Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Spezialist für Arbeitsrecht, Zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV)
T (+49) 040 / 7344 086-0
Rechtsanwältin für Arbeitsrecht & Wirtschaftsmediatorin
T (+49) 040 / 7344 086-0
Blog News
Ein Arbeitgeberbewertungsportal muss die schutzwürdigen Interessen eines Unternehmens besonders berücksichtigen, wenn keine tatsächliche Beschäftigungsverbindung des Bewertenden besteht. So lautet die Entscheidung des OLG Dresden in seinem Urteil.
Geht eine Beschwerde über eine Bewertung ein, muss der Betreiber also prüfen, ob sie gerechtfertigt ist, und erklären, welche Maßnahmen er ergreift. Wie weit diese Prüfpflicht reicht, hängt vom Einzelfall ab. Die Identität des Verfassers darf jedoch meist nicht ohne Weiteres offengelegt werden.
Die Klägerin, die eine Firma für Logistikdienstleistungen an mehreren Standorten betrieb, verlangt die Löschung einer Bewertung auf dem Arbeitgeberbewertungsportal der Beklagten. Konkret ging es in dem Fall um eine Bewertung, die die Beklagte auf ihrem Portal „kununu.de“ mit dem Titel „Schlechtester Arbeitgeber aller Zeiten“, einer Vergabe von 1,9 von 5 Punkten und einer Einstufung als „Nicht empfohlen“ nach Genehmigung am 13.02.2015 veröffentlichte.
Die Bewertung enthielt Vorwürfe über schlechte Behandlung von Mitarbeitern, hohe Fluktuation und öffentliches Bloßstellen durch Vorgesetzte und Kollegen. Unklar blieb, ob sie sich um die GmbH der Klägerin oder eine inzwischen geschlossene Zweigniederlassung handele.
Das Landgericht Leipzig entschied am 30.04.2024, dass die Beklagte eine negative Bewertung über die Klägerin nicht weiter veröffentlichen darf. Andernfalls droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 € oder ersatzweise Ordnungshaft. Zusätzlich wurde die Beklagte zur Zahlung von 1.253 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Die Kosten des Rechtsstreits wurden ebenso zulasten der Beklagten gelegt.
Begründung des Landesgerichts:
Nach Auffassung des Gerichts liegt eine rechtswidrige Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Klägerin vor. Die Bewertung könne das Ansehen der Klägerin erheblich schädigen und potenzielle Geschäftspartner sowie Bewerber abschrecken. Da die Beklagte nicht nachgewiesen habe, dass die bewertende Person tatsächlich bei der Klägerin beschäftigt war, sei die Veröffentlichung unzulässig. Die Klägerin habe Anspruch darauf, die Identität des Bewertenden zu erfahren oder zumindest dessen Authentizität prüfen zu können.
Das Gericht betonte, dass ein berechtigtes Interesse an einer anonymen Bewertung nur dann bestehe, wenn ein tatsächliches Beschäftigungsverhältnis vorliege. Da die Beklagte der Klägerin eine Identifizierung der bewertenden Person verweigert habe, sei davon auszugehen, dass ein solches Verhältnis nicht bestanden habe. Die Betreiberin des Bewertungsportals könne sich nicht auf eine interne Prüfung berufen, da sie ein Eigeninteresse an der Veröffentlichung von Bewertungen habe.
Das Gericht stützt sich in seiner Entscheidung auf § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog sowie Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG und beruft sich auf die Rechtsprechung des BGH zur Prüfpflicht von Bewertungsportalen.
Insbesondere der §1004 Abs. 1 Satz 2 BGB (analog) Unterlassungsanspruch ist bei diesem Fall der relevanteste Paragraf. Der Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB greift bei einer rechtswidrigen Beeinträchtigung und ermöglicht der Klägerin, die Entfernung der Bewertung zu verlangen. Da die streitige Äußerung das Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzt, besteht ein Anspruch auf Löschung. Obwohl § 1004 BGB ursprünglich für dingliche Rechte wie Eigentum konzipiert wurde, wird er hier analog angewendet, da er auch auf nicht dingliche Rechtsgüter wie das Persönlichkeitsrecht übertragbar ist.
