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Glyphosat mal anders - Urheberrechtliche Fragen


Glyphosat im Kontext des Urheberrechts

Urheberrechtliche Fragen zum Gutachten zu Glyphosat

Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat hat schon in zahlreichen Zusammenhängen und in unzähligen Gerichtsentscheidungen für Aufsehen gesorgt. Das Landgericht (LG) Köln hat nun am 12. November 2020 (14 O 163/19) erneut in einem Fall entschieden, bei dem es zwar nicht direkt um Glyphosat ging, jedoch um ein Gutachten darüber.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat vor dem LG Köln Unterlassungsansprüche gegenüber dem Online Portal FragDenStaat geltend gemacht.

Das Onlineportal hatte ein Gutachten über die Gesundheitsrisiken des Pflanzenschutzmittels Glyphosat veröffentlicht. Das BfR hatte daraufhin Unterlassung gefordert, doch das Gericht hatte dieses Begehren abgewiesen.


Im Folgenden die Urteilsbegründungen in kurzer Form

Entsprechend hat das Online Portal nicht rechtswidrig gehandelt. Das Gutachten war bereits vom BfR i.S.d. § 12 UrhG veröffentlicht worden. Außerdem handele es sich zumindest seit der Veröffentlichung des Gutachtens in Form der Allgemeinverfügung um ein amtliches Werk i.S.d. § 5 II UrhG. Amtliche Werke genießen gem. § 5 UrhG keinen Urheberrechtsschutz.


Das BfR hatte Unterlassungsansprüche gegenüber dem Online Portal gelten gemacht. Das Bundesinstitut hatte ein urheberrechtliches Problem mit der Veröffentlichung einer Stellungnahme des Bundesinstituts über das Pflanzenschutzmittel Glyphosat.

Begriffserklärung:

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

Das BfR erstellt wissenschaftliche Ausarbeitungen und berät das Bundesministerium und andere Behörden in wissenschaftlichen Fragen. Aufgabe des BfR ist unter anderem auch die Untersuchung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln im Hinblick auf die Gesundheit von Menschen und Tieren. Ihre Aufgaben umfassen auch die Unterrichtung der Öffentlichkeit über etwaige Untersuchungsergebnisse.

Was ist Glyphosat?acker-feld-mähdrescher-glyphosat

Der Stoff Glyphosat ist seit 2002 in der Europäischen Union als Pflanzenschutzmittel zugelassen und wird weltweit am häufigsten Eingesetzt. Allerdings steht immer wieder der Verdacht im Raum, dass Glyphosat  schwere gesundheitliche Schäden beim Menschen auslöst.

Veröffentlichtes Gutachten (Zusammenfassung)

Bei dem vom Online Portal veröffentlichten Gutachten handelt es sich um eine 6-seitige Zusammenfassung eines 95 Seitigen Berichts. Beide Dokumente wurden von unterschiedlichen Institutsmitarbeitern verfasst. Kritisch bei der Fallkonstellation ist, dass die Bewertung des Instituts lediglich für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bestimmt war.


Das Online Portal FragDenStaat hatte im Oktober 2018 beim beklagten einen Antrag auf den Erhalt der Zusammenfassung gestellt. Dieser wurde im Dezember 2018 vom BfR bewilligt und die Zusammenfassung dem Online Portal übermittelt. Zusätzlich erhielt das Online Portal folgenden Hinweis:

„Die Übermittlung von Daten erfolgt ausschließlich zu ihrem persönlichen Gebrauch. Bestehende Urheberrechte des BfR oder Dritter werden hierdurch nicht berührt. Veröffentlichungen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung des BfR.“


Im Februar 2019 stellte das Online Portal die Zusammenfassung dann auf ihrer Website allen Nutzern zur Verfügung. Im März 2019 entfernte das Online Portal nach einer Einstweiligen Verfügung die Zusammenfassung wieder von der Website.

