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| Urheberrecht, Wettbewerbsrecht

Fulfillment-Unternehmen: Unwissenheit schützt vor Haftung nicht


Der Fulfillment-Unternehmer kann als Störer in Anspruch genommen werden.

Entscheidung des Gerichts

Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 97 Abs. 1, 19a, 72 UrhG gegen den Beklagten als Störer zu. Nach § 97 Abs. 1 UrhG kann, wer das Urheberrecht widerrechtlich verletzt, von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Soweit der Kläger einen Schadensersatzanspruch geltend macht, scheidet dieser aus, wenn der Inanspruchgenommene weder als Täter noch als Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung haftet. Eine Störerhaftung begründet keine Haftung auf Schadensersatz. Gegenüber dem Störer kommen lediglich Abwehransprüche in Betracht. 


Was bedeutet Fulfillment?

Der Begriff Fulfillment kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „Ausführung“ oder auch „Erfüllung“. Darunter versteht man im dritten Sektor (Dienstleistungssektor) ein Unternehmen, dass im Auftrag, aber auch häufig im Namen einer Firma mit Sitz im Ausland Leistungen gegenüber dem Endkunden übernimmt. Darunter können Dienstleistungen wie Verpackung, Versand, aber auch Retouren im Inland fallen. Somit ist das Fulfillment Unternehmen häufig als direkter Ansprechpartner für den Kunden auf der Website angegeben. Was allerdings viele nicht wissen ist, dass der Fulfillment Unternehmer seine Daten frei gibt für den Shopinhaber und eben jener diese frei nutzen kann.

Anklage des Fulfillment-Unternehmens

Aufgrund des oben beschriebenen Szenarios, kommt es leider viel zu oft zu rechtlichen Streitereien. Nicht selten ist dem Fulfillment-Unternehmer nicht bewusst, dass Firmen seine Daten nicht nur als Ansprechpartner für Versand im Inland auf ihr Website aufführen, sondern häufig als einziger Ansprechpartner. Damit ist der Fulfillment-Unternehmer haftbar für jegliche Urheberrechtsverletzungen im Rahmen der online Präsenz der Firma. So auch im Fall des Urteils des Landesgerichts Köln vom 17.07.2020. In genanntem Prozess wurde genau diese Thematik im Detail auf rechtlicher Ebene untersucht und diskutiert.

Der Kläger gibt an, dass ohne dessen Erlaubnis zwei seiner Bilder von Warnblinkleuchten bei einer Anzeige auf der Verkaufsplattform eBay verwendet worden sind. Als offizieller Verkäufer ist ein N. K. angegeben. Ebenfalls angegeben ist eine Postadresse und eine E-Mail Adresse des Angeklagten. Erst nach mehreren vergeblichen Kontaktversuchen des Klägers, erhält er schließlich eine Antwort, in der ein Herr Ger S. ihm versichert sich bald möglichst um die Angelegenheit zu kümmern. Dies geschieht nicht. Erst nach erneuten Aufforderungen des Klägers werden die Bilder schließlich entfernt. Daraufhin hat der Kläger gegen den Beklagten Unterlassungs-, Schadensersatzansprüche sowie Freistellung von Abmahnkosten geltend gemacht.

Der Angeklagte ist in diesem Fall wie oben beschrieben der auf der Website genannte N. K. und nicht die dahinterstehende Firma im Ausland.


Die Entscheidung des Gerichts

Im Falle einer solchen Anklage kann auf den Angeklagten eine hohe Summe an Bußgeldern von bis zu 250.000€ zukommen, aber auch eine Ordnungshaft in Höhe von 6 Monaten ist nicht auszuschließen. Trotz Einspruch des Angeklagten ist dieser laut dem Gericht passivlegitimiert, weil er als Verkäufer auf der Angebotsseite angegeben wurde. Auch wenn der Beklagte nur Strohmann gewesen sei, gelte § 164 Abs. 2 BGB, weil er nicht gegenüber den Kunden deutlich gemacht habe, dass es sich nicht um sein Angebot handelt, sondern er lediglich als Fulfillment-Unternehmer wirkt. In dem beschriebenen Fall hatte der Angeklagte außerdem Kenntnis über die versendeten Produkte und somit auch über die in seinem Namen online gestellten Bilder.

Schlechte Deutschkenntnisse = kein Urteil?

