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Instagram muss Nutzerin personenbezogene Daten zum Ersteller eines Fake-Profils herausgeben, damit sie Schadensersatzansprüche gegen diesen geltend machen kann. OLG Schleswig stärkt die Rechte von Social-Media-Nutzern.
OLG Schleswig, 23.03.2022 - 9 Wx 23/21
Die minderjährige Nutzerin macht gegenüber der Social-Media-Plattform „Instagram“ Auskunftsansprüche wegen eines Nutzerkontos geltend, dessen Inhalt sie nach ihrer Auffassung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Für die Nutzerin hat sich eine der Gefahren von Social-Media-Plattformen wie Instagram und Facebook realisiert.
Eine der Nutzerin unbekannte dritte Person eröffnete einen Account auf Instagram mit dem Nutzernamen „X_wurde_gehackt“ und stellte in einem mit „Nudes“ bezeichneten Ordner Bilder und Äußerungen ein. Der Account auf der Social-Media-Plattform war zunächst öffentlich. Die Bilder zeigten eine lediglich mit Unterwäsche bekleidete junge Frau mit langen braunen Haaren, deren Gesicht jeweils durch ein Smartphone verdeckt ist. Auf den Fotos waren die folgenden Äußerungen zu lesen:
Die Nutzerin meldete dieses Konto bei Instagram. Der Betreiber der Social-Media-Plattform deaktivierte daraufhin das Konto, sodass die Bilder nicht mehr abrufbar sind.
Die Nutzerin behauptet, die Fotos zeigten ihren Kopf auf einem anderen Körper. Klassenkameraden hätten sie auf den Bildern erkannt. Sie vertritt die Auffassung, sie habe einen Gestattungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Telemediengesetz (TMG) a.F., da die Inhalte des falschen Profils die Tatbestände der §§ 185 ff. Strafgesetzbuch (StGB) erfüllten. Sie benötige die verlangten Informationen zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche in Form von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen wegen Persönlichkeitsrechts- verletzungen gegen den Inhaber des Nutzerkontos.
Instagram erwidert, dass es unmöglich sei, die begehrte Auskunft über IP-Adressen zu erteilen, da nicht festgestellt werden könne, ob eine bestimmte IP-Adresse zum Zeitpunkt des Hochladens eines Inhalts verwendet worden sei.
Die Nutzerin möchte die nachstehenden Informationen:
Auskunft über die Bestands- und Nutzungsdaten des Nutzers unter dem Benutzernamen „X_wurde_gehackt“, durch Angabe der folgenden, bei der Beteiligten hinterlegten Daten:
Instagram wird durch das OLG Schleswig verpflichtet, der Nutzerin Auskunft zu erteilen über die bei der Beteiligten hinterlegten Daten:
Zunächst wurde durch das Gericht klargestellt, dass aufgrund der zum 1. Dezember 2021 erfolgten Gesetzesänderung der Auskunftsanspruch nunmehr nach § 21 Abs. 2, Abs. 3 Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) und nicht wie von der Nutzerin vorgetragen nach § 14 Abs. 3 TMG zu beurteilen ist.
Nach § 21 Abs. 2 TTDSG ist ein Anbieter von Telemedien verpflichtet, Auskunft über bei ihm vorhandene Bestandsdaten zu erteilen, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte, die von § 10a Abs. 1 TMG oder § 1 Abs. 3 Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) erfasst werden, erforderlich ist.
Durch den Inhalt des Nutzeraccounts „X_wurde_gehackt“ werden absolut geschützte Rechte der Nutzerin rechtswidrig verletzt.
Die Schaffung des Fake-Accounts und das Einstellen der Fotos mit Kommentaren im Zusammenhang gesehen erfüllen den Tatbestand der Beleidigung im Sinne des § 185 StGB.
Auf dem hier gegenständlichen Account wurden Fotos eingestellt, die die Nutzerin darstellen sollen, und verbunden hiermit werden ihr Äußerungen zugeschrieben, die den Eindruck hervorrufen, sie sei an sexuellen Kontakten interessiert und eine „Schlampe“. Darin liegt eine Beleidigung, da diese sexuellen Anspielungen geeignet sind, die Nutzerin, die als Minderjährige stärker als Erwachsene des Schutzes in ihrer Persönlichkeitsentwicklung bedarf, verächtlich zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
Das Gericht stellt auch klar, dass die Äußerungen auf dem Nutzerkonto auch nicht wegen einer Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 193 StGB gerechtfertigt sind. Die Regelungen des § 193 StGB sollen den Belangen der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG Rechnung tragen.
Bei den Äußerungen handelt es sich um reine Schmähungen, die bereits nicht dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen.
Eine Schmähung im verfassungsrechtlichen Sinn ist gegeben, wenn eine Äußerung keinen nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr im Grunde nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht.
Die Kommentare zielen allein auf die Herabsetzung der Nutzerin, ohne dass ein Bezug zu einer sachlichen Auseinandersetzung erkennbar wäre. Hinzu kommt, dass der eigentliche Urheber unerkannt bleibt und die Formulierung der Kommentare suggeriert, sie seien von der Nutzerin selbst getätigt worden. Es geht dem Urheber somit allein um eine grundlose Verächtlichmachung der Nutzerin. Bei dem Inhalt des verfahrensgegenständlichen Nutzerkontos handelt es sich daher bereits nicht um Meinungsäußerungen, die dem Schutz des Art. 5 Abs.1 Satz 1 GG unterfielen.
Nutzer von Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook und co. haben durch die Gesetzesänderung nun eine realistische Chance die Identität einer Person herauszufinden, die im Internet die eigenen Rechte verletzt. So können Unterlassungsansprüche durchgesetzt werden und auch die Durchsetzung weitere Rechte wie z.B. Schadensersatzzahlungen sind möglich.
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