beim vorliegenden Online-Coaching entschieden hat, behandelt der folgende Artikel.
Im vorliegenden Fall ist die Klägerin im Bereich des Online-Coachings und der Online-Unternehmensberatung tätig und bietet diese auf verschiedenen Webseiten an. Die Beklagte betreibt eine Werbeagentur. Am 24.03.2021 kam es zu einem Videotelefonat zwischen der Klägerin und den Geschäftsführern der Beklagten, bei welchem es zu einem Vertragsschluss kam. Der Vertrag mit dem Titel Coaching & Consulting Excellence hat eine vereinbarte Vergütung von 4.165€ monatlich und wurde für 12 Monate geschlossen. Die Beklagte zahlte die Vergütung für fünf Monate, dann wurden die Zahlungen einvernehmlich zunächst für drei Monate ausgesetzt. Daraufhin kündigte die Klägerin der Beklagten wegen Zahlungsverzugs außerordentlich das Vertragsverhältnis und forderte in einer Klage die Zahlung der Vergütung für die fehlenden vier Monate, sowie Schadensersatz in Höhe von 10.500€ für die vergangenen drei Monate.
Die Klägerin behauptete, dass sich auf einen Vertrag über die Erbringung von Leistungen im Bereich Online-Coaching geeinigt wurde und sie die vertraglich geschuldeten Leistungen auch erbracht bzw. angeboten hat. Dieser Ansicht folgte das Landgericht und folgte in seinem Urteil den Forderungen der Klägerin. Die Beklagte legte beim OLG Köln Berufung ein und führte auf, dass der geschlossene Vertrag einen zulassungsbedürftigen Fernunterricht beinhalte und nach § 7 Abs. 1 FernUSG folglich nichtig sei, da die Klägerin, nicht über die nach dem FernUSG erforderliche Zulassung verfüge. Die Beklagte forderte daher eine Rückzahlung von der bereits erbrachten Zahlung, da der Klägerin durch den nichtigen Vertrag kein Entgelt zustehen würde. Das Gericht beschäftigte sich daher mit der Frage, ob das FernUSG anwendbar ist.
Was als Fernunterricht gilt, regelt das Gesetz in § 1 Abs. 1 FernUSG und führt dabei die Kriterien auf, welche erfüllt sein müssen, damit ein Fernunterricht vorliegt und das FernUSG angewendet werden kann, dabei ist die entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt und es muss ein Lernerfolg überwacht werden.
Schon an dem ersten Kriterium, der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten kann es scheitern. So war es in einem Fall des LG Ravensburg Urt. v. 11.07.2023 - Az.: 5 O 25/23. Im Online-Coaching Vertrag war festgehalten, dass dem Teilnehmer innerhalb von acht Wochen zwar auch einiges an theoretischem Wissen im E-Commerce-Bereich vermittelt wird, wie zum Beispiel die Grundlagen und fortgeschrittenen Methoden des Marketings über soziale Netzwerke und es wurden auch exklusive Videos zur Verfügung gestellt, allerdings stellten sie eine untergeordneten Teil des Programminhalts dar. Denn der Vertrag war hauptsächlich darauf gerichtet, zusammen mit dem Kunden einen eigenen Online-Shop aufzubauen und ihn in weiterer Folge auch erfolgreich zu betreiben. Dies reiche nicht für das Kriterium.
Mit der Frage, was genau als räumlich getrennt anzusehen ist, hat sich das Landgericht Hamburg in seiner Entscheidung (LG Hamburg, Urteil vom 19.07.2023, Az: 304 O 277/22) beschäftigt. Dabei sei ein entscheidendes Kriterium, dass sich die Teilnehmer die Lerninhalte mit den bereitgestellten Videos, Audios oder Materialien größtenteils selbst beibringen. Nach dem LG Hamburg, sei es unerheblich, ob der Unterricht synchron, also live stattfindet. Die von der Zentralstelle für Fernunterricht verbreitete Rechtsauffassung sagt dagegen, dass das FernUSG nicht anwendbar ist, wenn überwiegend „Live“-Unterricht stattfindet. Das LG München I hat am 12.02.24 in seinem Urteil Az. 29 O 12157/23 entschieden, dass die Aufnahme von Live-Video-Calls in die Mediathek als aufgezeichnete Videos diese als „asynchron“ ausschließen. Daher unterliegen diese nicht den „räumlich getrennten“ Unterrichtszeiten gem. § 1 FernUSG. Im vorliegenden Fall des OLG Köln hat der Vertrag die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand, welche auch mittels Videos und Worksheets erfolgte. Der Kontakt zwischen der Klägerin und der Beklagten erfolgte ganz überwiegend räumlich getrennt voneinander. Weshalb dieses Kriterium erfüllt ist.