Doch geklärt war der Fall damit noch lange nicht.
Die Beklagte legte fristgerecht Berufung beim Oberlandesgericht ein und beantragte, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie argumentierte, dass die bewertende Person tatsächlich bei der Klägerin angestellt gewesen sei und entsprechende Nachweise vorgelegt habe. Arbeitsverträge und Ausbildungsnachweise seien eingereicht und überprüft worden. Die Klägerin sei diesen Nachweisen nicht substantiiert entgegengetreten, weshalb die Beweislast nunmehr bei ihr liege.
Zudem sei die Beklagte nicht verpflichtet, die Identität der bewertenden Person offenzulegen. Eine Plattformbetreiberin treffe keine weitergehende Prüfpflicht, wenn bereits Nachweise für ein Beschäftigungsverhältnis erbracht wurden. Die Annahme des Landgerichts, dass der Beklagten weitergehende Verpflichtungen obliegen, sei unzutreffend.
Das Oberlandesgericht gab der Berufung der Beklagten statt und wies die Klage ab. Es entschied, dass kein Unterlassungsanspruch der Klägerin bestehe, da die Beklagte hinreichend nachgewiesen habe, dass die bewertende Person tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis zur Klägerin stand. Die Identifizierung der bewertenden Person sei nicht erforderlich, um die Authentizität der Bewertung sicherzustellen.
Weiterhin stellte das Gericht klar, dass eine Prüfpflicht des Portals sich auf die Plausibilitätskontrolle der eingereichten Nachweise beschränkt. Die Beklagte habe ihre Prüfpflichten erfüllt, indem sie die übermittelten Arbeitsunterlagen gesichtet und eine Bestätigung des Bewertenden eingeholt habe. Eine Verpflichtung zur Offenlegung der Identität über diese Maßnahmen hinaus sei nicht gegeben. Das erstinstanzliche Urteil wurde daher aufgehoben.
Der § 1004 Abs. 1 BGB (analog), der im ersten Urteil als Grundlage für die Löschung der Bewertung herangezogen wurde, greift hier nicht, weil die Beklagte nachweisen konnte, dass die Bewertung auf einem tatsächlichen Arbeitsverhältnis beruhte.
Weitere wichtige Entscheidungen über den dargelegten Sachverhalt:
Da die Klägerin keinen Unterlassungsanspruch hatte, wurde auch ihr Antrag auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten abgelehnt. Die Kostenentscheidung beruhte auf § 91 Abs. 1 ZPO, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt.
Das Gericht ließ zudem keine Revision zu, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte und keine Abweichung von gefestigter Rechtsprechung vorlag. Die Beklagte war ihren Prüfpflichten nachgekommen und eine weitergehende Verpflichtung bestand nicht..
Sie sind sich unsicher, ob Sie einen Arbeitsvertrag elektronisch übermitteln können oder haben Fragen in Bezug auf die Erstellung eines Arbeitszeugnisses? Nutzen Sie unsere Kompetenzen als Anwalt für Arbeitsrecht. Wir unterstützen Sie bei der Erstellung und Prüfung von Arbeitsverträgen, helfen Ihnen bei Kündigungen und Kündigungsschutzklagen und klären Fragen zu Wettbewerbsverboten sowie Kündigungsklauseln. Gerne beraten wir Sie zu Befristungen, Urlaubsansprüchen, Elternzeit und Mutterschutz.
Für Anfragen zu einer Rechtsberatung für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsräte, stehen wir Ihnen mit unseren erfahrenen Anwälten für Arbeitsrecht sehr gerne zur Verfügung. Unser Team berät Sie fachlich kompetent und kaufmännisch zielorientiert. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.