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Grenzen bei der Bewertung von Arbeitgebern


Bewertung von Arbeitgebern: Wo liegen die Grenzen?

Ein Arbeitgeberbewertungsportal muss die schutzwürdigen Interessen eines Unternehmens besonders berücksichtigen, wenn keine tatsächliche Beschäftigungsverbindung des Bewertenden besteht. So lautet die Entscheidung des OLG Dresden in seinem Urteil.

Geht eine Beschwerde über eine Bewertung ein, muss der Betreiber also prüfen, ob sie gerechtfertigt ist, und erklären, welche Maßnahmen er ergreift. Wie weit diese Prüfpflicht reicht, hängt vom Einzelfall ab. Die Identität des Verfassers darf jedoch meist nicht ohne Weiteres offengelegt werden.

Wie kam es zum Verfahren?

Die Klägerin, die eine Firma für Logistikdienstleistungen an mehreren Standorten betrieb, verlangt die Löschung einer Bewertung auf dem Arbeitgeberbewertungsportal der Beklagten. Konkret ging es in dem Fall um eine Bewertung, die die Beklagte auf ihrem Portal „kununu.de“ mit dem Titel „Schlechtester Arbeitgeber aller Zeiten“, einer Vergabe von 1,9 von 5 Punkten und einer Einstufung als „Nicht empfohlen“ nach Genehmigung am 13.02.2015 veröffentlichte.

Die Bewertung enthielt Vorwürfe über schlechte Behandlung von Mitarbeitern, hohe Fluktuation und öffentliches Bloßstellen durch Vorgesetzte und Kollegen. Unklar blieb, ob sie sich um die GmbH der Klägerin oder eine inzwischen geschlossene Zweigniederlassung handele.

Das Urteil des Landesgerichtes Leipzig: Raus mit der Bewertung

Das Landgericht Leipzig entschied am 30.04.2024, dass die Beklagte eine negative Bewertung über die Klägerin nicht weiter veröffentlichen darf. Andernfalls droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 € oder ersatzweise Ordnungshaft. Zusätzlich wurde die Beklagte zur Zahlung von 1.253 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Die Kosten des Rechtsstreits wurden ebenso zulasten der Beklagten gelegt.

Begründung des Landesgerichts:

Nach Auffassung des Gerichts liegt eine rechtswidrige Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Klägerin vor. Die Bewertung könne das Ansehen der Klägerin erheblich schädigen und potenzielle Geschäftspartner sowie Bewerber abschrecken. Da die Beklagte nicht nachgewiesen habe, dass die bewertende Person tatsächlich bei der Klägerin beschäftigt war, sei die Veröffentlichung unzulässig. Die Klägerin habe Anspruch darauf, die Identität des Bewertenden zu erfahren oder zumindest dessen Authentizität prüfen zu können.

Das Gericht betonte, dass ein berechtigtes Interesse an einer anonymen Bewertung nur dann bestehe, wenn ein tatsächliches Beschäftigungsverhältnis vorliege. Da die Beklagte der Klägerin eine Identifizierung der bewertenden Person verweigert habe, sei davon auszugehen, dass ein solches Verhältnis nicht bestanden habe. Die Betreiberin des Bewertungsportals könne sich nicht auf eine interne Prüfung berufen, da sie ein Eigeninteresse an der Veröffentlichung von Bewertungen habe.

Das Gericht stützt sich in seiner Entscheidung auf § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog sowie Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG und beruft sich auf die Rechtsprechung des BGH zur Prüfpflicht von Bewertungsportalen.

Insbesondere der §1004 Abs. 1 Satz 2 BGB (analog) Unterlassungsanspruch ist bei diesem Fall der relevanteste Paragraf. Der Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB greift bei einer rechtswidrigen Beeinträchtigung und ermöglicht der Klägerin, die Entfernung der Bewertung zu verlangen. Da die streitige Äußerung das Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzt, besteht ein Anspruch auf Löschung. Obwohl § 1004 BGB ursprünglich für dingliche Rechte wie Eigentum konzipiert wurde, wird er hier analog angewendet, da er auch auf nicht dingliche Rechtsgüter wie das Persönlichkeitsrecht übertragbar ist.

Doch geklärt war der Fall damit noch lange nicht.

