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In einer Aktiengesellschaft (AG) ist die Aufgabenverteilung klar vorgeschrieben. Die Geschäftsleitung übernimmt der Vorstand, während der Aufsichtsrat die Geschäftsleitung des Vorstands kontrolliert. Sollte diese Aufgabenverteilung mal verletzt werden, können Haftungsrisiken für den Aufsichtsrat drohen.
Diese Haftungsgefahren waren erst kürzlich Gegenstand vor dem LG München. Mit Urteil vom 23.05.2024, Az. 5 HK O 7237/23 wurde offensichtlich, dass durchaus Haftungsgefahren für den Aufsichtsrat drohen.
In dem vor dem Gericht entschiedenen Fall wurde ein ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft auf Schadensersatz in Höhe von rund 1,2 Millionen € verklagt. Das ehemalige Mitglied war der Vorsitzende des Aufsichtsrats der AG.
Die AG hatte seit einiger Zeit finanzielle Schwierigkeiten. Der Vorstand der AG führte dementsprechend verschiedene Gespräche mit Gläubigern und Investoren. Aus gesundheitlichen Gründen musste der Vorstand sein Amt niederlegen. Da der Vorstand allerdings nur aus ihm bestand und so kurzfristig kein neuer Vorstand gefunden werden konnte, hatte der ehemalige Aufsichtsratvorsitzende noch einige Gespräche übernommen und geführt. Kurz darauf verlangte ein Gläubiger 13 Millionen € von der AG. Dies war für die AG ein besonders hoher Betrag Einige Tage später stellte letztlich ein Gläubiger der AG einen Insolvenzantrag. Die Gespräche mit den Investoren liefen daraufhin ins Leere. Wegen den Investorengesprächen, die nicht mehr erfolgen konnten, wurde der ehemalige Vorsitzende verklagt.
Der Vorsitzende war das einzige Vorstandsmitglied. Mit der Niederlegung des Amtes, gab es keine Geschäftsführung in der AG. Der Aufsichtsrat hätte nun einen Notvorstand bestellen können. Eine andere Möglichkeit ist, für einen kurzen Zeitraum ein Aufsichtsratsmitglied zum Vorstand als sogenannte Notbestellung zu bestellen. Diese beiden Möglichkeiten hatte die AG nicht genutzt.
Fehlt ein erforderliches Vorstandsmitglied, so hat in dringenden Fällen das Gericht auf Antrag eines Beteiligten das Mitglied zu bestellen.
(1) Ein Aufsichtsratsmitglied kann nicht zugleich Vorstandsmitglied, dauernd Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern, Prokurist oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter der Gesellschaft sein.
(2) Nur für einen im voraus begrenzten Zeitraum, höchstens für ein Jahr, kann der Aufsichtsrat einzelne seiner Mitglieder zu Stellvertretern von fehlenden oder verhinderten Vorstandsmitgliedern bestellen.
Bei der AG hatte der Aufsichtsratsvorsitzende die Aufgaben des Vorstandes übernommen. Er hatte im Namen der AG die Gespräche mit den Investoren geführt. Das Gericht war der Ansicht, dass der Aufsichtsratsvorsitzende damit eine Pflichtverletzung begangen hat. Die Führung von Verhandlungen gehört zum operativen Aufgabenbereich einer Gesellschaft, welcher dem Vorstand unterliegt. Die operativen Aufgaben dürfen eben nicht von dem Aufsichtsrat übernommen werden. Eine Wahrnehmung dieser Aufgaben ist nur dann möglich, wenn das Mitglied ein Mandat erhalten hat, welches ihn zu Vertretung der Gesellschaft nach außen berechtigt. Ein solches Mandat bestand in dem Fall nicht, sodass eine Pflichtverletzung des Aufsichtsratsvorsitzenden bejaht wurde.
Zwar lag die Pflichtverletzung vor, dennoch musste der Aufsichtsratsvorsitzende nicht dafür haften. Das Problem war, dass die Pflichtverletzung nicht für die Schäden der AG ursächlich war. Es konnte nicht bewiesen werden, dass die gescheiterten Investorengesprächen die Insolvenz verursacht hatten und damit auch die Schäden entstanden sind.
Daran wird deutlich, dass der Aufsichtsrat, im Falle einer führungslosen AG, die vom Gesetz vorgegebenen Optionen wahrnehmen sollte. Der Aufsichtsrat kann entweder einen Notvorstand bestellen oder temporär ein Aufsichtsratsmitglied als Vorstand bestellen. Es ist davon abzuraten sich in einer Notlage als Aufsichtsratsmitglied einfach in die Position des Vorstands zu bringen. Sollte ein solches Vorgehen, die einzige realistische Option sein, so muss ein Mandat vorliegen. Ob ein solches Mandat dann tatsächlich eine Haftung vermeiden kann, ist jedoch nicht ganz gewiss. Insgesamt sollte also strikt auf die Aufgabenverteilung geachtet werden.
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