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| Wettbewerbsrecht

Garantien dürfen sich auch auf subjektive Erwartungen beziehen


EuGH: Zufriedenheit der Verbraucher muss für Garantie nicht objektiv feststellbar sein

In einem neuen Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass sich gewerbliche Garantien auch auf subjektive Merkmale wie die Erwartung des Verbrauchers an die gekaufte Ware stützen dürfen. Die Zufriedenheit des Käufers muss dabei nicht durch objektive Maßstäbe nachgewiesen werden können. 

Erfüllen Garantien, die sich auf die Zufriedenheit der Verbraucher beziehen, die rechtlichen Anforderungen?

In dem Ursprungsfall versah ein Online- und Einzelhändler seine Produkte mit Hängeetiketten, auf denen erklärt wurde, dass jedes Produkt mit einer lebenslangen Garantie ausgestattet ist, wenn der Verbraucher nicht mit der Ware zufrieden sein sollte. In diesem Fall dürfen die gekauften Produkte an den Händler, bei dem sie erworben wurden, zurückgegeben oder direkt an den Onlinehändler geschickt werden. Ein Testkäufer eines Konkurrenten erwarb 2018 zwei Produkte des Händlers, die ebenfalls mit den Hängeetiketten ausgestattet waren, und stellte in Frage, ob die Etiketten über die Zufriedenheitsgarantie den gesetzlichen Anforderungen der §§ 443 und 479 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) genügen würden. Die Beantwortung hängt allerdings davon ab, wie Artikel 2 Nummer 12 der EU-Richtlinie 2011/83 auszulegen ist. 

Die Garantie-Regelungen des BGB

In § 443 Abs. 1 BGB ist geregelt, dass Verkäufer, Hersteller oder sonstige Dritte freiwillig durch eine Garantie die Verpflichtung eingehen können, den Kaufpreis zu erstatten, die Ware auszutauschen oder sonstige Dienstleistungen zu erbringen, falls die gekaufte Ware nicht die vereinbarte Beschaffenheit oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen aufweist. Diese Garantie muss in einer vor Vertragsschluss verfügbaren Erklärung oder Werbung erklärt werden.

Dazu regelt § 479 Abs. 1 BGB, dass die Garantieerklärung einfach und verständlich abgefasst sein und Hinweise auf die zusätzliche gesetzliche Mängelhaftung, den Namen und die Anschrift des Garantiegebers, das vom Verbraucher einzuhaltende Verfahren, die betroffene Ware, und die Garantiebestimmungen (insbesondere Dauer und räumlicher Geltungsbereich) enthalten muss.


"Zufriedenheitsgarantie" als Garantie im Sinne des § 443 Abs. 1 BGB?

Die Feststellung eines Verstoßes gegen die Informationspflichten des § 479 Abs. 1 BGB durch die Hängeetiketten setzt voraus, dass die Verpflichtung, das verkaufte Bekleidungsstück bei mangelnder Zufriedenheit des Verbrauchers zurückzunehmen, eine Garantie im Sinne des § 443 Abs. 1 BGB darstellt. Die subjektiven Erwartungen des Käufers gehören zwar nicht zu der Beschaffenheit der Ware, könnten aber eine "andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderung" darstellen. Die zweite Alternative des § 443 Abs. 1 BGB wurde der Regelung 2014 hinzugefügt, um die Regelung der "gewerblichen Garantie" aus Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 in deutsches Recht umzusetzen. 

Der Inhalt von Art. 2 Nr. 14 der EU-Richtlinie 2011/83

Laut Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 ist die "gewerbliche Garantie" jede dem Verbraucher gegenüber zusätzlich zur Gewährleistung eingegange Verpflichtung des Garantiegebers zur Erstattung des Kaufpreises, zur Nachbesserung oder Austausch der Ware oder zum Erbringen anderer Dienstleistungen. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Ware nicht die Eigenschaften oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen, die in der Garantieerklärung oder einschlägigen Werbung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses beschrieben waren, aufweist.


Subjektive Erwartungen des Verbrauchers von der Garantie erfasst 

Der Wortlaut des Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie enthält keine Erlaubnis, eine Verpflichtung des Garantiegebers vom Anwendungsbereich auszunehmen, nur weil sie sich auf das subjektive Empfinden des Verbrauchers bezieht. Die Richtlinie spricht von "jeder Verpflichtung" des Garantiegebers, die zusätzlich zur gesetzlichen Mängelgewährleistung eingegangen wird und somit auch von solchen, die an Umstände, die in der Person des Verbrauchers liegen, geknüpft sind. Zudem ist der neutrale und allgemeine Ausdruck der "anderen ... Anforderungen" geeignet, auch die Enttäuschung subjektiver Erwartungen des Verbrauchers an die erworbene Ware unabhängig von objektiven Merkmalen oder Eigenschaften abzudecken. Zudem entspricht die Auslegung des Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83, nach der sich gewerbliche Garantien auf die Zufriedenheit der Käufer beziehen dürfen, dem mit der Richtlinie verfolgten Zweck der Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus. 

Müssen die subjektiven Erwartungen des Verbrauchers an objektiven Merkmalen der Ware feststellbar sein?

Auch wenn sich Garantien auf subjektive Anforderungen beziehen dürfen, bleibt die Frage, ob die enttäuschten Erwartungen anhand objektiver Merkmale feststellbar sein müssen. Die mangelnde Zufriedenheit der Verbraucher kann bei genauer Betrachtung aber naturgemäß nicht objektiv geprüft werden. Sie muss daher nicht objektiv feststellbar sein, sondern es reicht die bloße Behauptung des Verbrauchers aus.  


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