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Blog Artikel
Wäre es nicht schön, wenn man sich einfach nur zwischen einer roten oder einer blauen Pille entscheiden müsste und das Leben könnte weitergehen? Aber nein. Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) gibt es eine endlose Matrix an Vitaminen, die unseren Körper in „dieser Dimension“ unterstützen und stärken sollen. Und Vitamine können durch nur gut sein, oder? Ist das wirklich so?
Nein. Denn eine Überdosis an Vitaminen kann in bestimmten Fällen sogar genau das Gegenteil bewirken und sich negativ auf Körper und Psyche auswirken. Liest man jedoch die Beilagenzettel von Präparaten, wie sie uns in Drogerieabteilungen und Online-Shops leicht zugänglich sind, findet man darauf meist nur eine „Verzehrempfehlung“.
Doch neben Vitaminen und Mineralstoffen enthalten die Produkte teilweise auch sonstige Stoffe mit physiologischer Wirkung, wie Amino- und Fettsäuren, Pflanzenextrakte oder Mikroorganismen. Vielleicht werden einem in der Werbung oder der „super-organisch-gestalteten“ Verpackung positive Auswirkungen auf Körper, Geist und Seele oder sogar eine bessere Leistungsfähigkeit versprochen.
Schon seit 2002 wurde in der Europäischen Union (EU) eine Richtlinie (2002/46/EG) zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über NEM erlassen, die auch eine Festlegung von Höchstmengen beinhaltet. Seitdem wurden in Deutschland verschiedene Modelle entwickelt, überarbeitet und diskutiert, um als Indiz für Höchstmengen bei Vitaminen und Mineralstoffen zu gelten. Nach über 18 Jahren wurde jedoch immer noch keine Einigung getroffen, was Länder, wie Frankreich und Dänemark wohl so weit frustrierte, dass sie sich für Regelungen auf nationaler Ebene entschieden haben. Diesen Schritt hat Deutschland bis jetzt nicht getan. Hierzulande gibt es also immer (nur) noch Höchstmengen-„Empfehlungen“.
Das sollte vielleicht geändert werden…
Das dachte sich auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), welches sich immer wieder mit den Nutzen und Risiken von Nährstoffsupplementen beschäftigt, denn laut diesem greift wohl jeder Vierte regelmäßig zu Nahrungsergänzungsmitteln. Um die Bevölkerung also vor einer übermäßigen Nährstoffaufnahme zu schützen, setzt sich das BfR aktiv für eine Höchstmengen-Regelung ein.
Die deutsche Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) teilte nun sogar mit, dass aus Sicht der deutschen Bundesregierung Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln sowie Lebensmitteln mit Vitamin-Zusatz EU-weit geregelt werden sollten. „Um Rechtssicherheit sowie eine effektive Überwachung und Kontrolle zu gewährleisten, brauchen wir Einheitlichkeit im Binnenmarkt, keinen Flickenteppich.“
Wie es gehen kann, zeigen uns die Nachbarn. Ausgehend von den Höchstmengenempfehlungen, „Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln“ (2018), der deutschen Behörden, wurde in der Schweiz mittlerweile ein richtiges Gesetz erlassen: das sogenannte Höchstmengenmodell, welches für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und Lebensmitteln für Sportler, sowie zur Anreicherung von Lebensmitteln erarbeitet wurde.
Dabei soll sich das Modell am UL (Tolerable Upper Intake Level) also der tolerierbaren oberen Aufnahmegrenze des Gesundheitsschutzes orientieren und diese keinesfalls überschreiten.
Durch das Model soll auf der einen Seite die Gesundheit der Konsumenten durch einen Höchstwert geschützt, auf der anderen Seite der Markt nicht unnötig eingeschränkt werden, wo ein Höchstwert nicht zwingend notwendig ist.
Außerdem werden die einzelnen Stoffe genau unter die Lupe genommen, um die unterschiedlichen Aufnahmen der einzelnen Nährstoffe zu berücksichtigen, d.h. ob es sich bei den Supplementen um eine Basisaufnahme (BA), z.B. durch Ernährung handelt, oder um solche, wie sie in Nahrungsergänzungsmitteln zu finden sind. Ermittelt werden die Werte der Toxizität bzw. Unbedenklichkeit eines Nährstoffes, welche für angereicherte Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel gelten sollen, dann durch die Differenz zwischen dem UL und der BA. Das heißt, die Menge (Restmenge) eines Vitamins oder Mineralstoffs, welche für eine zusätzliche Zufuhr über NEM und angereicherte Lebensmittel zur Verfügung steht, entspricht der Differenz aus UL und BA. Die Menge (Restmenge) eines Vitamins oder Mineralstoffs, welche für eine zusätzliche Zufuhr über Nahrungsergänzungsmittel (NEM) und angereicherte Lebensmittel zur Verfügung steht, entspricht der Differenz aus UL und Basisaufnahme (Zufuhr über die herkömmliche tägliche Ernährung, BA), d.h. Restmenge=UL-BA.
▶︎ Restmenge=UL-BA.
Um einen besseren Überblick über die Lebensmittelkategorien zu erhalten, wurden die Nährstoffe in vier Gruppen unterteilt, von unkritischen Stoffen über kritische Stoffe mit Höchstmengen bis hin zu Stoffen, bei denen Höchstmengen und Warnhinweise als notwendig galten.
Hierzu zählen alle Stoffe, die als unbedenklich angesehen werden können. Daher gibt es für diese auch gar keinen Höchstwert. Hierzu zählen zum Beispiel: Vitamin B1, Vitamin B2, Vitamin B12, Biotin, Pantothensäure und Silicium
Bei diesen Stoffen ist die Gefahr den UL, also den Höchstwert, zu überschreiten schon etwas größer. Dazu gehören beispielsweise: Folsäure, Vitamin B6, Vitamin C, Vitamin D, Vitamin E, Eisen, Iod, Kalium, Selen etc.
Alle Stoffe, die nur eine sehr kleine Bandbreite zwischen UL und Basisaufnahme aufweisen. Hier ist das Risiko „aus der Bahn zu fallen“ am größten. Dazu gehören unter anderem: Vitamin A, Calcium, Zink, Nicotinsäure und Inositexanicotinat
Hier kann es bei Überdosierung des Stoffes zu erheblichen Nebenwirkungen kommen, weshalb ein Wahnhinweis dringend nötig ist. Hierbei wären zu listen: Magnesium und Vitamin K
In wie weit das Model jedoch auf EU-Ebene realisierbar ist, ist fragwürdig.
Denn zum einen ist das Modell durch fehlende Werte bestimmter Stoffe auch nicht in jedem Fall anwendbar, zum anderen reagieren Menschen auch sehr individuell auf Nahrungsergänzungsmittel, ganz abgesehen davon welche Medikamente derjenige sonst nicht zu sich nimmt. Da NEM natürlich für die Gesamtbevölkerung sicher sein sollen, wurden die Höchstmengen so abgeleitet, dass bei Personen ab 15 Jahren jeweils die Bedürfnisse der empfindlichsten Gruppe ausschlaggebend waren. Außerdem stehen die vorgeschlagenen Höchstmengen auch wieder in Abhängigkeit zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und zukünftigen Marktentwicklungen und müssen gegebenenfalls immer wieder neu angepasst werden können.
Ob die Einheitlichkeit im Binnenmarkt zum Thema „Höchstwerte für Nahrungsergänzungsmittel“ also ein Fleckenteppich bleibt oder sich eventuell sogar mit dem Model der Schweiz verwebt ist weiter fraglich.
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