Es fehlte vorliegend allerdings eine vertraglich vereinbarte Überwachung des Lernerfolges, denn eine Lernkontrolle wird im streitgegenständlichen Vertrag nicht ausdrücklich erwähnt. Es wurde auch nicht auf andere Wege vereinbart, dass die Beklagte irgendwelche Aufgaben oder Prüfungsleistungen erbringen soll oder die Gelegenheit hat, sich über ihren Lernerfolg bei der Klägerin rückzuversichern. Damit sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 FernUSG nicht erfüllt. Es liegt kein Fernunterricht vor.
In einer neueren Entscheidung vom OLG Hamburg (OLG Hamburg, Urteil vom 20.02.2024 - 10 U 44/23) betont das Gericht, dass auch eine eingeräumte Möglichkeit, um individuellen Fragen zu stellen, gerade nicht ausreichen würde. Begründet wird die Entscheidung mit dem Wortlaut vom Gesetz, welcher eine Überwachung fordert. Eine Überwachung würde aber auch bei der Möglichkeit sich rückzuversichern oder zu Fragen nicht vorliegen, denn es wird keine Kontrolle vom Lernerfolg gefordert.
Weiter betont das OLG Hamburg in seiner Entscheidung, dass die Worte "Coaching" oder auch "Mentoring" grade nicht implizieren würden, dass eine Lernerfolgskontrolle stattfindet. Bei anderen Bezeichnungen wie "Lehrgang" oder "Studium" würde hervorgehen, dass eine Leistung erbracht werden müsse.
Da die Voraussetzungen für den Fernunterricht nicht gegeben sind, scheidet eine Anwendung des FernUSG aus. Allerdings bleibt die Frage, ob in dem Fall, dass ein Fernunterricht vorliegt, das FernUSG anwendbar wäre, und das OLG Köln bietet auch ohne direkte Entscheidung Anhaltspunkte und Augmentation für eine verneinende Ansicht. Vorliegend wurde der Vertrag zwischen zwei Unternehmern geschlossen, weshalb kein Verbrauchervertrag vorliegt. Das FernUSG ist allerdings, so von der Klägerin aufgeführt, nur auf Verbraucherverträge anwendbar, weshalb eine Anwendung von FernUSG nicht infrage kommen würde. Dieser Aussage stimmt das OLG Köln zu, denn das Gesetz vom FernUSG soll die Teilnehmer am Fernunterricht unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes schützen. Dafür würde zum Beispiel auch § 4 FernUSG sprechen, welcher auf § 355 BGB, den Verbraucherwiderruf, verweist und die Tatsache, dass Unternehmer vom Gesetz aus weniger schützenswert sind. Für das OLG Köln war nur entscheidend, dass kein Verbrauchervertrag und kein Fernunterricht vorliegt. Eine Entscheidung, ob das FernUSG auch ohne Verbrauchervertrag anwendbar wäre, bleibt offen.
In der Entscheidung vom LG München I 12.02.24 (Az. 29 O 12157/23) hat das Gericht entschieden, dass Verträge zwischen Unternehmern nicht unter das FernUSG fallen. Das Gericht stützt diese Entscheidung ebenfalls auf den Gesichtpunkt des Verbraucherschutzes und darauf, dass § 3 Abs. 3 FernUSG explizit Verbraucher und Unternehmer als Parteien nennt.
Das wiederspricht der bejahende Ansicht vom OLG Celle. Das OLG Celle hat in seinem Urteil (OLG Celle, Urteil vom 01.03.2023 – 3 U 85/22) eine Anwendung vom FernUSG sowohl auf Verbraucher als auch auf Unternehmer bejaht. Begründet wird dies damit, dass der Begriff des Verbrauchers im FernUSG nur in § 3 Abs. 3 FernUSG verwendet wird und es auch sonst keine Vorschrift gebe, welche eine Anwendung des Gesetzes explizit nur für Verbraucherverträge vorschreibt oder voraussetzt.
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