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Wenn alles gut läuft, werden Einlagen in das steuerliche Einlagekonto einer Kapitalgesellschaft per gesondertem Bescheid festgeschrieben. Sobald diese dann zurück an den Gesellschafter gezahlt werden, muss er eine solche sog. Einlagerückgewähr nicht versteuern. Läuft allerdings etwas schief, dann steht es nicht dem Gesellschafter zu, den Bescheid anzufechten. Dies hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 21.12.2022 entschieden (Az. I R 53/19).
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Aktiengesellschaft (AG) dänischen Rechts. Sie war im Jahre 2007, als sich der Fehler ereignete, Gesellschafterin der beigeladenen inländischen GmbH.
Im Oktober 2008 gab die Beigeladene in der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2007 an, der Kontostand betrage 0,00 EUR. Dies war, wie sich später herausstellte, ein grober Fehler. Denn tatsächlich wurde im Jahr 2007 eine Zahlung i.H.v. rund 800.000,00 EUR in die Kapitalrücklage geleistet. Diese gesamte Zahlung wurde also aufgrund eines Fehlers nicht festgehalten. Der Beklagte, das zuständige Finanzamt, stellte den Bestand des steuerlichen Einlagekontos darum mit 0,00 EUR fest. Und das mit einem Bescheid zum 22.12.2008, dessen Inhalt ebenfalls nicht auffiel.
Erst 7 Jahre später wurde der Fehler schließlich festgestellt. Am 26.11.2015 machte die beigeladene Kapitalgesellschaft geltend, die Bescheide seien nichtig. Denn die geleistete Einlage von 2007 war nicht berücksichtigt worden. Hilfsweise müsse das Ganze gem. § 129 Abgabenordnung (AO) im Nachhinein erfasst werden. Hiernach kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten sowie unter Vorlage aller Unterlagen muss sie dies sogar tun.
Das Finanzamt lehnte die Anträge jedoch mit Bescheid vom 07.07.2016 (!) ab. Am 10.02.2017 legte die Beigeladene Widerspruch ein, welcher am 06.02.2018 als unzulässig verworfen wurde.
Auch die Klägerin hatte am 18.01.2018 Einspruch eingelegt. Diesen begründete sie damit, dass sie eine Gesellschafterin der Beigeladenen war und deshalb auch unmittelbar betroffen sei. Das würde ihr eine Rechtsbehelfsbefugnis verleihen. Ferner sei diese Rechtsbehelfsfrist auch noch nicht abgelaufen, da der Feststellungsbescheid ihr gegenüber nie bekannt gegeben worden sei. Sondern eben nur gegenüber der Beigeladenen selbst. Auch dieser Einspruch wurde als unzulässig verworfen.
Der Streit ging dann vor das Finanzgericht Schleswig-Holstein. Dieses sah die Lage ähnlich wie die Finanzämter vor ihr. Mit Urteil vom 10.09.2019 entschied es, dass die Klage unzulässig wäre. Denn die Klägerin sei nicht gemäß § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) befugt, den Feststellungsbescheid anzufechten. Eine Klage ist hiernach nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, in seinen Rechten verletzt zu sein.
Der Bescheid war allerdings nur gegenüber der beigeladenen Kapitalgesellschaft ergangen, nicht gegenüber der Klägerin selbst. Darum sah das Finanzgericht sie nicht in der Position, in eigenem Namen einen Anspruch geltend zu machen.
Gegen das Urteil des Finanzgerichts SH legte die Klägerin dann Revision ein. § 40 Abs. 2 FGO sei verletzt worden. Ferner verstoße die Anwendung von § 166 AO hier gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG).
§ 166 AO legt fest, dass unanfechtbar festgesetzte Steuern auch gegenüber denjenigen gelten, die in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten. Und Art. 19 Abs. 4 besagt, dass jemandem immer ein Rechtsweg offenstehen muss, soweit er durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wurde. Zusammengefasst machte die Klägerin also geltend, dass sie keine faire Möglichkeit gehabt hätte sich zu wehren und dies gegen Recht und Gesetz verstoßen müsse.
Darum beantragte sie, den gemäß § 27 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) gegenüber der Beigeladenen ergangenen steuerlichen Einlagebescheid so zu ändern, dass der eigentliche Betrag festgestellt wird.