Berufung der Beklagten: Eröffnung der zweiten Runde

Die Beklagte legte fristgerecht Berufung beim Oberlandesgericht ein und beantragte, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie argumentierte, dass die bewertende Person tatsächlich bei der Klägerin angestellt gewesen sei und entsprechende Nachweise vorgelegt habe. Arbeitsverträge und Ausbildungsnachweise seien eingereicht und überprüft worden. Die Klägerin sei diesen Nachweisen nicht substantiiert entgegengetreten, weshalb die Beweislast nunmehr bei ihr liege.

Zudem sei die Beklagte nicht verpflichtet, die Identität der bewertenden Person offenzulegen. Eine Plattformbetreiberin treffe keine weitergehende Prüfpflicht, wenn bereits Nachweise für ein Beschäftigungsverhältnis erbracht wurden. Die Annahme des Landgerichts, dass der Beklagten weitergehende Verpflichtungen obliegen, sei unzutreffend.

In nächster Instanz: die Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das Oberlandesgericht gab der Berufung der Beklagten statt und wies die Klage ab. Es entschied, dass kein Unterlassungsanspruch der Klägerin bestehe, da die Beklagte hinreichend nachgewiesen habe, dass die bewertende Person tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis zur Klägerin stand. Die Identifizierung der bewertenden Person sei nicht erforderlich, um die Authentizität der Bewertung sicherzustellen.

Weiterhin stellte das Gericht klar, dass eine Prüfpflicht des Portals sich auf die Plausibilitätskontrolle der eingereichten Nachweise beschränkt. Die Beklagte habe ihre Prüfpflichten erfüllt, indem sie die übermittelten Arbeitsunterlagen gesichtet und eine Bestätigung des Bewertenden eingeholt habe. Eine Verpflichtung zur Offenlegung der Identität über diese Maßnahmen hinaus sei nicht gegeben. Das erstinstanzliche Urteil wurde daher aufgehoben.

Der § 1004 Abs. 1 BGB (analog), der im ersten Urteil als Grundlage für die Löschung der Bewertung herangezogen wurde, greift hier nicht, weil die Beklagte nachweisen konnte, dass die Bewertung auf einem tatsächlichen Arbeitsverhältnis beruhte.


Weitere wichtige Entscheidungen über den dargelegten Sachverhalt:

  • Keine Haftung der Beklagten als Störerin
    Die Beklagte haftet weder als unmittelbare noch als mittelbare Störerin, da sie sich die Bewertung nicht zu eigen gemacht hat. Eine Haftung setzt voraus, dass die Plattform die Inhalte überprüft oder sich deren Aussage zu eigen macht, was hier nicht der Fall war.
  • Keine Schmähkritik, sondern zulässige Meinungsäußerung
    Die Bewertung „Schlechtester Arbeitgeber aller Zeiten“ stellt keine Schmähkritik dar, sondern fällt unter die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG. Sie basiert auf persönlichen Erfahrungen und ist daher zulässig, selbst wenn sie scharf oder polemisch formuliert ist.
  • Kein Anspruch auf Löschung wegen angeblich fehlendem Beschäftigungsverhältnis
    Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass die bewertende Person nie für sie tätig war. Das Gericht stellte fest, dass sich die Bewertung auf den richtigen Standort bezog und die vorgelegten Nachweise die Anstellung bestätigten. Eine automatische Löschungspflicht bestand daher nicht.
  • Prüfpflichten des Portals wurden erfüllt
    Die Beklagte hatte die Bewertung überprüft, die bewertende Person kontaktiert und Nachweise eingeholt. Da keine klare Rechtsverletzung vorlag, war eine Löschung nicht erforderlich. Zudem durfte das Portal aufgrund des § 19 Abs. 2 TTDSG die Identität des Bewertenden nicht offenlegen.
  • Kein Anspruch auf weitergehende Daten oder Identifizierung
    Die Klägerin konnte nicht verlangen, dass die Beklagte die Identität der bewertenden Person preisgibt. Die Meinungsfreiheit schützt anonyme Bewertungen und die Beklagte hatte alle notwendigen Prüfungen durchgeführt. Eine zusätzliche Identifikation war weder rechtlich zulässig noch erforderlich.

Erstattungsanspruch der Klägerin abgelehnt

Da die Klägerin keinen Unterlassungsanspruch hatte, wurde auch ihr Antrag auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten abgelehnt. Die Kostenentscheidung beruhte auf § 91 Abs. 1 ZPO, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt.

Das Gericht ließ zudem keine Revision zu, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte und keine Abweichung von gefestigter Rechtsprechung vorlag. Die Beklagte war ihren Prüfpflichten nachgekommen und eine weitergehende Verpflichtung bestand nicht..


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