Im April 2019 erlässt das BfR in Form einer Allgemeinverfügung, dass alle Personen, die einen Antrag gemäß § 7 I 1 IFG auf Informationszugang stellen, einen 7-tägigen Lesezugang zu der Zusammenfassung erhalten. Bis zum 5. Juni 2019 hatten so bereits mehr als 34.000 Personen Zugang zu der Zusammenfassung.

Im Anschluss vermerket das Online Portal für seine Leser auf seiner Website die Möglichkeit, den 7-tägigen Lesezugang durch Antrag bei der BfR zu erhalten.


BfR vs. FragDenStaat: Der Verfahrensablauf

Klägerseite - Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

Das BfR macht einen Unterlassungsanspruch gem. § 77 I UrhG geltend. Entsprechend war das Online Portal nicht zur Nutzung berechtigt. Bei der Zusammenfassung handelt es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk i.S.d. § 2 I Nr. 1, II UrhG. Zusätzlich sei dem Online Portal die Veröffentlichung ausdrücklich untersagt worden. Zusätzlich handelt es sich nicht um ein amtliches Werk i.S.d. § 5 II UrhG.

Beklagtenseite FragDenStaat

Das Online Portal behauptet dagegen, dass es sich bei der Zusammenfassung durch die Veröffentlichung im Rahmen der Allgemeinverfügung sehr wohl um ein amtliches Werk i.S.d. § 5 II UrhG handelt und eine Nutzung gemäß §§ 50,51 UrhG gerechtfertigt war.

Eingriff in die Verwertungsrechte - Klage abgewiesen

Letztendlich hat sich das LG Köln dazu entschieden die Klage abzuweisen. Zwar lagen die ausschließlichen Nutzungsrechte gemäß § 43 i.V.m.§ 31 V UrhG und es handelt sich auch bei der Zusammenfassung um ein Sprachwerk i.S.d. § 2 I Nr. 1, II UrhG. Es bleibt auch festzuhalten, dass das Online Portal in die ausschließlichen Verwertungsrechte des BfR eingegriffen hat, indem es die Zusammenfassung online zur Verfügung gestellt hat. Denn bereits das Speichern eines Textes auf einer Homepage stellt eine Vervielfältigung i.S.d. § 16 UrhG dar.

Das Werk wurde allerdings mit Antragsgewährung im Rahmen des Verfahrens nach §§ 1 ff. IFG i.S.d. § 12 UrhG, spätestens mit der Allgemeinverfügung im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Es handelt sich also um ein amtliches Werk i.S.d. § 5 II UrhG und der Beklagte handelt nicht rechtswidrig.

Nachdem das Online Portal im Dezember 2018 bei der BfR einen Antrag entsprechend der Regelungen des IFG gestellt hat, und dieser positiv verbescheidet wurde, hat der BfR die Zusammenfassung i.S.d. § 12 I UrhG veröffentlicht. Unerheblich ist hierbei auch, dass die Nutzer zum Erhalt der Lesebefugnis zunächst einen Antrag stellen müssen.

Das IFG soll dafür sorgen, dass die Bevölkerung einen allgemeinen, voraussetzungslosen und sachbereichsunabhängig Zugang zu amtlichen Informationen gewährt wird.

 

Vorliegend wurde jedem Antragsteller automatisiert Zugang zu der Zusammenfassung gewährt, der BfR wollte die Inhalte also nicht nur einer begrenzten Personenanzahl zur Verfügung stellen. Es ist also kein Grund mehr dafür ersichtlich, dass sich das Werk noch in der ursprünglichen Geheimsphäre befindet. Daraus lässt sich ebenfalls eine Zustimmung zur Veröffentlichung erkennen.

Auch die Auflage, dass eine vorherige Zustimmung des Klägers notwendig ist, ändert daran nichts, da dies dem Grundgedanken des IFG entgegenstehen würde. Vielmehr ist das „Zurverfügungstellen“ der Informationen an viele Personen notwendig, um einen Diskurs i.S.d. IFG zu gewährleisten.


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