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Halal ist kein Bio: EuGH zur Schlachtung ohne Betäubung


In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass halal Fleisch aufgrund der Tatsache, dass die Tiere bei der Tötung ohne Betäubung sind, nicht mit einem Bio-Siegel ausgezeichnet werden dürfen. Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Wahrnehmung und den Handel von halal Fleisch in Europa, insbesondere hinsichtlich der strengeren Anforderungen an Bio-Produkte.

Halal-Fleisch und die Schächtung

Fleisch gilt nach dem Islam als Halal, wenn das Tier geschächtet wurde, also das Tier geschlachtet wird, indem diesem ohne Betäubung mit einem einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite die großen Blutgefäße sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennt werden und das Tier so getötet wird. Mit dem Schächten soll das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres gewährleistet werden. Im Koran heißt es:

Koran Sure 5, Vers 3

„Verboten ist euch (der Genuß von) Fleisch von verendeten Tieren, Blut, Schweinefleisch und (von) Fleisch, worüber (beim Schlachten) ein anderes Wesen als Allah angerufen worden ist, und was erstickt, (zu Tod) geschlagen, (zu Tod) gestürzt oder (von einem anderen Tier zu Tod) gestoßen ist, und was ein wildes Tier angefressen hat – es sei denn, ihr schächtet es (indem ihr es nachträglich ausbluten laßt) – , und was auf einem (heidnischen) Opferstein geschlachtet worden ist, …“

Problematisch ist dabei die fehlende Betäubung bei der Schlachtung.  Auch wenn der Koran dies nicht benennt und manche muslimischen Gelehrten auch sagen, dass eine Betäubung das Fleisch nicht weniger Halal machen, so wird von manchen Muslimen befürchtet, dass die Betäubung diesem widerspricht oder schon tödlich sei und das Fleisch somit schon verboten macht.   

Nach dem EuGH widerspricht halal Bio

Das Gericht stellte fest, dass die Praxis des Schächtens dem Prinzip des Tierwohls widerspricht. Das Tierwohl ist allerdings für Produkte mit biozertifizierter Herkunft von zentraler Bedeutung. In seiner Begründung erklärte der EuGH, dass die Tötung ohne vorherige Betäubung den Tieren unnötiges Leiden zufügt und somit nicht mit den Anforderungen an Bio-Fleisch in Einklang gebracht werden kann. Dies wirft Fragen zu ethischen Standards in der Landwirtschaft auf und führt zu einer Diskussion über die dafür bestehenden Normen in Europa.

Das Problem der Betäubung

Wie bereits schon aufgeführt, besteht das Problem der Betäubung. Die Schlachtmethoden, die in den meisten europäischen Ländern angewendet werden, schreiben vor, dass Tiere vor der Tötung betäubt werden müssen. Die Betäubung soll dazu dienen, Schmerzen, Stress und Leiden der Tiere erheblich zu verringern. In der Praxis gibt es jedoch zahlreiche Berichte und Studien, die darauf hinweisen, dass die Effektivität der Betäubung variabel ist. Oft treten Probleme auf, abhängig von der Tierart und der verwendeten Methode, was bedeutet, dass selbst die Betäubung nicht immer den erhofften Schutz bietet. Der Akt der Betäubung selbst führt zu weiteren Schmerzen, abhängig von den verwendeten Techniken wie Bolzenschuss oder Elektroschock. Schadensberichte zeigen, dass das, was als notwendige Methode zur Tierversorgung angesehen wird, oft alles andere als schmerzfrei ist. Trotzdem tragen auch diese Art von Tötung das Bio Label. Die ethischen Fragen rund um die Fleischproduktion werden durch dieses Urteil deutlicher, da sowohl Halal- als auch Bio-Fleisch letztlich aus der gleichen Problematik der Tierbewirtschaftung hervorgehen.

Religiöse Freiheit versus landwirtschaftliche Praxis

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Betrachtung der religiösen Freiheit. Der EuGH stellte in einem anderen Urteil (C-497/17) fest, dass es kein spezielles religiöses Gesetz gibt, welches den Verzehr von Produkten aus biologischem Anbau nur auf das religiöse Halal beschränkt. Es liege demnach kein Problem mit der religiösen Freiheit vor, wenn es kein Bio und Halal geben würde und da die Betäubung auch nicht gegen ein religiöses Gesetz direkt verstößt, ist auch damit die religiöse Freiheit nicht beeinträchtigt. Der Generalanwalt des EuGH betonte damals allerdings anders als im jetzigen Urteil, dass die EU-Vorschriften zur biologischen Landwirtschaft und deren Kennzeichnung die Schlachtmethoden nicht verbieten, solange das Leiden der Tiere minimiert wird.

Fazit: Spannungsfeld zwischen Tierwohl, bio und halal 

Als Fazit lässt sich festhalten, das Urteil des EuGH hat weitreichende Konsequenzen für die Fleischindustrie, insbesondere in Bezug auf halal und bio. Es zeigt die tiefen Spannungen zwischen verschiedenen Vorstellungen von Tierwohl, religiösen Praktiken und den wirtschaftlichen Belangen der Schwellenwerte für Bio-Produkte. Während sich die öffentliche Debatte über die ethischen Aspekte der Fleischproduktion verstärkt, könnte das Urteil den Weg für umfassendere Diskussionen über notwendige Reformen in beiden Bereichen ebnen.

Abschließend lässt sich sagen, dass der Umgang mit Tieren und den damit verbundenen Praktiken in der modernen Gesellschaft überdacht werden muss. Das Urteil hebt hervor, dass der Weg zu einem ethischeren Umgang mit Tieren sowohl in der Industrie als auch in der Gesellschaft eine Herausforderung darstellt, die es anzugehen gilt, um sowohl den Schutz der Tiere als auch die Ausübung religiöser Freiheiten in Einklang zu bringen.


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