Der Bundesfinanzhof stellte zunächst fest, dass der steuerliche Feststellungsbescheid nach § 27 Abs. 2 KStG ausschließlich gegenüber der darin genannten Kapitalgesellschaft erging. Ferner habe die Beklagte nicht allein deshalb ein Drittanfechtungsrecht, weil sie Anteilseigner an der Kapitalgesellschaft ist.
Der Bundesfinanzhof räumte ein, dass die Frage um das Drittanfechtungsrecht umstritten ist. In einigen Konstellationen wurde es anerkannt, so zum Beispiel, wenn der Körperschaftssteuerbescheid zu hoch angesetzt wurde. In so einem Fall kann die Körperschaft selbst nicht anfechten, da sie nicht nach § 40 Abs. 2 FGO in ihren Rechten verletzt ist. Und der dann zu hohe Betrag würde bindend für den Einbringenden steuerlich festgehalten. Hier ist es nach Art. 19 Abs. 4 GG notwendig, ein Drittanfechtungsrecht anzuerkennen.
Dies sei jedoch im vorliegenden Fall anders. Die beigeladene Kapitalgesellschaft hätte ausdrücklich ein zuerkanntes Recht, gegen den steuerlichen Feststellungsbescheid zu klagen. Es gäbe keinen Grund, darüber hinaus der Klägerin ein Drittanfechtungsrecht zukommen zu lassen. Die Folgen einer solchen Zuerkennung erschienen für die Rechtssicherheit nicht hinnehmbar.
Es gäbe zwar auch Drittanfechtungsrechte von Arbeitnehmern gegenüber dem Arbeitgeber ergangenen Lohnsteuer-Haftungsbescheide und von Vergütungsgläubigern gegen den gegenüber den Vergütungsschuldnern ergangenen Kapitalertragsteuer-Haftungsbescheide. Jedoch läge in diesen Fällen ein Eingriff in den Rechtsbereich der Betroffenen vor, was hier nicht der Fall sei.
Art. 19 Abs. 4 GG, auf den sich berufen wurde, ändere daran auch nichts. Er garantiere zwar grundsätzlich eine Rechtswegeröffnung, jedoch seien Beschränkungen davon zulässig. Vor allem, wenn im Einzelfall widerstreitende grundrechtlich fundierte Interessen zum Ausgleich zu bringen sind.
§ 27 Abs. 2 KStG schreibt die steuerliche Feststellung vor, welche Rechtssicherheit bieten solle. Es handele sich dabei nicht etwa um einen „Einmal-Sachverhalt“, sondern um die Erfassung sämtlicher unterjähriger Veränderungen mit anschließender verbindlicher Festschreibung.
Durch ein Drittanfechtungsrecht würde diese Sicherheitsfunktion unterlaufen werden. Denn dann wären die steuerlichen Feststellungsbescheide gefährdet, im Nachhinein von Dritten plötzlich geändert zu werden. Da die Gesellschafter solche Bescheide nie zugestellt bekommen, hätten sie auch immer die Möglichkeit einer Anfechtung. Somit würde selbst die Verjährung ausgesetzt werden.
Auch die Möglichkeit, nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO Folgeanpassungen bei den gegenüber allen Gesellschaftern ergangenen Ertragsteuerbescheiden durchzuführen, ließe sich hiergegen nicht anführen. Denn jeder ebenfalls anfechtungsberechtigte Gesellschafter könnte nun selbst anfechten, was zu Rechtsunsicherheit führen würde. Darum komme es nicht zu einem verfassungswidrigen Rechtswegausschluss.
Das Steuerrecht gehört zum öffentlichen Finanz- oder Abgabenrecht und kann grob unterteilt werden in das Einkommenssteuerrecht, Gewerbesteuerrecht, Körperschaftssteuerrecht, Umsatzsteuerrecht und das Steuerstrafrecht. Der Anwalt für Steuerrecht ist regelmäßig mit steuerlichen Fragen jeglicher Art betraut. Bei uns finden Sie Experten im Bereich des Steuerrechts, auch hinsichtlich des Körperschaftsteuerrechts.
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