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| Internetrecht, Wettbewerbsrecht
Blog News
Am 28.05.2022 treten zahlreiche Änderungen im Fernabsatzrecht in Kraft. Der Gesetzgeber setzt mit den neuen Vorschriften hauptsächlich Vorgaben der sog. Omnibus-Richtlinie der EU um und unternimmt damit einen weiteren Schritt in Richtung Modernisierung des Verbraucherschutzes. Ein klarer Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Internetrecht. Ob die Gesetzesänderung tatsächlich Verbraucher stärken und was sonst noch mit den Änderungen verbunden ist, greifen wir exemplarisch für sie auf.
Das Fernabsatzrecht konzentriert sich auf die Abwicklung von Verträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern, die typischerweise ohne einen direkten Kontakt geschlossen werden. In aller Regel geschieht dies telefonisch oder über das Internet. Die Umstände eines Fernabsatzgeschäfts unterscheiden sich maßgeblich von denen eines normalen Geschäfts vor Ort. Sicherlich kennt jeder diese Situation.
Man schaut sich auf einer Website einen Artikel an, ist sich aber nicht sicher, ob die beschriebene Qualität sich so im Produkt wiederfindet. Trotz detaillierter Beschreibungen und Darstellungen von Produkten ist es nicht einfach, deren Beschaffenheit aus der Ferne zu beurteilen. Heutzutage können Onlineshops verhältnismäßig einfach erstellt werden und mit minderwertigen Produkten ausgestattet werden. Als Verbraucher ist man in solchen Fällen fast schon automatisch in einem Informationsdefizit.
Ohne entsprechende gesetzliche Vorgaben haben Betrüger leichtes Spiel. In Zeiten des Internetbooms, in denen es kaum Anforderungen an solche Geschäfte gab, kam es vermehrt zu Verbrauchertäuschungen. An dieser Stelle setzen die Regelungen zum Fernabsatzrecht ein. Dem Verbraucher soll kein unfairer Nachteil entstehen, nur weil er sich dazu entschieden hat, die Waren nicht vor Ort zu kaufen.
Zentrale Akteure des Fernabsatzrechts bleiben Verbraucher und Unternehmer. Mit dem neuen § 312k Absatz 1 BGB wird der Begriff des Betreibers eines Online-Marktplatzes eingeführt und so ein Fokus auf den Onlinehandel gesetzt. Bei einem Online-Marktplatz handelt es sich um einen Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, Fernabsatzverträge mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern zu schließen. Bekannte Anbieter wie Amazon oder eBay sind damit von den Vorschriften umfasst.
Neben den ohnehin schon bestehenden Informationspflichten müssen sich Betreiber auf zusätzliche Anforderungen einstellen. Die Artikel 246 ff. des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) konkretisieren diese Informationspflichten. Sie werden durch die Gesetzesänderung erweitert.
Die wohl umfangreichste Änderung ergibt sich aus dem neuen Artikel 246d § 1 Abs. 1 EGBGB. Danach müssen Betreiber eines Online-Marktplatzes Verbraucher künftig über Rankings von Waren und Dienstleistungen oder digitalen Inhalten informieren, die dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage auf dem Online-Marktplatz präsentiert werden. Diese Änderung soll dem Verbraucher mehr Transparenz gewähren und ihn in seinen Entscheidungen unterstützen.
Für Unternehmer bedeutet sie nicht nur zusätzlichen bürokratischen Aufwand. Durch die Offenbarung von Strukturen, die hinter Suchanfragen der Benutzer stehen, sind Betreiber von Online-Marktplätzen dazu verpflichtet, in einem gewissen Umfang Umstände zu veröffentlichen, die bislang unter Verschluss gehalten wurden. Die Funktionsweise von Algorithmen bestimmt maßgeblich die Ergebnisse von Suchanfragen und ist unter Unternehmern stets ein entscheidendes Erfolgskriterium. Zwar fordern die neuen Regelungen keine detaillierte Offenlegung einzelner Algorithmen. Allerdings können Konkurrenten unter Umständen schon aus groben Strukturen Rückschlüsse ziehen, die den Betreibern einen Nachteil verschaffen könnten.
Neben der Informationspflicht über Rankings soll der Verbraucher künftig auch über einzelne Vertragsstrukturen informiert werden. Er soll gerade nicht Gefahr laufen, bei mehreren Akteuren nicht zu wissen, mit wem der eigentliche Vertrag geschlossen worden ist. Der Vertragspartner soll dem Verbraucher stets transparent präsentiert werden. Auch hier sorgen die neuen Vorschriften für mehr Transparenz und eine Stärkung der Position von Verbrauchern.
Mehr Transparenz für Verbraucher ist auf den ersten Blick erfreulich. Allerdings könnte schnell ein Zustand erreicht werden, indem der Verbraucher nahezu mit Informationen überfrachtet wird. Zudem kommt es darauf an, was für Informationen dem Verbraucher präsentiert werden. Grundsätzlich muss man natürlich wissen, mit wem man einen Vertrag schließt. Nicht selten verbergen sich jedoch komplizierte juristische Verflechtungen hinter Vertragsstrukturen, mit denen ein juristischer Laie im Zweifel überfordert sein kann.
Des Weiteren ist zu bezweifeln, dass die Offenlegung von Kriterien, die für das Suchergebnis herangezogen werden, für die Entscheidungen des Verbrauchers erheblich ist. Informierte Verbraucher wissen vermutlich sowieso nach welchen Kriterien ihnen vorgeschlagen wird, was auf der Website des Onlineshops auftaucht und die übrigen Verbraucher richten Ihre Kaufentscheidungen im Zweifel an anderen Faktoren aus. Es leuchtet also nicht ein, warum Unternehmer einen großen Aufwand betreiben sollen, um Informationen bereit zu stellen, die eventuell kaum eine Auswirkung für die Kaufentscheidung bringen. Vor diesem Hintergrund lässt sich zumindest bezweifeln, ob die Gesetzesänderungen den erwünschten Effekt bewirken werden.
Neben neuen Aspekten werden auch bereits bestehende Pflichten durch die Gesetzesänderung angepasst. Es kommt stellenweise nur zu sprachlichen Veränderungen, die keine nennenswerten Auswirkungen auf die Rechtslage haben. Was allerdings bleibt, ist eine komplizierte gesetzliche Struktur, die ohnehin unübersichtlich ist und Unternehmern umfangreiche Pflichten auferlegt.
Kommt es zu Zuwiderhandlungen, kann dies zukünftig nach dem Artikel 246e § 2 Abs. 2 EGBGB zu einem Bußgeld führen. Das Bundesamt für Justiz kann Geldbußen in Höhe von 4% des Jahresumsatzes und bis zu einem Höchstbetrag von 2 Millionen Euro verhängen. Für Unternehmer kann es mitunter teuer werden.
Obwohl die Gesetzesänderungen zu mehr Transparenz beitragen, ist zu bezweifeln, ob siedem Verbraucher einen tatsächlichen Vorteil bringen. Es bleibt vielmehr bei einer komplizierten und undurchsichtigen Gesetzesstruktur im Fernabsatzrecht.
Für Unternehmer bedeuten die Regelungen einen erhöhten bürokratischen Aufwand. Ohne kompetenten Rat dürfte es in Zukunft schwerfallen, die vielfältigen Anforderungen zu erfüllen. Zwar ist Verbraucherschutz wünschenswert. Die Regelungen wirken allerdings so, als orientierten sie sich an Prinzipien anstatt an realen Gegebenheiten.
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