In dem hier beschriebenen Prozess plädiert der Angeklagte darauf, dass ihm sowohl die Klageschrift als auch das darauffolgende Versäumnisurteil nicht ordnungsgemäß, in seinem Fall übersetzt, zugestellt wurde. Aber wird ihm das helfen?

Nein, die schlechten Deutschkenntnisse des Angeklagten können nur eingeschränkt zu einer Milderung der Strafe führen. So deutlich spricht sich das Gericht hier aus. Zudem kann im vorliegenden Fall leicht davon ausgegangen werde, dass der Angeklagte sehr wohl über ausreichend Deutschkenntnisse verfüge, da er zum einen in Deutschland einen Mietvertrag bei der zuständigen Behörde eingereicht hat und zum anderen musste er als Ansprechpartner auch mit Kunden aus dem deutschsprachigen Raum kommunizieren.

Täter, Teilnehmer, Mittäter oder Störer?

In dem Fall vom 17.07.2020 besteht kein Zweifel daran, dass der Fulfillment-Unternehmer offiziell als Verkäufer genannt wird. Dies kann sich der Fulfillment-Unternehmer allerdings nur so erklären, dass der Shopinhaber um ein einheitliches Bild bemüht war. Wichtig ist generell aber auch, dass der Besitzer des Shops entgegen der vertraglich geregelten Absprache die Daten des Fulfillment-Unternehmers bei den „rechtlichen Informationen“ angegeben hat. Seine Unwissenheit kann der Angeklagte auch schriftlich, in Form des unterschriebenen Vertrags beweisen. Es gibt jedoch noch weitere Punkte, die für die Unwissenheit des Fulfillment-Unternehmers sprechen:

Diese sind zum einen, dass die angegebene Emailadresse nicht direkt dem Angeklagten zugeordnet werden kann. Ebenfalls ist leicht zu erklären, warum nur die Adresse des Fulfillment-Unternehmers auf der Website angegeben ist. Der Grund dafür ist, dass er sich im Inland um den Versand von Waren kümmert. Er ist demnach für den Kunden als einziger Ansprechpartner aufgeführt. Darüber hinaus ist durch den vorgelegten Vertrag mit dem Inhaber der Firma zu beweisen, dass der Angeklagte lediglich als Dritter agiert, was ihn folglich entlastet.

Laut dem zuständigen Senat reicht der Tatbestand nicht aus, um den Fulfillment-Unternehmer als Täter oder Teilnehmer zu verurteilen. Täter ist, wer die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfordert eine gemeinschaftliche Begehung. Beide Szenarien können im vorliegenden Fall durch ausreichend Beweise ausgeschlossen werden. Es kommt lediglich eine Verantwortlichkeit als Störer in Betracht. Als Störer wird derjenige benannt, der das Eigentum einer anderen Person beeinträchtigt. Das ist festgehalten in § 1004 BGB. Eine Mittäterschaft würde ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken voraussetzen.

Aber wer haftet nun?

Fraglich ist, ob der Fulfillment-Unternehmer durch seine Unterschrift auch seiner Überprüfungspflicht nachkommen muss.

Da der Beklagte aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung die Zustimmung gegeben hat, dass ein Dritter seine Daten auf dem eBay-Angebot verwendet, stellt sich die Frage, ob ihn – ohne konkreten Anlass - deshalb auch eine Pflicht trifft, zu überprüfen, dass sein Vertragspartner sich im Rahmen der Vereinbarung an die Vorgaben hält.

Unwissenheit schützt vor Haftung nicht: Diese Pflicht würde eine Überprüfung der vertraglich festgehaltenen Bestimmungen beinhalten, die der Angeklagte ganz offensichtlich nicht geltend gemacht hat, da ohne sein Wissen urheberrechtlich geschützte Bilder in seinem Namen veröffentlicht wurden. Diese Prüfpflicht hat der Angeklagte auch missachtet, als er ohne das Öffnen des Briefes die an ihn adressierte Anwaltsschreiben an den Shopinhaber weitergeleitet hat. Im Normalfall hätte der Angeklagte sich nach Erhalt des Briefes umgehend mit dem Inhaber der Firma in Verbindung setzen müssen, um weiter Schritte zu besprechen und gegebenenfalls einzuleiten.. Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt.

Im hier beschriebenen Fall wurde der Fulfillment-Unternehmer als Störer in Anspruch genommen. Das heißt, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 97 Abs. 1, 19a, 72 UrhG gegen den Beklagten als Störer zusteht.



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