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| Lebensmittelrecht, Nahrungsergänzungsmittelrecht

Grundpreisangabe bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapseln


BGH: Die Grundpreisangabenpflicht besteht auch bei Aminosäuren in Kapselform

Der Bundesgerichtshof (BGH) folgte mit seinem Urteil vom 23.03.2023 (Az.: 3 U 66721) der Entscheidung der Vorinstanz, dem Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom 20.01.2022 - Az. 3 U 66/21), das eine Grundpreisangabenpflicht bezüglich Nahrungsergänzungsmitteln, die in Kapselform in den Verkehr gebracht werden, bejahte. In dem vorliegenden Fall waren sich die Parteien darüber uneinig, inwieweit eine Grundpreisangabenpflicht bezüglich Aminosäuren in Kapselform gemäß § 4 Preisangabenverordnung (PAngVO) besteht. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg und der BGH bestätigten einen Wettbewerbsverstoß.


In der Nähe des Gesamtpreises befand sich keine Grundpreisangabe

Von dem Kläger wurden Ladengeschäfte und ein Online-Handel betrieben, wo er Nahrungsergänzungsmittel wie Aminosäureprodukte vertrieb. Er störte sich daran, dass der Beklagte Aminosäureprodukte in Kapselform in seinem Online-Shop vertrieb, da er dies ohne eine Grundpreisangabe tat. Der Beklagte sowie 24 weitere Wettbewerber erhielten am 05.02.2019 vom Kläger Abmahnungen aufgrund der fehlenden Grundpreisangabe. Als der Beklagte nicht reagierte, erwirkte der Kläger eine einstweilige Verfügung und stellte sie dem Beklagten am 03.04.2019 zu. Der Beklagte weigerte sich jedoch eine Abschlusserklärung abzugeben und widersprach der einstweiligen Verfügung. Bevor das Verfügungsverfahren seinen Abschluss fand, leitete der Kläger das Hauptsacheverfahren ein. Er nahm den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch, da dieser Fertigpackungen mit Nahrungsergänzungsmitteln im Internet bewarb, ohne dabei den Grundpreis in der Nähe des Gesamtpreises anzugeben. Der Klage wurde vom Landgericht (LG) Hamburg stattgegeben. 

OLG Hamburg: Aminosäureprodukte in Kapselform werden nicht in Stückzahl in den Verkehr gebracht

Vor dem OLG Hamburg blieb die Berufung des Beklagten erfolglos. Nach dem Berufungsgericht war der Kläger zur Abmahnung berechtigt, da ein konkretes Wettbewerbsverhältnis gemäß § 8 Absatz 3 Nummer 1 UWG alte Fassung vorlag. Die von den Parteien angebotenen Produkte sind nämlich gleichartige Waren. Die Aminosäuren sind auch nach § 1 Absatz 1 der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV) Lebensmittel, welche unter Kennzeichnung der Füllmenge in den Verkehr gebracht werden dürfen. Bei Lebensmitteln, die typischerweise nicht nach Stückzahl in den Verkehr gebracht werden, muss die Nettofüllmenge gemäß Artikel 23 Absatz 3 in Verbindung mit Nummer 1 Buchstabe c des Anhangs IX der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) nicht angegeben werden. Aus Sicht des OLG Hamburg werden Aminosäureprodukte in Kapselform nicht in Stückzahl in den Verkehr gebracht. Dies gelte im Sinne der Vorschrift nämlich nur für „stückige Produkte“. Aminosäureprodukte erscheinen jedoch in verschiedenen Formen. Es sei unbillig, dass die Ausnahmevorschrift  das Lebensmittel auf seine Darreichungsform beschränkt.

Von dem Berufungsgericht wurde die Revision zugelassen, wo der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgte.

Der BGH folgt der Auffassung des Berufungsgerichts

Das OLG Hamburg habe rechtsfehlerfrei eingeschätzt, dass Aminosäureprodukte in verschiedenen Darreichungsformen nicht gleichbedeutend mit verschiedenen Lebensmitteln seien, so der BGH. Zwar sind Aminosäureprodukte Lebensmittel nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 NemV. Doch auch, wenn diese in dosierter Form erscheinen, bedeute dies nicht, dass ein Inverkehrbringen nach Stückzahl erfolge. § 1 Absatz 1 Nummer 3 NemV erwähne nämlich sowohl Darreichungsformen wie Pillen als auch Pulver und Flüssigkeiten. Dafür spreche auch nicht dass Argument, dass die Hülle der Kapseln zum Verzehr geeignet sei.

Ebensowenig werde das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit verletzt, wenn Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform beworben werden, indem der Grundpreis angegeben wird. Der Verkehr werde nicht über die Werthaltigkeit der einzelnen Aminosäureprodukte in die Irre geführt. Vom Berufungsgericht wurde die Auffassung des Beklagten, dass man Aminosäureprodukte grundsätzlich nicht miteinander vergleichen könne, in seinem entgegenstehenden Vortrag jedoch nicht übergangen. Des Weiteren schreibe § 10 Absatz 1 Nummer 5 und 6 des Arzneimittelgesetzes zwar vor, dass bei Fertigarzneimitteln sowohl die Form der Darreichung als auch der Inhalt nach Nettovolumen, Stückzahl und Gewicht anzugeben sei. Daraus lasse sich aber nicht schließen, dass Nahrungsergänzungsmittel ebenfalls nach Stückzahl in den Verkehr gebracht werden müssten. 


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